Schwarzes Hamburg

Schwarzes Hamburg => Gedankenaustausch => Thema gestartet von: käx am 12 Dezember 2022, 14:35:54

Titel: (Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: käx am 12 Dezember 2022, 14:35:54
na dann eröffne ich dochmal den thread.

im allseits beliebten coronathread kam am rande eine nebendiskussion über
bargeld auf.
hintergrund: das europäische parlament hat eine bargeldobergrenze von 10.000 angeregt.
https://www.chip.de/news/EU-Staaten-einigen-sich-auf-neue-Regelung-Bargeldobergrenze-kommt-wohl-auch-in-Deutschland_184565573.html

deutschland, in person von herrn lindner, sprache sich gegen eine obergrenze
aus, machte aber zugleich werbung für einen e-euro.

ich teile die sorge über die immer wieder befürchtete bargeldabschaffung.
erst sind es 10.000 im nächsten schritt 5000 und irgendwann ist vllt nur noch alles digital.

ich habe per se nichts gegen elektronische bezahlung einzuwenden, wer seinen puffbesuch oder seinen dealer mit ec bezahlen will, bitte.
wer aufm flohmarkt lieber mit paypal bezahlt, von mir aus.

ich selbst bin aber ein absoluter bargeldfreund und möchte mir diese freiheit
auch erhalten.
grade stichwort flohmarkt:
der stolz im gesicht meines sohnes, als er mit seinen ersten münzen seinen ersten kauf machte. ein wunderbrarer entwicklungsschritt, der ihn mit mut und selbstvertrauen ausgestattet hat, dass er das alles selber kann und sich das selber zutraut.
(das mit dem handy und diese art von bezahlung, ja, das wird er sicher auch irgendwann noch kennenlernen).

aber auch jemandem auf der strasse geld zu schenken, ohne dass dies an irgendwelche bedingungen geknüpft ist ("ich bestimme jetzt, dass DU dir einen kaffe zu kaufen hast") geht ohne bargeld schlecht und sollte das irgendwann mal anders sein, würde meine 5€ spende wahrscheinlich gleich von der grundsicherung wieder abgezogen werden.

hier ist auch mein grundunbehagen bezüglich bargeldloser bezahlung:

sovieles läuft mehr und mehr heute digital, ob es unsere kundendaten und unser einkaufsverhalten ist, unsere steuererklärung, unsere patientendaten (...) jeder vorgang für sich gesehen ist mit sicherheit für irgendjemand sinnvoll, gebündelt in der hand einer schlechten regierung aber der horror.

wie playing the angel im anderen thread schon sagte:
bargeld ist freiheit und unabhängigkeit zugleich.

keine abhängigkeit von einem funktionierenden ec system, keine abhängigkeit
von irgendwelchen handyakkulaufzeiten (...) , einfach los und wenn man was braucht kauft man es halt einfach.

gibt noch viel mehr zu sagen, aber jetzt erstmal gerne ihr  :)
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: Jack_N am 12 Dezember 2022, 15:32:41
Naja, wenn ich Unabhängigkeit von einem System will, dann tausche ich.
Bargeld, bzw. Geld überhaupt, ist ja nur ein eigentlich unnötiger Schritt in einem Tauschsystem, in dem eine dritte Kraft für uns unbeeinflussbar den Wert des Zwischen-Tauschmittels festlegt.

Wenn ich etwas erwerbe, dann tausche ich meine Arbeitskraft gegen ein Objekt oder eine Dienstleistung ein. Das geht in gewissem Maße auch direkt, auch wenn das ja auch unter Strafe gestellt werden soll, oder unter Strafe steht (Grenzen von dem, was als Nachbarschaftshilfe anerkannt wird). Grund ist ja auch hier, dass diese Transaktionen ja nicht besteuert werden können.

Das ist halt auch der Punkt, warum Bargeld hier für einige Gesellen ein wunder Punkt ist, aber durchaus dessen Abschaffung an einigen Stellen für Abhilfe bei Problemen sorgen kann.
Der Flohmarkt ist hier ein gutes Beispiel: Niemand kommt auf die Idee wenn Du einen Flohmarktstand eröffnest, oder Kinder das bei einem Straßenflohmarkt tun, die Einnahmen des Verkaufes noch versteuern zu wollen.
Außer, Du erwirbst eben Ware um sie mit Gewinn auf einem Flohmarkt zu verschachern, oder aber Du stellst Ware explizit für diesen Zweck erst her. Auch da gibts dann gewisse Kleinverdienst-Regelungen usw..., und es kommt auch auf die Frequenz an. Aber wenn ich mir anschaue, was für Leute teilweise auf Flohmärkten aufbauen die "nur für Privatanbieter" gedacht sind, und wie professionell das Ganze mit mehreren Verkaufswagen, Tischen, sortierten Kisten, Preisschildern usw... ausstaffiert ist - das ist definitiv mit Gewinnabsicht, besonders wenn man sich dann die Preise teils anguckt, die 1zu1 den aktuellen Internet-Auktionspreisen für die Ware entsprechen.

Und wenn da dann nicht nur an einem Tag größere Mengen an Kleinbeträgen auf einem digitalen Konto einprasseln, sondern an vielen Tagen im Jahr, weil diese Personen auf vielen Märkten aufbauen, und kein Gewerbe angemeldet ist - dann gibt das eine neue Möglichkeit da mal draufzutappen und die Flohmärkte wieder für echte Privatanbieter interessanter zu machen (die teilweise wegen dieser pseudo-gewerblichen gar keine Standflächen mehr bekommen).

Teils werden bei digitaler Zahlung Privatsphäreneinbrüche bemängelt. Tatsächlich können diverse geldverarbeitende Institute schon heute unsere Kontodaten einsehen, auch wenn wir dort gar kein Konto haben, aber z.B. über irgendwelche Zahlungen eine berechtigte Anfrage möglich ist. "Einfach so" geht aber im Finanzbereich bei uns nix. Und auch inhaltlich wird man da nix sehen. Es muss also keiner Panik haben, dass die Bank jetzt weiss, dass man Viagra in der Apotheke gekauft hat - da steht nur "Einkauf Einhorn-Apotheke" auf der Kartenabrechnung, nicht wofür das Geld ausgegeben wurde.
Und es gibt so viele Fälle wo Leute Blödsinn in das Betreffsfeld reinschreiben - wenn das jedesmal direkt den Staatsschutz triggern würde, dann wären viel mehr Leute im Knast oder auf Beobachtungslisten. So viele besoffene Studenten, die die vom Kumpel übernommene Kneipenrechnung ihm mit "Sexuelle Gefälligkeiten" oder "1KG C4, Haltbarkeitsdatum abgelaufen" bezahlen, da wär sonst schon der Teufel los.

