Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Abschied vom deutschen Wohlstand?  (Gelesen 2518 mal)

BaerndME

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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #15 am: 15 Dezember 2022, 13:30:38 »

Wenn ich eine eigene Wohneinheit besitzen darf, wo soll die sein? Sicher da, wo ich arbeite.
Was mache ich, wenn ich meine Arbeitsstelle wechsle und die Wohneinheit aufgrund der Entfernung nicht mehr bewohnen kann?
Muss ich meine bisherige Wohnung dann (erst) veräußern? Aber wer garantiert mir, dass ich am neuen Wohnort eine neue eigene Wohneinheit erhalte, weil ich doch Anspruch darauf habe?
Wenn ich sie nicht veräußere, sondern (übergangsweise) vermieten möchte, dann kann ich das nicht, weil ja nur noch Wohngenossenschaften vermieten sollen.

Wenn Jeder eine Wohneinheit besitzen darf, wohnt dann jeder Mensch nur noch alleine?
Was ist mit Pärchen, (halbe) Familien, WGs,?
Welche Wohnfläche steht dann Jedem Einzelnen zu?

Ab wann soll einem eine eigene Wohneinheit gehören dürfen?
Ein "deutscher" Student, der noch so überhaupt keine Arbeitsleistung erbracht hat (mal Nebenjobs außen vor gelassen), soll schon mit einem Eigenheim belohnt werden? Ein "Einwanderer", der die deutsche Staatsbürgerschaft erst nach X-Jahren bekommt, arbeitet fleißig, darf aber nichts besitzen?

Was genau ist an "Wohnungsgenossenschaften" denn "derzeit die vernünftigste Form von Mieter-/Vermietertum"? Mindestens 2 in diesem Thread sind auch Vermieter und ich denke, bisher haben sich deren Mieter noch nicht beklagt/beklagen können.

AirBnB ist in den meisten Fällen eine günstige Alternative, um auf Urlaubs-/Städte-/oder was auch immer Reisen (z.B. per Fahrrad, Motorrad, zu Fuß, ...) unter zukommen. Wenn da jetzt mal Hotels, Hostels, Pensionen, Ferienwohnungen, etc. ihre Preise runter schrauben würden, wäre AirBnB vllt. nicht mehr ganz so attraktiv/rentabel, ein geringeres Einkommen für Hotels, etc. allerdings wohl auch nicht.
Eigentlich alles so, wie ich es schrieb, dann gibt es da auch keine Probleme.
1. Wenn du temporär woanders wohnst, kannst du mieten.
2. Klar kannst du die eine Wohnung, die du besitzt, vermieten. Hab ich nie anders gemeint. Also kannst du auch den "Temporärtausch" machen.
3. In Schweden ist es Gang und Gäbe, sich Wohneinheiten zu kaufen und zu verkaufen. Studierste in Malmö, kaufste dir da ne Wohnung. Ziehste dann nach Stockholm, verkaufst du die Wohnung in Malmö u.s.w.. Das funktioniert dort!
4. Vermieten im großen Stil ist "Geld durch Geld machen". Das ist Gift für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft. Das kann weg.
5. Es gibt getrennt lebende Ehepaare u.s.w.. Sonderregelungen wären unnötiger Overhead, denn wenn eine Familie 2 oder 3 nicht genutzte Wohneinheiten besitzt, die sie vermietet, dann ist das eine Bagtelle im Gegensatz zum organisierten Missbrauch durch Buden wie Vonovia und Co.
6. Airbnb stiehlt Menschen in urbanen Gebieten Wohnraum, Lebensraum. Das muss weg! Es bedeutet, lebensnotwendige Ressourcen für Luxus zu opfern.
7. "Ab wann" hatte ich bereits geschrieben.
8. Wieso soll Wohnfläche relevant sein? Wenn jemand Bock hat, eine 400 Quadratmeterwohnung zu heizen und sauberzuhalten - viel Spaß!
9. Wer sich dazu entschließt, "Mitglied eines Volkes" zu werden, in dessen kulturellem Raum bzw. Lebensraum zu leben, der darf teilhaben an der beschränktesten Ressource, die damit verbunden ist: Platz. Alle anderen können mieten. Wenn du im Ausland studierst, musst du dafür keinen Wohnung kaufen - dafür gibt es Mietmodelle und das ist auch gut so.

