Schwarzes Hamburg

Schwarzes Hamburg => Archiv => Politik & Gesellschaft -Archiv- => Thema gestartet von: Schattenwurf am 18 September 2012, 10:10:22

Titel: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Schattenwurf am 18 September 2012, 10:10:22
Islamunterricht an Hamburger Schulen, was haltet ihr davon?

Ich halte davon wenig, bis gar nichts. Führt nur zu noch mehr Abspaltung.
Serdar Somuncu (http://www.youtube.com/watch?v=InqZ3DQ-3cs) brachte das sehr schön auf den Punkt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Black Ronin am 18 September 2012, 10:17:04
Wieso? vielleicht sollten wir alle so langsam mal Islamunterricht nehmen?  Nur, um schon vorbereitet zu sein.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 18 September 2012, 12:00:38
Religion und Staat sollten getrennt sein. Aber das erklär mal einer der CDU. ::)

Leider spielen bei der Vermengung von Staat und Religion auch noch andere Parteien mit. Eigentlich welche, die mit Religion ansonste nicht so viel am Hut haben (allen voran SPD und GAL). Unter dem Deckmäntelchen der "multikulturellen Vielfalt" leistet man da reaktionären Politikmodellen Vorschub. Halte ich für eine Fehlentwicklung.

Solange es katholischen und evangelischen Religionsunterricht an unseren Schulen gibt muss sich niemand wundern wenn andere Religionsgruppen auch mit ihrem Stuff ankommen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 18 September 2012, 13:09:01
Religionsunterricht ist insofern in Ordnung, die Werte rund um diese Religion den Kindern, bzw. Jugendlichen zu vermitteln. Da Religion ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist (man denke nur an die ganzen kirchlichen Einrichtungen, im Sozialbereich kommt man an denen ja kaum vorbei ...) ist es nur konsequent, die Schüler auf das, was dort erwartet wird, vorzubereiten.

Wogegen ich aber schon immer war und auch heute bin ist der Unsinn, dass nur jene diesen Unterricht haben, die dieser Religion angehören. Da sitzen genau die Falschen drin! Es sollten alle den Unterricht erfahren, um genau jene vielgepriesene Toleranz zu fördern, die immer gepredigt wird. Wenn jene, die dieser Religion nicht angehören, an dem Unterricht gar nicht teilnehmen dürfen und/oder brauchen, dann fördert das doch die Intoleranz zusätzlich.

Genauso sehe ich es bei einem Islamunterricht: Wenn, dann bitte für alle offen.
Ideal wäre ein kombinierter Unterricht, dass er "Religionsunterricht" heißt, ein halbes Schulhalbjahr die christliche, das andere die islamische Religion den Schülern näherbringt. Logischerweise dann auch ein Unterricht für alle.

Ich bin mir nur unschlüssig, wie lange dieser Religionsunterricht idealerweise stattfinden sollte und wann. Fünfte bis siebte Klasse? Vierte bis Siebte (also im letzten Jahr Grundschule ebenfalls)? Zwei Jahre mehr, bis zur neunten?
Dass es heutzutage bis zum Schluss Religionsunterricht gibt, finde ich jedenfalls ebenfalls nicht sinnvoll. So sehr vertiefen muss man das nicht, um die o.g. Werte vermittelt zu bekommen. Man muss weder die Bibel noch den Koran auswendig können, um die entsprechenden Werte gelernt zu haben.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: RaoulDuke am 18 September 2012, 13:15:24
Für Religionsunterricht an den Schulen bin ich genau dann, wenn er nicht dazu führt, daß man in einer Religion unterrichtet wird, in der man nicht unterrichtet werden möchte. Das bedeutet natürlich in der Umkehrung, daß man dann nur in Religionen unterrichtet werden sollte, die eben wichtig für einen sind.

Daher: Bei einer Einführung von Religionsunterricht für Satanisten und Anhänger des Flying Spaghetti Monster (FSM) bin ich total dafür.