Übrigens ist es auch jetzt schon nicht mehr möglich gewisse Summen in Bar zu bezahlen. Du kannst z.B. auch nicht mehr Summen oberhalb einer gewissen Größe einzahlen ohne nen eindeutigen Herkunftsnachweis des Geldes. Sowas wie ein Gebrauchtwagenkauf in Bar ist - außer für totale Rostlauben - nicht mehr möglich (außer der Empfänger hat nicht vor das Geld auf sein Konto zu transferieren).

Ich sehe nur beim besten Willen die Probleme für Privatleute nicht. Vor allem jammern dann diejenigen Leute dass sie ihr Bargeld behalten wollen, die aber im Supermarkt mit Karte zahlen und dabei ihren Pfandbon einscannen und die Payback-Punkte mitnehmen. Mal auf nen Pfandbon bei Rewe geguckt? In einigen Märkten steht exakt drauf was Du eingeworfen hast, das wird bei einer Kartenzahlung und/oder Payback-Punkte-Mitnahme verknüpft um Deiner anonymisierten User-ID, die alles verbindet, z.B. auf dem Bon passende Werbung oder Gutscheine für Produkte, die Du vermutlich wieder kaufen möchtest, auszudrucken.
Die Märkte nutzen das auch, um festzustellen, welche Sachen in welcher Region gekauft werden, und passen ihr Sortiment entsprechend an. Wird z.B. oft ein bestimmtes Getränkt zurückgegeben, das nicht im eigenen Sortiment ist, dann wird das mit aufgenommen.

Theoretisch ließe sich das Ganze runterbrechen auf den einzelnen Einkäufer und seine Karteneinkäufe - praktisch macht das aber keiner, weils keinen Mehrwert für das Ganze ( = die Supermarktkette, Payback, usw...) bringt und nur Kosten verursacht.

Und wie gesagt, gerade die Bargeld-Fraktion gehört meinen Erfahrungen nach zu den eifrigsten Punktesammlern, wobei diese Sammeldienste am ehesten noch Daten über das Kaufverhalten zusammenklauben und so nutzerbasierte Profile erstellen könnten oder es sogar tun. Das wird dann aber ignoriert, weil wer die Punkte liegenlässt ist ja schön blöd, das ist ja wie bares Geld wegschmeissen.


Motto von der ganzen Geschichte: Mir ist nicht bewusst welche spürbaren Nachteile ich in meinem Alltag habe, wenn Bargeld verschwindet.
Ich sehe bislang nur Vorteile: Ich habe online einen besseren überblick über meine tatsächlich vorhandenen Finanzen, es ist wesentlich hygienischer (Bargeld ist eine der größten Keimschleudern überhaupt der wir ausgesetzt sind, weisst ja nie was die Person vor Dir mit dem Schein gemacht hat), und mir fällt nix ein, wofür ich es noch benötigen würde. Jede vernünftige Kneipe, die nicht im vorherigen Jahrhundert stecken geblieben ist, ermöglicht es z.B. auch bargeldlos Trinkgeld zu geben. Hab dafür schon Terminals für kontaktloses Zahlen am Tresen gesehen, super Sache.


Und wer jetzt weiter jammert, dass er dem Staat ja nicht das Geld in den Rachen stopfen will und lieber schwarz ackern / Schwarzarbeit beziehen will:
Ohne Steuern keine Polizei, keine Feuerwehr, keine Lehrer, keine Straßeninstandhaltung, kein ÖPNV, keine Bahn, keine Wasserversorgung, überhaupt keine Infrastruktur für vieles, keine Gerichte, keine Verwaltung, keine Unterstützung bei Arbeitslosigkeit... die Liste kannst beliebig fortführen. Ja, all das ist nicht perfekt, aber zwischen "nicht perfekt" und "nicht vorhanden" klafft ne gewaltige Lücke.

Bargeld ist 1900. Wir haben 2022 (bald 23).


(achja, und ohne Bargeld und Akzeptanz desselben werden Sachen wie der Fall Kaili im EU-Parlament auch schwieriger ^^ )
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: PlayingTheAngel am 12 Dezember 2022, 16:31:31
Subjektiv nach Bauchgefühl spricht für mich pro Bargeld:
- Bargeld ist die Jokerkarte, kann in alles andere konvertiert werden.
- Einmal in meinem Besitz kann ich auch darüber verfügen. Es verfällt nicht, kann nicht deaktiviert werden, eingezogen usw. (ich meine Digital)
- Es ermöglicht eine direkte Mensch zu Mensch möglichmach-Interaktion ohne dass diese in undurchsichtigen Datenbanken getrackt wird.
- Es ist der Rettungsring der in Notsituationen vor dem Ertrinken bewahrt, das Überleben sichert.
- Es funktioniert ohne Strom und Infrastruktur, ist daher extrem generisch!
- Kleine Gefälligkeitsarbeiten halten die Gesellschaft zusammen, ohne geht es schlicht nicht! Oma Lieschen kann sich keinen Maler-Meisterbetrieb für 2500€ leisten wenn das Esszimmer mal neu gestrichen werden soll. Kann man natürlich kritisieren.

Alles aus meiner Endverbraucher (und ein bisschen Prepper im herzen) Perspektive.

FÜR eine Regulierung bin ich bei großen, undurchsichtigen Geschäften, z.B. Immobilienkäufen. Wie sich gezeigt hat, wird einfach unfassbar viel Geld gewaschen. Die Schnittstellen zwischen Bargeld und im regulierten System kreisender Kohle müssen überwacht werden. Mir fällt kein Grund ein, weshalb Jemand eine Immobilie mit 800.000€ aus dem Köfferchen bezahlen sollte ohne sich wenigstens dafür zu erklären...

Gerade bei Immobilien würde ich persönlich sowieso viel stärker regulieren. Ich würde beispielsweise Ausländischen Investoren nicht unbegrenzt erlauben, in Deutschland Grund und Boden zu erwerben. Und wenn, dann nur für eine gewisse Zeitspanne. Dass Wohnraum in Deutschland mittlerweile zum weltweiten Spekulationsobjekt geworden ist und in Berlin ganze Wohnblöcke irgendwelchen chinesischen Investoren gehören, halte ich für ein Unding. Aber das ist off-topic.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: Alte Pizza am 12 Dezember 2022, 17:30:15
 Ich mag Bargeld, genau so wie Schallplatten, Kassetten, Bücher und Briefe/Postkarten schreiben und bekommen.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: Jack_N am 12 Dezember 2022, 23:30:21
PTA, ich versuch grad Deine Punkte zu verstehen, tu mich aber bei einigen schwer. Kannst das noch etwas anders vielleicht ausführen?