Ich finde Freizügigkeit super, Studenten, Gastarbeiter, Geflüchtete, Urlauber, Backpacker,... her damit! Haut rein, kommt alle nach Deutschland, lasst uns offen sein. Aber wenn man sich dazu entschließt, irgendwo sesshaft zu werden, seinen Lebensmittelpunkt aufzubauen u.s.w., dann gehören für mich ein paar Dinge dazu, und darunter fallen das Lernen der entsprechenden Sprache, die Annahme oder zumindest das vollständige Respektieren der Kultur des Landes, Teil der Gesellschaft werden, Staatsbürgerschaft. Und damit kann man dann auch seinen Teil davon ab haben.

Sprich: Wenn ich Finne werden will, lerne ich finnisch, gewöhne mir ab, auch nüchtern ständig laut zu sein und 'ne große Fresse zu haben und zähle niemanden an, wenn er besoffen ist, lerne Karaoke singen und feiere Pikkujoulu. (Plakativ überspitztes Beispiel) Erst dann kann ich erwarten, dass mir jemand einen finnischen Pass gibt, und vor dem finnischen Pass erwarte ich nicht, dass mir jemand ein Haus auf dem Boden verkauft, der dem finnischen Volk zusteht.
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Jack_N

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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #16 am: 15 Dezember 2022, 16:50:42 »

Hrnz, Schweden ist n etwas schwieriges Beispiel.
Da gibt es für den Erwerb von Wohnraum und die entsprechenden Kredite vom Staat ganz seltsame Konstrukte, was im Endeffekt dazu führt dass viel mehr Leute Wohneigentum haben, aber eben kein richtiges Eigentum, da sie dieses zu Lebzeiten nie abbezahlen, das aber auch keinen stört. Wird hier teilweise dann als Genossenschaftswohnung bezeichnet, ist aber irgendwie doch ne Eigentumswohnung, die man aber nie komplett zu Lebzeiten abbezahlt, und die dann später nach dem Ableben wieder an den Staat bzw. die Genossenschaft zurückfällt. Also muss man keine Angst haben dass man da rausgeklagt wird oder so.
Vieles liegt da wohl auch noch in den Wohnungsmangel-Aufbauprogrammen nach dem zweiten Weltkrieg begründet, die ja auch die Basis für den Boom von Ikea und co bereitlegten. Es wurde überall gebaut, viel, Mehrparteienhäuser mit modernen Errungenschaften wie Toiletten und Bäder in jeder Wohnung (war früher noch nicht in allen Regionen selbstverständlich), Müllschluckschächte auf den Hausfluren in einen zentralen Müllkeller, und häufig zwischen Wohnblocks Extra-Gebäude in denen sich Trockenräume für Wäsche befanden und gemeinsam genutzte Waschmaschinen und Trockner.
Und auf die wurde Acht gegeben, denn das war ja Gemeinschaftseigentum, für alle Bewohner, und keiner wollte das beschädigen, denn dann mussten ja alles zahlen - die Blöße wollte man sich nicht geben.

Hab Verwandte da drüben, und viel dort mitbekommen, vom reichen Leben mit mehreren Eigentumshäusern bis hin zum Wohnen in eben diesen Blocks - wobei auch dort alles Eigentumswohnungen waren, keine angemieteten. Bzw. wenn man es eigentlich korrekt nimmt eben oft jene Genossenschaftswohnungen. Ich erinnere mich noch daran, dass es für die Kinder als sie auszogen teils sogar schwierig war Mietwohnungen zu bekommen, weil eben so viel Wohnraum dort erworben wurde.
Früher hatten viele Schweden auch noch ihre Ferienhütte im Wald für die großen landesweiten Sommerferien (unbeheizt und mit Plumpsklo, aber so als Mini-Sommerdörfer im Grünen echt nett :) ), wie hier halt Schrebergärtensiedlungen.
Die sind inzwischen oftmals dauerhaften Bebauungen gewichen, was früher kleine Hütten im Nichts waren, sind jetzt teilweise Vororte der größeren Städte geworden.