Ein wenig problematisch erscheint mir hier allerdings eher die Rekrutierung entsprechender Lehrer: Mit der Materie vertraute Satanisten oder FSM-Anhänger ließen sich ja ggf. noch auftreiben (ist ja beides schon fast Mainstream), aber beispielsweise für Anhänger des Zoroastrismus (http://de.wikipedia.org/wiki/Zoroastrismus#Der_heutige_Zoroastrismus) könnte sich in diesem Zusammenhang ein unverzeihliches Diskriminierungsszenario entfalten.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 18 September 2012, 13:35:52
Wie wäre es mit Scientologen? Oder den Zeugenden Jehovas? Wenn schon jeder seinen Quatsch im Klassenzimmer verzapfen darf, wieso nicht auch die? ::)

Das Problem beim Religionsunterricht in der Schule ist doch folgendes: egal wie weit man den Vertretern einer Beibehaltung des Religionsunterrichts in Schulen entgegenkommt - niemand garantiert einem, dass nicht morgen oder übermorgen noch eine dümmere Religionsgemeinschaft das gleiche Recht des konfessionellen Unterrichts beansprucht, um die ihr eigene krude Weltsicht auf die Menschheit loszulassen. Wenn es gerecht zugehen soll, dann kann nur "alle oder keiner" gelten. Solange man Katholiken und Protestanten das Recht einräumt, in die Schulen und Lehrpläne hineinzuregieren, solange sollte man m.E. auch anderen Religionsgruppen diese Missionierungs- bzw. Propagandamöglichkeit einräumen.

Der Verweis darauf, dass "Religion ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist" halte ich für keinen guten Grund an einer Beibehaltung des Religionsunterrichts festzuhalten, da meiner Überzeugung nach auch dieser status quo (das nämlich so viele Krankenhäuser, Sozialdienstleistungen, Kindergärten etc. in kirchlicher Trägerschaft sind) dringend geändert werden müsste. Wichtige Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens sollte man nicht den Pfaffen in die Hände geben, sonst muss man sich nicht wundern wenn die nach ihrem eigenen Gutdünken handeln (Kindergartenplatz nur für Kinder von regelmäßigen Kirchgängern, Altenheimplatz nur für lebenslange Kirchensteuerzahler, Spenderniere nur gegen Spende für die nächste Ablassbrief-Aktion etc.).
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: RaoulDuke am 18 September 2012, 13:45:08
Religionsunterricht ist insofern in Ordnung, die Werte rund um diese Religion den Kindern, bzw. Jugendlichen zu vermitteln. Da Religion ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist (man denke nur an die ganzen kirchlichen Einrichtungen, im Sozialbereich kommt man an denen ja kaum vorbei ...) ist es nur konsequent, die Schüler auf das, was dort erwartet wird, vorzubereiten.

Wogegen ich aber schon immer war und auch heute bin ist der Unsinn, dass nur jene diesen Unterricht haben, die dieser Religion angehören. Da sitzen genau die Falschen drin! Es sollten alle den Unterricht erfahren, um genau jene vielgepriesene Toleranz zu fördern, die immer gepredigt wird. Wenn jene, die dieser Religion nicht angehören, an dem Unterricht gar nicht teilnehmen dürfen und/oder brauchen, dann fördert das doch die Intoleranz zusätzlich.

Genauso sehe ich es bei einem Islamunterricht: Wenn, dann bitte für alle offen.
Ideal wäre ein kombinierter Unterricht, dass er "Religionsunterricht" heißt, ein halbes Schulhalbjahr die christliche, das andere die islamische Religion den Schülern näherbringt. Logischerweise dann auch ein Unterricht für alle.

Meinem zuvor geposteten bissig-humoristischen Beitrag zum Trotz halte ich das auch für einen interessanten Ansatz.

Es scheint an der Frage zu hängen, was Religionsunterricht leisten soll: Einen Beitrag zur Allgemeinbildung und zur Erziehung zur Toleranz leisten? Dann scheint Dein Ansatz der Richtige zu sein.

Über das richtige Praktizieren und Ausüben einer Religion informieren? Dann ist es ja nur für diejenigen interessant, die das auch tun wollen, für den Rest kann es missionarischen Charakter annehmen.

In meiner Schule (ja, lange her und damit eigentlich nicht mehr als Referenz zu verwenden) gab es Religionsunterricht in der zweitgenannten Fassung, oder wahlweise Philosophie, die auch eine eher wissenschaftliche orientierte Beschäftigung mit dem Phänomen Religion und seinen vielfältigen Ausprägungen enthielt. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der Geschichte der nicht religiös geprägten Philosophie (wobei natürlich beides so strikt nicht voneinander zu trennen war).

Trotz oder vielleicht gerade wegen Interesses an Kenntnis der Geschichte der europäischen Religionen zögerte ich keine Sekunde, Philosophie zu wählen.