Bargeld kann in alles andere konvertiert werden - in was alles andere? In was kann ich Bargeld konvertieren, in das ich nicht auch jedwedes andere Geld konvertieren kann? Wenn ich eine Blitzüberweisung über mein Handy mache ist das Geld binnen einer Minute auf Deinem Konto und Du kannst es ebenso online einsehen - wozu brauche ich da das Bargeld?
Bargeld kann "deaktiviert" werden, indem die Währung von staatlicher Seite entwertet wird. Hat einige Leute getroffen die sich nicht von ihrer D-Mark trennen wollten und damit nicht mehr einkaufen konnten als der Euro kam, hat Leute getroffen die Geldscheine gehortet haben, die nicht mehr als Zahlungsmittel erlaubt waren (einige Länder geben periodisch neue Scheine aus Gründen der Fälschungssicherheit aus, und die alten sind nur eine Übergangsfrist lang gültig - die Niederlande haben da ne Historie, ich mein Australien auch).
Die direkte Mensch-zu-Mensch-Interaktion habe ich so doch auch? Ob ich einen Schein rüberreiche, oder fix eine Paypal-Zahlung oder Sofortüberweisung rüberdrücke, oder via Kwitt was zahle (oder im Schwedischen mit Swish) ist doch latte für die Interaktion zwischen den Individuen? Ich weiss auch nicht von was für undurchsichtigen Datenbanken Du redest - das mag aber daran liegen, dass ich im Bankenumfeld arbeite, und daher einige Dinge nicht so seltsam oder undurchsichtig finde (sondern im Gegenteil maximal logisch und transparent was die Vorgehensweise angeht, aber gleichzeitig vor Blicken Unbefugter geschützt durch gefühlt mehr Regulatorik als sogar die Daten der Medizinbranche).

Aus oben genannten Gründen (Entwertung einer Währung) sehe ich Bargeld auch nicht als Rettungsring an. Ein Rettungsring wäre ein physischer Gegenwert, der vollkommen von jeglicher Währung losgelöst ist. Alles andere kann und wird/wurde schonmal entwertet (werden).

Wenn die Infrastruktur zusammenbricht, die uns den Banken-Zahlungsverkehr ermöglicht, dann wirst Du auch nicht mehr mit Bargeld irgendwas kaufen, sondern mit Kronkorken oder irgendeiner anderen postapokalyptischen Ersatzwährung.

Und was die kleinen Gefälligkeitsarbeiten angeht: Oma Lieschen muss da sicherlich keine Probleme haben, wenn es einfach nur nette Nachbarn gibt - die helfen bei sowas auch mal für nen Apfelkuchen mit Kaffee. Probleme gibts da sicherlich eher in der Stadt wo eh alles etwas anonymer ist - auch da sehe ich es aber eher so, dass unehrlichen Läden, die alles ohne Rechnung machen wollen, ein Riegel vorgeschoben wird.
Davon ab kannst Du immer Überweisungen von privat zu privat machen, und musst da ja keinen Grund auf der Überweisung angeben. Und ganz ehrlich - da kräht kein Hahn nach wenn das nicht ständig passiert. Wenn jemand nur schwarz arbeitet und im Monat tausende von Euro aufs Konto prasseln - klar, dann wird irgendwer vermutlich hellhörig. Aber wäre das denn schlimm? Zerstören solche Leute nicht die Lebensgrundlage von Handwerksbetrieben, die ihre Steuern und Abgaben rechtschaffen zahlen und so in Sozialkasse, Rentenkasse, und in das Steuersäckel einzahlen?

Sorry, aber wie gesagt, da bin ich etwas empfindlich wenn ich immer wieder mitbekomme dass Leute Leistungen aus eben diesen Bereichen einfordern, aber dann gleichzeitig alles am Fiskus vorbei machen wollen.

Bei den Immobilien bin ich bei Dir. Kann irgendwie nicht sein dass man als Privatmann beim Immobilienkauf die Hosen runterlassen muss und durchleuchtet wird bis zum Gehtnichtmehr, und irgendwoanders läuft alles an allem dran vorbei. Das ist aber insofern ja schon vorbei, als das seit dem 9. August 2021 alle Bargeldsummen größer als 10.000 Euro bei Einzahlung auf ein Bankkonto von einem Herkunftsnachweis begleitet werden müssen - das fordert das Geldwäschegesetz. Gilt auch für Geldbeträge, die kleiner sind, aber in Summe diese Gesamtsumme überschreiten - also ein Aufsplitten hilft hier nichts, wenn die Einzahlungen in kürzeren Abständen erfolgen.
Als Quellbelege gelten hier z.B. Sparbücher, Auszahlungsbelege anderer Banken etc, Belege/Verträge über einen Verkauf von Wertsachen oder größeren Gegenständen (KFZ). Schenkungen müssen urkundlich beglaubigt werden, bei Erbschaften gibts ja ohnehin entsprechende Dokumente.

Es ist übrigens nicht so, dass das Geld konfisziert wird wenn man keinen Plausibilitätsnachweis erbringen kann - die Bank darf das Geld dann aber schlichtweg nicht annehmen.


Davon mal ab: Für die gesamten Banktransaktionen gilt dasselbe wie für die Emails aller Bürger: Alleine der Aufwand das alles zu filtern, und irgendwie durchzuwühlen wäre derart groß, dass niemand das komplett für alle Bürger umsetzen könnte. Die Rechenkapazitäten und den Speicherplatz dafür hat niemand "einfach mal so" zur Verfügung, erst Recht keine Behörde.

Und wenn jemand sich Sorge macht, dass er bei der Nutzung von digitalen Geldern unter Terrorverdacht gestellt wird - na da würde ich mir dann erstmal Gedanken ums eigene Kaufverhalten machen ^^
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: RaoulDuke am 13 Dezember 2022, 10:54:23
Also vielleicht zur Überraschung so mancher bin ich gar nicht so sehr ein Bargeld-Fan.

Warum?

Auf die Gefahr hin, vielleicht immer und immer wieder zu klingen wie ein Lehrbuch "Einführung in die Volkswirtschaftslehre" oder so - im übrigens teilweise extrem spannende Literatur! - hat Geld für mich mehrere Funktionen:

1. Es ist ein Zahlungsmittel und ein Wertmaßstab. Der Sinn liegt darin, dass man bei Verwendung eines Zahlungsmittels weniger Tauschrelationen kennen muss als wenn wir immer nur Güter oder Dienstleistungen gegeneinander tauschen würden. Ausserdem kann man so die Anzahl der Tauschvorgänge reduzieren. So sinken die Kosten pro Tauschvorgang. Kann Bargeld das?

Ja, es ist ein Zahlungsmittel und ein Wertmaßstab, aber die Tauschrelation kann von der Zentralbank beeinflusst werden, indem die sie Menge an Geld ändert und damit den Wert der einzelnen Geldeinheit. Ist sie unabhängig, kann sie sich verschätzen und wir bekommen Inflation (so wie jetzt), ist sie nicht unabhängig, kann der Staat eingreifen und absichtlich mehr Geld produzieren als nötig, um seine Schulden zu begleichen - eine Art Inflationssteuer. Eigentlich alles kein Wunder: Wenn bedruckte Zettel Zahlungsmittel sind, sind sie so gut wie die Glaubwürdigkeit von dem, der sie ausgegeben hat. Ich würde mal sagen - Schulnote 3-4 für Bargeld, wegen Funktioneinschränkungen und Aufwand.