Aktuelle Zahlen zeigen aber, dass in Schweden "richtiges" Eigentum in etwa auf einem Niveau liegt wie in D (bei ca. 40%, Tendenz fallend), aber nur ca. 25% der Leute mieten. Wo wohnt der Rest? Eben in diesen Genossenschaftsähnlichen Konstrukten :)

Der Grund übrigens, warum in Schweden Mietwohnungen knapp sind, ist simpel: Lohnt nicht. Die Mieten verhandelt nicht der Vermieter mit dem Interessenten, sondern die werden für eine Region, Lage, Ausstattung, Schnitt der Wohnung von nationalen Interessenvertretern festgelegt: Da, das ist die Miete die Du nehmen DARFST.


Bei den Genossenschaften in Schweden siehts nebenbei in etwa so aus: So lange Du genügend Anteile besitzt geniesst Du lebenslanges Wohnrecht. Viele erwerben die, kaufen die Wohnung dann aber nicht komplett bzw. zahlen sie eben nicht auf Raten ab, sondern zahlen ab da nur noch die Umlage für den Erhalt. Ein Problem gibts nur, wenn die Finanzierung der Genossenschaft insgesamt ins Wanken gerät (z.B. wenn diese aktienbasiert war und der Markt crasht). Im worst-case sind dann auf einen Schlag alle Mitglieder obdachlos, wenn die Wohnungen zur Deckung der Ansprüche verkauft werden müssen.

Aber ansich kein schlechtes Modell, könnte hier auch Schule machen find ich.
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BaerndME

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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #17 am: 15 Dezember 2022, 17:03:27 »

Der Grund übrigens, warum in Schweden Mietwohnungen knapp sind, ist simpel: Lohnt nicht. Die Mieten verhandelt nicht der Vermieter mit dem Interessenten, sondern die werden für eine Region, Lage, Ausstattung, Schnitt der Wohnung von nationalen Interessenvertretern festgelegt: Da, das ist die Miete die Du nehmen DARFST.

Es ist eine dünne Linie zwischen "Wir ermöglichen, dass sich Menschen am Wohnungsbau bereichern" und "Wir killen die Anreize für den Wohnungsbau".
Dennoch denke ich, dass eine staatliche Regulierung weniger fürchterliche Folgen hätte als diese Wild-Wucher, den wir hier in Deutschland gerade haben.

Aber ansich kein schlechtes Modell, könnte hier auch Schule machen find ich.

So, wie du das beschreibst, liest sich das echt super, ja.
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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #18 am: 15 Dezember 2022, 17:16:15 »

Wobei ich noch kurz einwerfen möchte, dass die Schweden auch mit "einfacheren" Häusern eher keine Probleme haben als wir. In diesen Genossenschafts-Großbauten hab ich nie bis kaum Fliesen in den Bädern gesehen, sondern meist diese wasserfesten Vinyl-Wandbeläge. Stromleitungen sind i.d.R. aufputz verlegt  (wobei aufputz - haha, sind ja oft nur tapezierte Holzwände), die Schalter sind auch eher "robust-funktional". Küchen sind meist etwas moderner, die Küche als Lebensmittelpunkt hat da aber auch eine hohe Bedeutung.
Bautechnisch ist es aber ein weiter Weg vom KFW-Standardhaus in D hin zu dem, was dort z.B. als Reihenhäuser hingetackert wurde und wird. Aber schick und gemütlich sind sie trotzdem :)
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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #19 am: 15 Dezember 2022, 17:24:39 »

Ich finde, eine Wohnung sollte in erster Linie funktional sein, und da haben uns die Skandinavier in der Regel was voraus. Alles andere lässt sich mit Einrichtung lösen.
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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #20 am: 15 Dezember 2022, 21:03:05 »

Der Grund übrigens, warum in Schweden Mietwohnungen knapp sind, ist simpel: Lohnt nicht. Die Mieten verhandelt nicht der Vermieter mit dem Interessenten, sondern die werden für eine Region, Lage, Ausstattung, Schnitt der Wohnung von nationalen Interessenvertretern festgelegt: Da, das ist die Miete die Du nehmen DARFST.