Vielleicht bestünde eine Lösung darin, einen allgemeinen säkular geprägten Unterricht über die verschiedenen Religionen anzubieten, der für keine Ausprägung Partei ergreift und nur die Geschichte und die Ideenwelt erläutert. Ich fürchte aber, dies könnte aufgrund der Kompromißlosigkeit vieler religiösen Menschen zu einem schwierigen Unterfangen werden. Viele überzeugte Anhänger von Religionen, und damit meine gar keine bestimme, halten die alternative Ideen für so falsch, daß sie unbedingt dagegen Partei ergreifen müssen. Dies ist ganz zu gut erkennen an manchen Christen, die die Lehren der Evolution ablehnen und aus dem Schulstoff entfernt haben wollen...

Und würde man nicht wollen, daß die Kinder, die man in diesen Unterricht schickt, auch seelisch und physisch heil wieder rauskommen?
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Schattenwurf am 18 September 2012, 13:52:54
Man muss aber einräumen das in Deutschland niemand zum Religionsunterricht gezwungen wird.
Art. 7 GG (2) (http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_7.html) ...
das Recht nutzen nur Wenige ... ich persönlich würde mein Kind niemals so etwas aussetzen.

Wenn es um das Vermitteln von Werten geht sind Religionsgemeinschaften, egal welche,
der so ziemlich letzte Anlaufpunkt.
Ein vermittelter Wert, hat ja nur dann einen wert, wenn man ihn auch lebt.

"Papa, Mama, warum lügen Politiker so viel? Die haben doch christliche Werte."
"Papa, Mama, was ist sexueller Missbrauch? Und warum machen manche Priester das?"
"Papa, Mama, warum bringt der Onkel aus der Kirche sein Geld in die Schweiz?"
usw. usw.

Da vermittelt ich doch lieber Menschenrechte ... da hat die Welt mehr Nutzen von.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: RaoulDuke am 18 September 2012, 14:27:56
Man muss aber einräumen das in Deutschland niemand zum Religionsunterricht gezwungen wird.
Art. 7 GG (2) (http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_7.html) ...
das Recht nutzen nur Wenige ... ich persönlich würde mein Kind niemals so etwas aussetzen.

Wenn es um das Vermitteln von Werten geht sind Religionsgemeinschaften, egal welche,
der so ziemlich letzte Anlaufpunkt.
Ein vermittelter Wert, hat ja nur dann einen wert, wenn man ihn auch lebt.

Hut ab - und vielen Dank für den Link. Schade, daß das erst ab der Schulzeit gilt.

Ich habe ein Kind in einem christlichen Kindergarten, und wenn man sich aus voller Überlegung und Überzeugung heraus nicht als Christ bezeichnet, kann das schwierig werden. Sie erzählen ihm dort viel von Gott, beispielsweise, daß man Gott zu danken habe vor dem Essen. Auf meine Antwort, das wir das Zuhause nicht tun, weil wir niemandem für das Essen danken müssen, das wir uns selbst erarbeitet haben, reagiert er zunehmend mit Fragen, weil er nicht versteht, warum ich das so anders handhabe als es seine Erzieher tun...

Finde ich ehrlich gesagt schlimm, daß die Seelenfänger da draußen schon so hinter den Kleinen her sind. Aber in der Schulzeit ist dann Schluß damit...
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 18 September 2012, 14:40:41
Ich habe ein Kind in einem christlichen Kindergarten, und wenn man sich aus voller Überlegung und Überzeugung heraus nicht als Christ bezeichnet, kann das schwierig werden. Sie erzählen ihm dort viel von Gott, beispielsweise, daß man Gott zu danken habe vor dem Essen. Auf meine Antwort, das wir das Zuhause nicht tun, weil wir niemandem für das Essen danken müssen, das wir uns selbst erarbeitet haben, reagiert er zunehmend mit Fragen, weil er nicht versteht, warum ich das so anders handhabe als es seine Erzieher tun...
Hm, naja. Deine Aussage ist dabei nicht wahrer als die des Erziehers. Denn auch wenn Du für Dein Essen arbeitest, kann man schon sagen dass Du auch ziemlich Glück hast dabei. Du bist in einem Land geboren in dem es im Grunde alle Überlebenswichtige für alle gibt und niemand verhungern muss (hast Du Dir nicht selbst erarbeitet), Du hast eine Ausbildung erhalten (weil es hier anders als anderswo ein Bildungssystem gibt, auch das ohne Dein Zutun), bist gesund und arbeitsfähig (glücklicher Zufall, ist auch nicht jeder) und hast nen Job gefunden (geht auch nicht jedem so). Insofern kann man da schon - so man derart veranlagt ist - einer "höheren Macht" oder dem Schicksal oder wasweißich dankbar sein. Muss man natürlich nicht.