2. Es ist ein Wertaufbewahrungsmittel. Ja, die Funktion erfüllt es, aber mit den gleichen Einschränkungen wie bei 1, die hier allerdings mehr zum Tragen kommen. Es gibt zudem deutlich bessere, fungiblere und auch nicht brennbare Aufbewahrungsmittel. Und im "Ernstfall" bringt es m.E. auch nicht mehr als Bitcoins auf einem Stick. Da findet nämlich eine Neubepreisung aller Dinge statt, die kann Bargeld nicht verhindern. Das Schlechteste am Bargeld als Wertaufbewahrungsmittel ist aus meiner Sicht jedoch, dass es sich nicht im Wertschöpfungskreislauf befindet, wenn es im Portemoinnaie ist, und wird daher aus meienr Sicht mit einem Steuersatz in Höhe der Inflation besteuert (nicht im technischen Sinne, aber im Wirtschaftlichen) und erwirtschaftet nichts. Schulnote 4-5 aus meiner Sicht für die Wertaufbewahrungsfunktion.

Mal abgesehen davon, dass man es nur regional einsetzen kann, es immer wieder Währungsreformen gibt wo das Bargeld wechselt usw. hat es Gewicht, braucht Platz, ist nicht fälschungssicher usw. Ich halte daher insgesamt so wenig Bargeld wie möglich. Bargeld löst allerdings tatsächlich ein Probleme, das man aus meiner Sicht auch mit neueren Währungen lösen kann:

Man kann unüberwachte, unkontrollierte Zahlungen tätigen. Das ist aus meiner Sicht essentiell, weil sonst irgendwann der Staat in einzelne Transaktionen eingreifen könnte und sagen: Nein, Du darfst kein weiteres Bier kaufen. Du hast Dein Fleisch-Kontingent diesen Monat ausgenutzt. Noch ein Computerspiel wäre nicht gut für Dich. Kein Tanken mehr diesen Monat. Die Bahn ist schon so voll, kein Ticket für Dich. Du bist als Demonstrant registriert, Du kannst am kommenden Wochenende in Berlin kein Hotel buchen und kein Essen kaufen. Du warst ausserdem nicht artig, Du darfst jetzt 4 Tage nur noch Weizenkleie kaufen. Oder sonstwas. Da das technisch bei Kartenzahlung sehr einfach zu implementieren wäre, hat Bargeld einen Vorteil. Da gibt es aber wesentlich bessere Verfahren... siehe unten :)

Nebenbei: Der Anreiz zu Schwarzarbeit oder Zahlungen am Steuersystem vorbei wäre viel geringer, wenn der Staat sich nicht 40% der Wirtschaftsleistung Deutschlands an Steuern und Gebühren einverleiben würde, und anschließend verschwenderisch damit umgehen. Das ist eigentlich ein eigener Thread, aber aus meiner Sicht kann die Lösung nur sein: Niedrige, als fair empfundene Steuern für alle ohne Schlupflöcher. Wenn jeder seinen Teil beiträgt und die Verschwendung reduziert würde, dann würde das schon alles klappen. Aber wie es jetzt ist hat man ja den Eindruck, dass derjenige vorne liegt, der am besten beim Steuerbetrug ist, und wer ehrlich ist, den frisst der Staat auf. Kein Wunder, dass Leute dann so viel wie möglich aus den Fängen der Krake heraushalten wollen.

Es gibt aber eine Lösung für alle Geld-Probleme, die nicht von Zentralbanken oder Staaten manipuliert oder kontrolliert werden kann, die als Zahlungsmittel, Wertaufbewahrung, Wertmaßstab geeignet ist und unüberwacht verwendet werden kann: Crypto!

Klar hat das gerade schlechte Presse, und weder Konzeption noch Infrastruktur sind stabil und leuchten ein, aber das Internet fing auch erst nach dem Dotcom-Crash an, so richtig gut zu werden. Ich persönlich habe nie irgendwelches Crypto besessen und allen, egal in welchem Kontext, dringend davon abgeraten. Vielleicht gibt mir der FTX-Crash recht, aber ich glaube, aus der Asche des Meltdowns werden die guten Ideen des Konzepts wie der Phönix erscheinen. Wenn wir weg sind von Proof of Work und hin zu Proof of Stake, wenn die Volatilität nicht mehr total plemplem ist, wenn die Börsen und Depot-Anbieter richtige Börsen und Depot-Anbieter sind, dann irgendwann. Dann rahmen wir uns vielleicht Bargeld mal ein und hängen es uns als Bild an die Wand. Oder es wird entwertet und wir heizen damit.

Fun fact: Ich habe hier einen 50 Trillionen Dollar-Schein auf meinem Schreibtisch. Er wurde ausgegeben von der Zentralbank von Simbabwe, im Rahmen der Hyperinflation, und es sind natürlich Simbabwe-Dollar. Habe ich mal für 2 Euro auf ebay gekauft und es erinnert mich immer daran, was Geld eigentlich wert ist: Genau so viel, wie wir glauben, dass es wert ist. Und im Zweifel ist das eben - nichts.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: PlayingTheAngel am 13 Dezember 2022, 11:09:37
PTA, ich versuch grad Deine Punkte zu verstehen, tu mich aber bei einigen schwer. Kannst das noch etwas anders vielleicht ausführen?

Bargeld kann in alles andere konvertiert werden - in was alles andere? In was kann ich Bargeld konvertieren, in das ich nicht auch jedwedes andere Geld konvertieren kann?
Ups, sorry, das war sehr allgemein formuliert.
Ich meinte es kann konvertiert werden in Transport, Nahrung, Hilfe beim Schleppen, Baustoffe, Saatgut, Elektrogeräte, in Motivation, Brennholz,... Mein Gedanke geht dahin dass es ein universeller Möglichmacher ist, der direkt und ohne Technik und sonstige Strukturen zwischen Menschen eingesetzt werden kann.

Bargeld kann "deaktiviert" werden, indem die Währung von staatlicher Seite entwertet wird. Vielleicht über-über morgen weil ich drei mal ohne Maske Bahn gefahren bin obwohl gerade der Ringelpockensichelkringel-Virus grasiert und Minister MauterFlach bei der Gesetzgebung maximale Härte gegen unsolidarische Subjekte beweisen will (als Zeichen für die Freiheit!)
Stimmt, aber eine "Deaktivierung" für einen Einzelnen ist nicht möglich!. In der Digitalen Späre würden, sollte ein Mensch beispielsweise zur Fahndung ausgeschrieben sein, bestimmt zu aller erst seine Konten sowie sein PayPal überwacht und gesperrt.