Es ist eine dünne Linie zwischen "Wir ermöglichen, dass sich Menschen am Wohnungsbau bereichern" und "Wir killen die Anreize für den Wohnungsbau".
Dennoch denke ich, dass eine staatliche Regulierung weniger fürchterliche Folgen hätte als diese Wild-Wucher, den wir hier in Deutschland gerade haben.
Und zwar ein Wild-Wucher, bei dem einzelne Menschen unvorstellbar reich sind. Ich rede nicht von den glücklichen Fricklern, die sich seit den 90ern 5 Wohneinheiten am Standrand zusammenfinanziert haben um irgendwann mit 50 in "Rente" gehen zu können. Ich meine Einzelpersonen die mehrere 100 Wohneinheiten besitzen und Gewinne permanent in zusätzliche Einheiten investieren MÜSSEN um diese vor der Inflation zu schützen.

Wobei ich noch kurz einwerfen möchte, dass die Schweden auch mit "einfacheren" Häusern eher keine Probleme haben als wir. In diesen Genossenschafts-Großbauten hab ich nie bis kaum Fliesen in den Bädern gesehen, sondern meist diese wasserfesten Vinyl-Wandbeläge. Stromleitungen sind i.d.R. aufputz verlegt  (wobei aufputz - haha, sind ja oft nur tapezierte Holzwände), die Schalter sind auch eher "robust-funktional". Küchen sind meist etwas moderner, die Küche als Lebensmittelpunkt hat da aber auch eine hohe Bedeutung.
Bautechnisch ist es aber ein weiter Weg vom KFW-Standardhaus in D hin zu dem, was dort z.B. als Reihenhäuser hingetackert wurde und wird. Aber schick und gemütlich sind sie trotzdem :)
Da sprichst du was an! Das deutsche Baurecht ist ein einziges Krebsgeschwür. Mich wundert's nicht dass nichts mehr voran geht. Bei derart übertrieben hohen Standards, absurden Regelwerken, einem Maximum an Vorschriften und einer von der Interessenlobby seit Jahren durchseuchten Gesetzgebung. 3/4 der Regeln gehören ersatzlos gestrichen bzw. schonungslos vereinfacht. In unserem kranken Hang preußischen zum Perfektionismus schnüren wir uns selber die Luft ab!
« Letzte Änderung: 15 Dezember 2022, 21:05:00 von PlayingTheAngel »
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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #21 am: 15 Dezember 2022, 23:43:52 »

Siehe die Niederlande, wo man für ca. die Hälfte der deutschen Baukosten sehr ähnliche Gebäude hingestellt bekommt, weil eben nicht alles nach Din neunhundertachtundfuffzig sein muss.
Gilt aber für alle Branchen. Zertifizierungen machen in gewissem Rahmen ja Sinn, weil man so nachweisen kann, dass man gewisse Dinge in einer immer wiederkehrenden Art und Weise tut, und das auch belegbar ist.
Aber die Menge an Papierkram die dabei und dadurch erzeugt wird... uff... Man muss auch nicht alles und jeden zertifizieren bis zum zerbrechen.
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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #22 am: 16 Dezember 2022, 10:18:22 »

Siehe die Niederlande, wo man für ca. die Hälfte der deutschen Baukosten sehr ähnliche Gebäude hingestellt bekommt, weil eben nicht alles nach Din neunhundertachtundfuffzig sein muss.
Gilt aber für alle Branchen. Zertifizierungen machen in gewissem Rahmen ja Sinn, weil man so nachweisen kann, dass man gewisse Dinge in einer immer wiederkehrenden Art und Weise tut, und das auch belegbar ist.
Aber die Menge an Papierkram die dabei und dadurch erzeugt wird... uff... Man muss auch nicht alles und jeden zertifizieren bis zum zerbrechen.
Genau! Die Niederlande habe vor...2? Jahren radikal im Baurecht aufgeräumt und vereinfacht. Dort habe ich auch schon spannende Projekte gesehen, z.B. eine Siedlung für Tinyhouses. Deutschland ist da wirklich eine Katastrophe! Ein befreundeter Architekt erzähle mir letztes Jahr bei der KLP dass sich die Zahl der Bauvorschriften in den letzten Jahren verdreifacht hat! Die Folge: Ein riesiger bürokratischem Aufwand, Unsicherheit bei Bauprojekten, hohen Kosten und für jeden Scheiß erforderliche "Fachkräfte". Und viele Stempel die von vielen Leuten für viel Geld gesetzt werden. Muss ja alles seine Richtigkeit haben!
Die Message an den Bürger lautet mal wieder: Nicht selber machen! Du kannst das nicht, der Fachbetrieb muss ran! Stom? Tödlich! Wasser? Um Himmels willen, bei Schääden haftet keiner! Selber fliesen? Sie ahnen nicht was da alles zu beachten ist...

Das Ergebnis sind triste, unpersönliche Einheitsblocks ohne Schönheit, Charakter, Charm. Ist ja auch klar, jedes Extra kostet extra. Schön steht Effizient oft diametral entgegen. Und Menschen, die immer mehr den Bezug zur "greifbaren" Welt verlieren.

Naja, wie du siehst verliere ich mich auch...in dem Thema. Habe Jahrelang das Haus hier von unten bis oben kernsaniert. Ohne Fachbetriebe. Das war eine krasse, schöne, kraftzehrende, kraftgebende, steinige, sandige, flauschige, ernüchternde wie berauschende Erfahrung. Würde ich jedem mit Lust am selber machen raten. Baut nicht neu, holt euch was Altes mit Charm, macht es selber. Schaut Youtube! Da wird gezeigt wie man ein Dachfenster einbaut ;) Und das Wichtigeste überhaupt, die Nachbarn! Ein guter Draht zu den Nachbarn erspart so manches Bauantragsformular ;) Einfach machen, Augenmaß nicht verlieren ;) Baum pflanzen, noch nen Baum pflanzen, nicht fällen! (Jeder Baum ist ein Heiligtum!) Insektenwiese wagen, ausprobieren...vor dem Haus! Plötzlich fangen die Nachbarn auch an...es entwickelt sich was...und so weiter und so fort...
Herrjeh, diese Abschweifungen...wo ist der Bau-Thread *kicher* Ist halt mein großes Thema der letzten Jahre...

Achja... Jack... klar! Normung ist auch ein Segen. Gewisse Bauvorschriften auch. 2,50m Abstand zum Nachbarn. Ähnliche Gebäude in einer Gegend, gewisse Dämmvorschriften. Halbwegs effiziente Heizgeräte,... keine Frage. Sonst würde alles wie Kraut und Rüben aussehen, das wäre auch nicht gut.
« Letzte Änderung: 16 Dezember 2022, 10:26:42 von PlayingTheAngel »
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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand?
« Antwort #23 am: 16 Dezember 2022, 11:26:46 »

Ich sehe schon, was den Kram angeht ticken wir recht ähnlich.
Ich hab hier seit kurzem ne schöne Kappsäge / Tischsäge (umklappbar) stehen, ne alte ELU. War ziemlich verrostet, lief nur noch an, wenn man dem Sägeblatt per Hand den ersten Schwung mitgab *grusel*, also war die bei nem lokalen Holzwurm aussortiert, er wollte die wegwerfen.
Elektronik war nicht sein Ding. Hab schnell gemerkt dass der außer nem Anlaufkondensator nix fehlte (naja, bis auf die elektronische Bremse die leider ab Werk bei dem Modell nicht verbaut ist), und mit ein bisschen Arbeit, Entrostungsbad und Farbe und nem neuen Sägeblatt sah die fix wieder richtig gut aus. Eine neue Zugfeder half der müden Schutzkappe vor dem Sägeblatt wieder selbiges freizumachen.
Warum neu kaufen? Fun Fact. Elu wurde von Black&Decker aufgekauft, die gehören ja zu DeWalt - und die haben diese Säge im Grundsatz unverändert ewig weitergebaut, weswegen man noch heute im Zubehör Anschiebtische für die bekommt.