Die direkte Mensch-zu-Mensch-Interaktion habe ich so doch auch? Ob ich einen Schein rüberreiche, oder fix eine Paypal-Zahlung oder Sofortüberweisung rüberdrücke, oder via Kwitt was zahle (oder im Schwedischen mit Swish) ist doch latte für die Interaktion zwischen den Individuen? Ich weiss auch nicht von was für undurchsichtigen Datenbanken Du redest - das mag aber daran liegen, dass ich im Bankenumfeld arbeite, und daher einige Dinge nicht so seltsam oder undurchsichtig finde (sondern im Gegenteil maximal logisch und transparent was die Vorgehensweise angeht, aber gleichzeitig vor Blicken Unbefugter geschützt durch gefühlt mehr Regulatorik als sogar die Daten der Medizinbranche).
Da bin ich schon bei dir, ich zahle mein eBay Kleinanzeigen Gedöns auch gerne per paypal. No big deal! Genau so sehr schätze ich aber auch die Scheinchen auf dem Tisch wenn der Käufer das Klavier raus schleppt. Der PayPal, sowie Banktransaktionslog ist für mich die undurchsichtige Datenbank, die nach Möglichkeit so wenig Einträge wie möglich enthalten sollte. Schlicht, da diese Daten theoretisch für immer ein sehr exaktes Profil meines Lebens nachzeichnen, die Hürden für staatlichen Zugriff stetig sinken und ich nicht weiß wer morgen mit welchen Algorithmen und Tools zur Datenzusammenführung welche Schlüsse aus meinem Klavierverkauf ziehen wird. Paranoia? Vielleicht. Oder so ein Bauchgefühl dass sich aus der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Strömung ableitet.

Aus oben genannten Gründen (Entwertung einer Währung) sehe ich Bargeld auch nicht als Rettungsring an. Ein Rettungsring wäre ein physischer Gegenwert, der vollkommen von jeglicher Währung losgelöst ist. Alles andere kann und wird/wurde schonmal entwertet (werden).

Wenn die Infrastruktur zusammenbricht, die uns den Banken-Zahlungsverkehr ermöglicht, dann wirst Du auch nicht mehr mit Bargeld irgendwas kaufen, sondern mit Kronkorken oder irgendeiner anderen postapokalyptischen Ersatzwährung.
In welchen physischen Gegenwert kann man Bargeld NICHT direkt konvertieren (Immobilien usw. ausgeschlossen)?
Ich bin sicher dass selbst während der Zombie-Apokalypse Bargeld, selbstverständlich stark entwertet, als Zahlungsmittel funktioniert. Schlicht einfach, weil es eine Spekulation auf eine Zukunft ist, in der das bunte Papier wieder mehr wert ist als der Brennholzscheit.

Und was die kleinen Gefälligkeitsarbeiten angeht: Oma Lieschen muss da sicherlich keine Probleme haben, wenn es einfach nur nette Nachbarn gibt - die helfen bei sowas auch mal für nen Apfelkuchen mit Kaffee. Probleme gibts da sicherlich eher in der Stadt wo eh alles etwas anonymer ist - auch da sehe ich es aber eher so, dass unehrlichen Läden, die alles ohne Rechnung machen wollen, ein Riegel vorgeschoben wird.
Davon ab kannst Du immer Überweisungen von privat zu privat machen, und musst da ja keinen Grund auf der Überweisung angeben. Und ganz ehrlich - da kräht kein Hahn nach wenn das nicht ständig passiert. Wenn jemand nur schwarz arbeitet und im Monat tausende von Euro aufs Konto prasseln - klar, dann wird irgendwer vermutlich hellhörig. Aber wäre das denn schlimm? Zerstören solche Leute nicht die Lebensgrundlage von Handwerksbetrieben, die ihre Steuern und Abgaben rechtschaffen zahlen und so in Sozialkasse, Rentenkasse, und in das Steuersäckel einzahlen?

Sorry, aber wie gesagt, da bin ich etwas empfindlich wenn ich immer wieder mitbekomme dass Leute Leistungen aus eben diesen Bereichen einfordern, aber dann gleichzeitig alles am Fiskus vorbei machen wollen.
Ich bin in dieser Frage, ab wo aus der Gefälligkeit Schwarzarbeit wird, bzw. wieviel Schwarzarbeit "Okay" ist noch mit mir selber zerstritten und zu keinem Eindeutigen Ergebnis gekommen. Ich denke, viele Leute würden diese Schwelle genau so hoch setzen, dass ihr eigenes Handeln noch "legitimer Kleinkram" ist, aber "die da oben" selbstverständlich am Sack gepackt werden müssen. Dieses Verhalten sieht man vom Bettler bis zur EU-Parlamentarierin ;)
Daher habe ich hierzu keine abschließende Position, vielleicht ehr eine Richtung. Und die ist, dass eine Mischung aus sich-an-der-gesellschaft-beteiligen-durch-steuerzahlen und direktvergüteter Tätigkeiten ein Weg sein könnte?!

Davon mal ab: Für die gesamten Banktransaktionen gilt dasselbe wie für die Emails aller Bürger: Alleine der Aufwand das alles zu filtern, und irgendwie durchzuwühlen wäre derart groß, dass niemand das komplett für alle Bürger umsetzen könnte. Die Rechenkapazitäten und den Speicherplatz dafür hat niemand "einfach mal so" zur Verfügung, erst Recht keine Behörde.
Aus meiner IT-Praxis gebe ich dir Recht. Es laufen schlicht viel zu viele Transaktionen überall durch um, da "mal eben" durchzufiltern, der Filter würde den ganzen Tag quaken usw.
AAAAAber die Daten sind da, die Tools werden besser, Speicherplatz kostet nix mehr, KI wird täglich leistungsfähiger. Und wir wissen nicht welche Technischen Möglichkeiten übermorgen zur Verfügung stehen. Okay, in Deutschland wohl ehr nicht *kicher*, aber wir können das dann ja zukaufen.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: BaerndME am 13 Dezember 2022, 14:32:03
Raouls Argument, Bargeldreserven seien nicht im Wirtschaftsumlauf, ist im Prinzip schon der Killer schlechthin.
In Summe ist das Problem, dass ich über viele Millionen Menschen verteilt Bargeld irgendwo in Reserve befindet sicherlich fast so schlimm wie die Millionengehälter von Topmanagern, die nicht in der Lage sind, diese auch auszugeben um sie wieder in den Kreislauf zu bringen. Häufchenbildung. Geld muss ein Gegenwert für Arbeits- und Produktionsleistung sein, es darf kein Gegenwert für "Besiztumsleistung" werden (bzw. ist es das schon, aber davon müssen wir dringend wieder weg!).

Abgesehen davon weiß ich, wie schnell ich in Finnland in der Kneipe am Tresen mein Bier bekomme, wo alle, wie ich, mit dem Smartphone bezahlen, und denke nicht sehr positiv über die eine oder andere Viertelstunde, die ich schon in der Markthalle am Tresen gestanden und gewartet habe, dass mir mal jemand umständlich mein Bargeld wechselt bzw. damit fertig wird, das für die 30 angestauten Gäste zu tun, die schon vor mir da standen. Bargeld, welches ich vorher mit zusätzlichem Benzin- und Zeitaufwand aus dem Automaten gezogen habe.