So, wenn ich sowas als oller Schreibtischtäter und Rechnerfritze hinbekomm, indem ich einfach etwas recherchiere und meinen Arsch bewege, was kann dann jemand bewegen, der tatsächlich primär händisch arbeitet?
Für alles gibts heutzutage gute Lösungen für den Profi, und wenn der Heimwerker diese entdeckt, kann auch dieser damit viel bewirken.
Ich will ja nicht sagen dass es nicht Sinn macht über gewisse Sachen nen Fachmann nochmal n Auge werfen zu lassen. Eine Fußbodenheizung würd ich lieber auf Dichtheit überprüfen bevor ich da nen Belag drüberzimmer - aber selbst da gibts mittlerweile für moderne (niedertemperatur)-Heizgeräte Lösungen, die jedermann mit 2 funktionierenden Gehirnzellen fehlerfrei verlegen kann.
Das Problem ist oft, dass die guten und simplen Lösungen mehr kosten - aber man spart an Fehlschlägen und Zeit.

Siehe bei der IT: Keystone-Einsätze für Patchpanel und Wanddosen. Schön auch dass es Einsätze für alle möglichen Kabelarten gibt, ich kann in einem Paneel also mit gleichartigen Öffnungen Netzwerk, Lautsprecher, Coax-Kabel usw... unterbringen.

Dann erzählste davon ner Firma die Häuser baut und damit wirbt, dass sie auch Netzwerkkabel gleich mit verlegen, und die nur: hääääääh?
Die hätten in nem Bau im Jahr 2021 glatt Cat5 UTP verlegt, wenn man ihnen nix anderes gesagt hätte. Und auch nicht in Leerrohren...


Die Gesetzgebung bei uns hinkt der Realität halt immer hinterher. Beispiel: Klimaanlagen. Es gibt inzwischen sehr viele Split-Geräte mit vorbefüllten Leitungen zu kaufen. Die haben Schnellverbinder, d.h. einfach Reinstecken und *klick* - fertig. Mit automatisch öffnenden bzw. schließenden Ventilen beim An-/Abstöpseln. Gibts in der Pneumatik und Hydraulik seit ungefähr... uff... ich hab jedenfalls solche Quick-Connects für externe Wasserkühlungen für PCs und Server schon vor ca. 20 Jahren verwendet.
Aber: Darfste als Privatmensch mal wieder in D trotzdem nicht anschließen, weil ja klimaschädliches Gas austreten könnte, und das daher nur ne zertifizierte Fachkraft mit Blablaschein machen darf.

Muss dabei auch an Großbritannien denken: Noch vor 30 Jahren wurde dort im Schulunterricht Kindern beigebracht, wie man einen Stromstecker richtig verkabelt. Denn viele Elektrogeräte dort kamen OHNE Stecker auf den Markt, den musste jeder selbst daheim anbringen. In den Steckern ist in GB auch normalerweise ne Sicherung drin - einfach weil es außer einer richtig fetten Hauptsicherung in den frühen Nachkriegsbauten keine weiteren gab und sich das irgendwie so bis in die Neuzeit gehalten hat.

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Antw:Abschied vom deutschen Wohlstand? (der inoffizielle Bauthread)
« Antwort #24 am: 16 Dezember 2022, 18:39:23 »

Freut mich, dass du so an eine gute professionelle Säge gekommen bist. Habe auch schon Oft Werkzeg, dass beim Fachbetrieb mit nem Defekt rausfliegt, mitgenommen. Das ist oft viel besser als neu gekaufter Billigscheiß. Und man bekommt es sogar oft auf Kleinanzeigen nachgeschmissen. Einmal Blut geleckt, kann man daraus auch nen richtigen Fetisch machen und auch bei Neuanschaffungen im Haushalt erst mal schauen was das Gewerbe da so nimmt. Habe neulich nach nem Staubsauger geschaut und bin in unserer Firma auf "Numatic" gestoßen. Damit saugen die fleißigen Bienchen die Büros. Hab jetzt auch nen Numatic HEPA Sauger und liebe ihn über alles! Der funktioniert bestimmt bis zu meinem Lebensende. Hab vorne Kulleraugen drauf geklebt :)

Ich will ja nicht sagen dass es nicht Sinn macht über gewisse Sachen nen Fachmann nochmal n Auge werfen zu lassen. Eine Fußbodenheizung würd ich lieber auf Dichtheit überprüfen bevor ich da nen Belag drüberzimmer - aber selbst da gibts mittlerweile für moderne (niedertemperatur)-Heizgeräte Lösungen, die jedermann mit 2 funktionierenden Gehirnzellen fehlerfrei verlegen kann.
Das Problem ist oft, dass die guten und simplen Lösungen mehr kosten - aber man spart an Fehlschlägen und Zeit.
Siehe bei der IT: Keystone-Einsätze für Patchpanel und Wanddosen. Schön auch dass es Einsätze für alle möglichen Kabelarten gibt, ich kann in einem Paneel also mit gleichartigen Öffnungen Netzwerk, Lautsprecher, Coax-Kabel usw... unterbringen.
Klar, an der richtigen Stelle hilft der Fachmann. Viele haben vor Elektro Respekt, oder vor Dacharbeiten. Oder Sanitär. Der Fachbetrieb macht es ja oft auch wesentlich "professioneller" als Frickel-Joe. Es ist halt eine Frage der Prioritäten und des Anspruchs. Und der eigenen Strategie. Und die unterscheidet sich extrem von Mensch zu Mensch. Ich habe schon oft festgestellt, dass die Strategie des Einen beim Anderen nicht unbedingt funktionieren muss! Das sehe ich auch im Geschäftsleben. Nur weil ein Geschäftsmodell bei Jemanden erfolgreich ist, kann es meist nicht "einfach mal" kopiert werden. Die Person selbst, bei der's läuft, ist das Geschäftsmodell! Die Unterschiede sind oft nur Nuancen... mit riesiger Auswirkung!

Hah, Fußbodenheizung! Da kenne ich nen Trick. Einfach den Rücklauf eines Heizkörpers mit ein paar Schlangen Fußbodenheizungs-Rohr in den Estrich schmeißen. Ich hab im EG sogar einfach gebogenes Kopferrohr (WICU) mit Klebeband umwickelt im Estrich versenkt. Das ist nicht so toll, Beton korrodiert Kupfer. Bisher hält's aber, und der Badezimmer-Boden ist immer schön warm. Der Trick geht natürlich nur, wenn der Vorlauf generell nicht zu hoch ist (<50°C oder so). Den Handtuchheizkörper gab's im Metallschrottcontainer des Bauhofs for free. Der war doch noch guuuuuut!

Die Keystones sind wirklich ein Segen! Etwas aufwändig und fummelig...48 Stück will ich nicht zwingend auflegen müssen...aber sehr elegant! Auch, um im Feld einfach mal ne Dose an ein LAN-Kabel Ende zu klemmen, dass der Elektriker irgendwo aus der Wand hängen hat lassen. Der Kunde freut sich dann, wenn ich ihm nen schönen Accesspoint da dran anstecke und sein WLAN wieder etwas weiter reicht. Keystone ruleZ!
« Letzte Änderung: 16 Dezember 2022, 18:57:06 von PlayingTheAngel »
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« Antwort #25 am: 17 Dezember 2022, 22:30:23 »

Ein letztes Mal bevors zu OT wird: Deine Fußbodenheizungs-Lösung war übrigens mal Standard für die Nachrüstung einer solchen. Wurde dann mit sogenannten RTL-Ventilen gelöst (nix mit Fernsehen, Rücklauftemperatur). Dafür gibts leider nix für die ne elektronisch-ferngesteuerte Lösung, die messen nicht die Umgebungstemp und steuern darüber den Vorlauf, sondern die sitzen im Rücklauf und steuern den Durchfluss so, dass die Temperatur im durchflossenen Rohr nicht zu hoch werden kann um z.B. Kunststoff-FB-Rohre nicht durch zu hohe Temperaturen bei alten Heizungen zu grillen.