Ich glaube aber nicht, dass wir es so schnell weg bekommen. Für Flohmärkte, Gebrauchtfahrzeugkäufe (privat) und einiges anderes bräuchten wir noch wesentlich sicherere Bezahlmechaniken - es wird gute Gründe geben, warum z.b. der ADAC von der Nutzung von Paypal für Gebrauchtwagenkäufe abrät.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: PlayingTheAngel am 13 Dezember 2022, 14:48:48
Raouls Argument, Bargeldreserven seien nicht im Wirtschaftsumlauf, ist im Prinzip schon der Killer schlechthin.
In Summe ist das Problem, dass ich über viele Millionen Menschen verteilt Bargeld irgendwo in Reserve befindet sicherlich fast so schlimm wie die Millionengehälter von Topmanagern, die nicht in der Lage sind, diese auch auszugeben um sie wieder in den Kreislauf zu bringen. Häufchenbildung. Geld muss ein Gegenwert für Arbeits- und Produktionsleistung sein, es darf kein Gegenwert für "Besiztumsleistung" werden (bzw. ist es das schon, aber davon müssen wir dringend wieder weg!).
Bernd, bist du sicher dass das Problem der Häufchenbildung speziell etwas mit Bargeld zu tun hat?
Wenn einer Einzelperson, sagen wir mal 400 Immobilien in Hamburg besitzt, sorgt das auf unterschiedlichen Ebenen für Verwerfungen die für die Allgemeinheit vermutlich ehr negativ sind. Ob diese Person aber nun ein 401stes Haus dazu kauft oder die Million ins Kopfkissen steckt, spielt doch von der Sache her keine Rolle, oder? Lässt sich nicht das Eine jeweils in das andere konvertieren?
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: Jack_N am 13 Dezember 2022, 15:44:14
Das mit Paypal hat wieder mit anderen Gründen zu tun. U.A. mit der Möglichkeit, dort als Sicherheit bzw. "Konto" quasi eine Kreditkarte anzugeben, oder ein Konto - wenn da keine Deckung vorhanden ist, dann kann es sein, dass die Buchung von PP rückabgewickelt wird, da hat man aber die Ware schon aus der Hand gegeben. Gerade bei Kreditkartendeckung ist eine Prüfung nicht immer sofort gegeben, ein solcher Betrug wird auch in großer Fläche auf viele kleine Transaktionen z.B. von Scammern eingesetzt um Online-Keys für Software zu kaufen, und dann weiterzuverkaufen. Der Käufer bekommt dann auf einmal seine Software gesperrt, weil sie mit geklauten Finanzdaten erworben wurde, da ist der Scammer aber schon über alle Berge, und der Käufer, der bei einem nicht-offiziellen Händler kaufen wollte um Geld zu sparen, ist der Gelackmeierte.

Paypal hat aber inzwischen eine Banklizenz, unterliegt also auch denselben Regularien und Aufsichten, und daher kommt es dort auch vermehrt zu Überprüfungen und temporären Sperrungen.
Dabei haben sie z.B. auch eine Liste von "verbotenen Gütern", und gewisse Länder, die auf Sanktionslisten stehen, aus denen dann keine Waren erworben werden dürfen.
Das betraf unlängst z.B. bei Reishunger bestimmte Sachen, die aus dem Iran kamen, und aufgrund von Sanktionen der USA nicht (für dieses Land) handelsfähig waren. Paypal ist halt ein US-Unternehmen, und muss sich an deren Gesetze halten, also konnte man den Warenkorb nicht mit PP bezahlen, solange diese Ware da drin war.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: schwarze Katze am 13 Dezember 2022, 16:13:38
Solange Cannabis nicht legalisiert ist, brauche ich Bargeld ;)
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: BaerndME am 13 Dezember 2022, 18:22:01
Raouls Argument, Bargeldreserven seien nicht im Wirtschaftsumlauf, ist im Prinzip schon der Killer schlechthin.
In Summe ist das Problem, dass ich über viele Millionen Menschen verteilt Bargeld irgendwo in Reserve befindet sicherlich fast so schlimm wie die Millionengehälter von Topmanagern, die nicht in der Lage sind, diese auch auszugeben um sie wieder in den Kreislauf zu bringen. Häufchenbildung. Geld muss ein Gegenwert für Arbeits- und Produktionsleistung sein, es darf kein Gegenwert für "Besiztumsleistung" werden (bzw. ist es das schon, aber davon müssen wir dringend wieder weg!).
Bernd, bist du sicher dass das Problem der Häufchenbildung speziell etwas mit Bargeld zu tun hat?
Wenn einer Einzelperson, sagen wir mal 400 Immobilien in Hamburg besitzt, sorgt das auf unterschiedlichen Ebenen für Verwerfungen die für die Allgemeinheit vermutlich ehr negativ sind. Ob diese Person aber nun ein 401stes Haus dazu kauft oder die Million ins Kopfkissen steckt, spielt doch von der Sache her keine Rolle, oder? Lässt sich nicht das Eine jeweils in das andere konvertieren?
Ich hab das vielleicht missverständlich formuliert.
Sind 2 verschiedene Probleme.
Haben beide die selbe Auswirkung: Das Geld fehlt woanders, nämlich zuvorderst im ärmeren Teil der Bevölkerung.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: käx am 16 Januar 2023, 22:15:31
zwar nur ein meinungsbeitrag und "nur" focus, aber trotzdem
gedankengänge die es lohnt mal weiter zu denken:

https://m.focus.de/finanzen/news/gastbeitrag-von-marc-friedrich-das-ist-der-wahre-grund-warum-bargeld-abgeschafft-werden-soll_id_183102561.html
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: Jack_N am 17 Januar 2023, 09:42:18
N paar Sachen im Artikel stoßen mir von Anfang an ungut auf. Da wäre zum Einen die Art, wie er geschrieben ist (z.B. das "wussten sie?" - der Leser wird als unwissend und dumm dargestellt, die Position des Autors wird als die des Wissensbringers gefestigt, ohne dass er aber eine 100%ige Richtigheit seiner Aussagen garantiert), und Sachen wie "Der nächste Angriff erfolgte während der Corona-Krise: Am Anfang galt eine Zeit lang das Bargeld als gefährlich , da es als Virenüberträger diffamiert wurde, was natürlich absoluter Humbug war." - was auch wiederum Quark ist. Fakt ist, der Erreger kann auch 24 Stunden nach Kontakt auf einigen Oberfächen noch nachgewiesen werden. Nein, eine Übertragung von Gegenständen auf Menschen, die zum Infekt führte, ist bislang nicht nachgewiesen worden (vielleicht sollte man mal die koksende Bevölkerung, wenns die noch gibt, fragen. Früher fand man ja auch auf fast jeder 50DM-Note Koksspuren, da würden die sich ja Virus und Gift parallel reinziehen).
Was aber wahr ist und bleibt ist, dass Bargeld schmutzig ist. Es geht durch die Hände tausender Leute, und die sind selten gewaschen. Als Resultat haben wir n lustiges Potpourri an Keimen und Bakterien da drauf. Hygienisch geht anders. Die Aussage wäre also - wenn man sie nicht an der Corona-Geschichte festmachen würde, bei der man es anfangs aber schlichtweg nicht besser wusste - korrekt.
Die Geschichte mit dem CDBC ist Käse. Hier war das Gespinst eine digitale Alternativwährung zum Papier zu schaffen, ähnlich Bitcoin. Das gerade die deutschen Banken, die extrem viel Wert auf Datenschutz der Transaktionen und Kundendaten legen und legen müssen (weiss ich aus erster Hand, ist mein täglich Brot), sich hier dazu bewegen würden, diese Daten preiszugeben - kannst knicken. Ansonsten hätten wir hier schon längst vereinheitlichte Online-Banking-Systeme wie in anderen Eu-Ländern (z.B. Schweden).
Bis sich hier was bewegt vergehen Jahrzehnte.
Das am Ende der Euro als dysfunktionale Währung bezeichnet wird, ist angesichts der Freiheiten die er uns gebracht hat, und dem entgangenen Gewinn für die Banken, gegen die hier ja auch gewettert wird (die vorher an jeder Währungsumrechnung im EU-Raum verdient haben) ein reiner Hohn und deutet an, woher der Wind hier weht.

Der gesamte Artikel ist von seinem Tonfall anti-Regierung, anti-Obrigkeit geschrieben und versucht mit Schreckensszenarien hier eine Bedrohung aufzubauen, die so nicht existiert. Das Bankeinlagen nie zu 100% durch Bargeld / Gold gedeckt waren, war schon immer der Fall. Das ist nix Neues. Die Summen, die die Banken als Reserven vorhalten müssen, sind sogar vor n paar Jahren angehoben worden nachdem es ja n paar Privatbanken auch hierzulande geplättet hat.
Ohne Gebühren/Zinsen können Bankdienste heutzutage nicht mehr erbracht werden. Die Anleger haben alle gegen Negativzinsen gejammert, während die Banken selbst diese aber für die Werte, die sie als Schutz vorhalten mussten, blechen mussten. D.h. die Sicherung der Anleger hat sie aktiv Geld gekostet. Nur falls sich einer fragt, wo auf einmal die ganzen Gebühren für die Kontoführung wieder herkamen, nachdem jahrelang kostenlose Konten die Norm waren.


Am Ende entscheidet aber eh der Bürger was er will. Und das ist vermehrt die bargeldlose Zahlung, weil sie schneller und unproblematischer funktioniert. Siehe Gravis, der größte deutsche Apple-Händler stellt in seinen Fillialen die Zahlung mit Bargeld ein, weil sie eh nur noch von einem geringen einstelligen Prozentbereich der Kunden genutzt wurde.
Ja, das geht. Auch gesetzlich gültige Zahlungsmittel können ausgeschlossen werden, wenn darauf hingewiesen wird. Ein Schild oder Aufkleber an der Tür des Geschäfts reicht dabei (siehe die ganzen Tankstellen, die keine 200er-Scheine annehmen, und das durch einen Aufkleber an der Zapfsäule und/oder am Eingang anzeigen).


Was die Sicherheit angeht: Die Banken haben hier vorgesorgt. Schon zu meiner Schulzeit sagte man: Wenn eine Großbank 24 Stunden lang komplett vom Internet abgetrennt ist, dann muss sie schließen, weil die verpassten Transaktionen eine Größenordnung erreicht haben, die nicht mehr aufgearbeitet werden kann.
Das ist heute anders dank schnellerer Rechner, die mehr Leistung zugelegt haben im Verhältnis zum gestiegenen digitalen Transaktionsaufkommen. Aber es wären herbe Verluste. Und jede große Bank hat mehrfach redundante, auf mehrere Orte zusätzlich verteilte Rechenzentren, einige haben sogar mobile Notfall-Rechenzentren, deren aktuelle Position immer nur wenige Leute kennen (bei der deutschen Bank war das mal der Fall, keine Ahnung wie da der aktuelle Stand ist).
Der Einzelhandel ist eher das Problem, die typisch-deutschen Schnarchköppe haben noch immer nicht erkannt, das hier der sichere digitale Datenverkehr wichtig ist und funktionierende Technik eine immense Bedeutung hat.
In Schweden konnte die Bude noch so ranzig sein, sie hatte ein sauberes, neues, funktionierendes Kartenterminal, im Zweifelsfall mit direkter UMTS-Anbindung wenn es mitten in der Pampa war.
Hierzulande hat ein Supermarkt für seine Kassenterminals eine derart langsame DSL-Anbindung, dass ein Bezahlen mit Karte teils länger dauert als das Bargeld rauszusuchen, weil die Kasse so schnarcht. Und tritt mal wer aufs Kabel geht an 10 Kassen nix mehr ohne Bargeld.

Willkommen im Technologie-Hinterwald-Staat Deutschland.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: käx am 17 Januar 2023, 10:18:22
also da fällt mir spontan mein schweden urlaub vor 5 jahren ein, als ich mit meiner
ec karte sowohl an diversen tankstellen als auch bei burger king gescheitert bin, weil das
system meine karte nicht lesen konnte (bei anderen geschäften ging das dann aber, war also kein problem der karte selbst).
schlussendlich war ich froh, dass ich überhaupt noch eine tankstelle fand, wo ich mit bargeld zahlen konnte, sonst wäre ich ziemlich am arsch gewesen (mit kindern abends im dunkeln auf'm land in einem fremden land)

was den artikel betrifft, ja man kann sicher über den schreibtstil diskutieren, aber was die
aussichten einer ausweitung dieser systeme betrifft, finde ich schon nachvollziehbar, was der autor meint/ befürchtet.
diese befürchtung wird letzendlich auch dadurch befeuert, grad aktuell, dass nun
aufgrund "der klimakatastrophe" schon in den tagesthemen darüber gesprochen wird, dass ja jeder bürger ein CO2 konto bekommen könnte/sollte.
wenn ein riesenunternehmen wie ebay nun -passend dazu- bereits ein co2 konto implementiert (hab das nur kurz gesehen, muss mich damit noch beschäftigen),
dann kann man sich ja schonmal ausmalen, wo die reise hingeht/hingehen könnte.

was die schmutzigkeit des geld betrifft: zur coronazeit habe ich beobchten können,
wie plötzlich alle mit ec bezahlt haben (also nicht unbedingt nur kontaktlos per handy)
das eingabepad des kartengerätes, wo vermutlich hunderte leute mit ihren fingern drauf rumgefummelt haben, wurde aber nicht gereinigt/bzw. desinfiziert (vllt einmal am tag, abends von den reinigungskräften) .

hat mich dann vom hygienefaktor auch nicht so überzeugt.

abschließend würde ich da gerne meine zweifel äußern, dass bestimmte entwicklungen
jahre bis jahrzehnte dauern. corona hat gezeigt, dass wenn eine sache
(vermeintlich) notwendig wird, dass dinge auch innerhalb kürzester zeit umgestellt werden können. dafür braucht es einfach nur eine neue krise. welche die nächste ist, bzw. welche nächste genutzt werden könnte/wird, zeichnet sich ja schon seit einiger zeit ab.

in dieser hinsicht teile ich die befürchtungen des autors.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: Jack_N am 17 Januar 2023, 11:16:40
Das mit der Karte in Schweden hat mich auch ereilt, hier kannst aber mal wieder den schnarchigen Banken in D die Schuld geben, die ihr eigenes System (Girokarte mit Maestro-Funktion, abgeleitet von der Mastercard) ewig noch durchgezogen haben, wo im Ausland schon lange nur noch die Visa-Abkömmlinge akzeptiert wurden.
Hierzulande wird jede Kuh gemolken bis sie tot ist. Ein Großteil der Abneigung gegenüber digitalen Bezahlsystemen kommt aus der Kleinwirtschaft, und zwar nicht daher, dass sie tatsächlich irgendwelche Bedenken bezüglich der Sicherheit oder Datenschutz oder irgendsowas haben, sondern weil zuviele Mittelsfirmen zuviel dran verdienen, und zwar pro Transaktion.
Es wird quasi je nach Anbieter ein Grundbetrag pro Transaktion verlangt, daher ja ewig auch das "Kartenzahlung erst ab 10 Euro" in Apotheken usw... (was inzwischen mein ich gekippt wurde).
Da muss natürlich auch ein Umdenken erfolgen. Vermutlich hat daher auch Gravis kein Problem damit - jeder weiss ja, was offiziell lizensiertes Apple-Zubehör kostet, da spielt die Transaktionsgebühr keine Rolle :D

Das mit den Keypads ist in der Tat noch ein Problem. Interessant fand ich das Einkaufen in Schweden in den Supermärkten mit den personalisierten Handscannern: Jeder nimmt sich am Eingang so ein Scangerät aus der Wandhalterung, Desinfektions-Zubehör steht direkt an der Stelle parat. Die Geräte werden in der Wandhalterung auch gleich geladen, also immer bereit. Dann erfolgt einmal mit seiner Karte und Pin oder dem Scannen eines Codes über sein Mobiltelefon die Anmeldung. Man kann das Ding am Einkaufswagen anklipsen und scannt jeden Artikel, den man in den Wagen schmeisst. Auf dem Display sieht man immer was man grad im Wagen hat und wieviel das einen kosten wird. Am Ausgang hält man da Gerät dann an die "Auscheck-Station", und der Korbinhalt wird mit dem vorher eingerechneten Konto nach einer Bestätigung abgerechnet.
Jeder x-te Wagen wird dann hinterher nochmal vom freundlichen Personal kontrolliert, damit keiner einfach mal so Waren reinschmeisst ohne sie zu scannen. Wird dann nachgescannt, gibt ne höfliche Ermahnung, das isses.
Funktioniert in Schweden. Die Briten haben da mehr Probleme, Target hats wohl versucht und hohe Diebstahlraten.

Was einem auch zeigt: Nicht jedes System eignet sich für jedes Land/jede Leute.


Edit: Noch ein Nachtrag zur EC-karte: Der Name ist vielen noch aus den Zeiten eines "Eurocheque" bekannt - daher kam auch ursprünglich die Bezeichnung. Diese Karten gibts aber schon seit 2002 nicht mehr. In Deutschland wurde später daraus die Girocard, welche aber nur innerhalb Deutschlands funktioniert. Der Grund, warum diese sich hier etabliert hat ist eben der, dass zwar hier auch Transaktionsgebühren anfallen, diese aber bei den klassichen Kreditkartenanbietern wie Visa/Mastercard bis zu viermal so hoch sind/waren wie bei der Girocard.
Jetzt ists ja so, dass bei einer klassischen Kreditkarte nur einmal im Monat das, was man den Firmen schuldet, abegebucht wird. Allerdings war es auch bei Firmen so, dass diese die Zahlungen dann nur einmal im Monat bekamen. Das bedeutete einerseits nur eine große Transaktion, und damit recht geringe Gebühren, aber Tante Emma in ihrem Miniladen will nicht erst am Ende eines Monats die Zahlungen bekommen - oder noch länger darauf warten, wenn die Kreditkarten nicht gedeckt waren.
Die Visa/Master-Debitkarten funktionieren hier wie die Girokarte, die Transaktion wird sofort vom Konto abgebucht. Dadurch lassen sich aber keine Beträge "reservieren" vom Kreditrahmen, für Automieten funktionieren diese daher z.B. nicht, auch selten für Hotelreservierungen (oder es wird erstmal der gesamte Maxbetrag vom Konto abgebucht, und später erstattet).
Zudem haben die Händler jetzt das Problem, dass jede Transaktion eine Visa/Mastercard-Transaktion ist und jede sofort durchgeführte Transaktion wieder soviel kostet (übrigens auch der Grund, warum viele Läden in D ewig keine Kreditkarten akzeptiert haben!).
Die Girocard war auch als EC-Karte bekannt, EC stand hier dann für "Electronic Cash". Der Name war an das alte Eurocheque angelehnt, war aber wie gesagt ne rein deutsche Sache, und nur durch die Kooperation der Kartenaussteller mit Visa und/oder Mastercard konnten die Karten überhaupt im Ausland genutzt werden.

Wenn man es also so will, so lief ein Großteil unseres Zahlungsflusses sowieso schon seit Jahrzehnten über nicht-regionale Banken, sondern über die großen, landesunabhängigen Kreditkarteninstitute dieser Welt.
Titel: Antw:(Bar) Geld überflüssig oder notwendig ?
Beitrag von: Jack_N am 18 Januar 2023, 13:37:49
Zum digitalen Euro, der in dem vorherigen Beitrag meines Erachtens nach vollkommen falsch dargestellt wurde (er soll da Bargeld nicht ersetzen z.B.) gibts bei Golem.de grad noch einen ganz guten Artikel, der eklärt was das Ding sein soll, was es können soll und was nicht:
https://www.golem.de/news/digitaler-euro-der-europaeische-anti-bitcoin-2301-170253.html

Ich finde angesichts des Ganzen den Namen "digitaler Euro" etwas blöd gewählt. Eigentlich ists meines Erachtens nach eine andere, eigenständige Währung, die aber werttechnisch an den Euro gekoppelt ist.