Eine moderne Heizung hat ja nur noch Vorlauftemperaturen von deutlich unter 40°C, braucht ja auch nicht mehr mit modernen Heizkörpern.
Was auch noch hilft: Heizkörper an den Seiten zur Wand hin mit Verkleidungen dichtmachen um zwischen HK und Wand einen weiteren "Kamin" zu schaffen, und alte PC-Lüfter unterm Heizkörper zu nutzen um ihn aktiv von unten nach oben zu durchströmen. Sorgt dafür dass der Raum viel schneller warm wird weil die Luft durchbewegt wird, und dass der Heizkörper schneller runterregelt (Dafür kostet es Strom für die Lüfter).
Gibts auch professionell, aber, äääh, dann wieder teuer.
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« Antwort #26 am: 21 Dezember 2022, 13:53:14 »

Die Message an den Bürger lautet mal wieder: Nicht selber machen! Du kannst das nicht, der Fachbetrieb muss ran! Stom? Tödlich! Wasser? Um Himmels willen, bei Schääden haftet keiner! Selber fliesen? Sie ahnen nicht was da alles zu beachten ist...

Das ist - wenn ich mal versuche, das wieder etwas on topic zu bekommen, sowieso ein großes Thema in Deutschland.

Niemand traut sich mehr, irgendwas zu machen, weil man blitzschnell in ein Dickicht aus Vorschriften, Auflagen, Steuern und Regelungen gerät und wenn man dann irgendwas aufgebaut hat, dann gibt es auch noch gesellschaftliches Negativ-Feedback im Sinne von Neid, Intoleranz und Konformitätsdruck. Bei unserem Haus, einem alten und zum Erwerbszeitpunkt teils deutlich renovierungsbedürftigen Haus, haben wir da viel erlebt. Aber auch bei Fahrzeugen. Was nicht alles sicherheitsrelevant ist oder wovon man bloß die Finger lassen soll, sonst würde irgendwas ganz Schlimmes passieren. Und wenn man dann doch die Probleme umschifft hat und irgendwas funktioniert, dann werden viele Leute argwöhnisch - wie kann das denn jetzt sein? Da stimmt doch was nicht.

Ich weiss nicht, wo die Grundsteine dieser Haltung gelegt werden, aber es startet aus meiner Sicht zunächst beim Einzelnen, dann breitet sich in der gesamten Gesellschaft eine lähmende Passivität aus, bei der es in vielen Dingen grundsätzlich als beste Lösung erscheint, nichts zu tun. Oft wird dann noch ein wenig gejammert oder mit dem Finger herumgezeigt, manchmal mit einer Geste wenigstens moralischer Überlegenheit. Am Ende wird das Problem ignoriert.

Das ist weniger ein Problem der Wirtschaft oder gar des Wohlstandes, da letzterer nur die Folge der Geisteshaltung ist, in die man sich begibt oder begeben hat. Ich vermute allerdings, dass eben diese Geisteshaltung über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte wächst und ihre Umkehrung ebenfalls sehr lange brauchen würde. Ich kann mir Deutschland einfach nicht mehr als ein Land der Macher und Unternehmer vorstellen, als ein Land der Problemlöser und der entschlossenen Umsetzer. Dazu hat sich kollektiv zu stark das Moralisieren, Problematisieren, Beschweren, Streiten und am Ende eine Haltung aggressiver Naivität durchgesetzt, gepaart mit teils extremem Zukunftspessimismus. Wenn "Besser nichts machen, man kann ja auch nichts machen und es hat ja alles sowieso keinen Sinn, aber wenigstens können wir uns überlegen fühlen" zum Motto wird, sehe ich aber ziemlich dunkelgrau für die Gesellschaft insgesamt.

Es bleibt nur, das zu ignorieren und eben einfach doch die Bremsen am Auto, das Dach oder die Heizung zu reparieren und zu versuchen, sich von dem ganzen Gerede nicht vom Kurs abbringen zu lassen.
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« Antwort #27 am: 22 Dezember 2022, 10:54:13 »

Ja, PTA und Raoul, da habt ihr Recht.
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