Aber die Logik "nur ich alleine bin Herr meines Schicksals" ist m.E. auch sehr verkürzend und für meinen Geschmack ähnlich ideologisch beeinflussend wie der Glaube an eine Gottheit. Zudem schwingt in Deiner "ich habe es mir selbst erarbeitet"-Erzählung auch noch eine irgendwie sozialdarwinistische Note mit, die Du sicher nicht so meinst, aber bei mir ein wenig die Alarmglocken klingeln lassen. Daher musste ich hier gerade mal was zu sagen. ;)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Black Ronin am 18 September 2012, 14:57:06

beispielsweise für Anhänger des Zoroastrismus (http://de.wikipedia.org/wiki/Zoroastrismus#Der_heutige_Zoroastrismus) könnte sich in diesem Zusammenhang ein unverzeihliches Diskriminierungsszenario entfalten.
[/quote]

Freddie mercury hätts vielleicht gekonnt. Aber der ist ja tot!
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Black Ronin am 18 September 2012, 15:13:56
Religionsunterricht ( in Deutschland) dient dazu Kindern den christlichen Glauben näherzubringen, Werte anhand von Fallbeispielen zu vermitteln und im günstigsten Fall, der Kirche auch in Zukunft die Steuereinnahmen zu sichern.

Toleranz wird dort nicht gelehrt. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, das Islam, Buddhismus oder ähnliches Erwähnung fanden. Zum Glück auch nicht im Negativen!
Indoktrienierenden, einseitig auf eine Religion ausgerichteten Religionsunterricht sollte es in der Schule  meiner Meinung nach nicht mehr geben. Was die Menschen privaten Rahmen organisieren ist dabei eine andere Sache.

Wenn Religionsunterricht, dann mit einer aufklärerischen Zielsetzung: Vergleichende, sachliche Darstellung aller relevanten Religionen ohne ideoligische Färbung  und zwar verpflichtend für ALLE Schüler.

Bleibt nur die Frage, was man mit fanatisch religiösen Eltern macht, die nicht wollen, das ihre Kinder da mitmachen ?

Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 18 September 2012, 16:26:32
Zitat
Toleranz wird dort nicht gelehrt.

Das hängt stark, wirklich stark, vom Religionslehrer ab.
Aber das tut es immer. Auch im Deutschunterricht kann man sehr, sehr ideologisch vereinnahmt werden, wenn es der Lehrer will. Die Lehrpläne geben das problemlos her.

Darum ja auch mein Gedanke, die wichtigsten Religionen im Religionsunterricht insgesamt unterzubringen und jede ihren Anteil haben zu lassen. Dann wird's schon schwieriger, Intoleranz gegenüber anderen Religionen oder dem Weltlichen zu predigen, weiß doch der Lehrer, dass die Schüler anschließend noch etwas zur anderen Religion erfahren.
Schwierig natürlich, wenn dann alle Lehrer versuchen ihre Schüler auf ihre Seite zu ziehen. ;)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 18 September 2012, 16:32:26
Toleranz wird dort nicht gelehrt. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, das Islam, Buddhismus oder ähnliches Erwähnung fanden.
Ist zwar schon Jahrzehnte her, aber natürlich wurden bei uns im Religionsunterricht auch andere Religionen und deren Grundsätze vorgestellt und näher gebracht. Insbesondere an den Islam und den Hindhuismus kann ich mich noch recht deutlich erinnern.
Und damals™ hatte der Islam noch nicht die weltpolitische Bedeutung wie heute, da war das große Feindbild noch die Sowjetunion mit angehängtem Ostblock.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Black Ronin am 18 September 2012, 17:23:17
Ja, das war auch zu meinner Schulzeit. Aber von anderen Religionen hatten wir nichts zu hören bekommen. Anderes Bundesland?
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: nightnurse am 18 September 2012, 19:40:12
Andere Schule.
Ich war im gleichen Bundesland wie Du auf der Schule, Ronin, und bei uns war Religionsunterricht so, wie Eisbär beschreibt, jedenfalls in der Oberstufe. An den Inhalt in den unteren Klassen kann ich mich nicht erinnern.

On Topic - eigentlich fänd ich rundum säkulären Unterricht ja sehr gut. Wie colourize schon erwähnte: Trennung von Religion und Staat wäre schön.
Wenn schon Religionsunterricht...tja, welcher Strömung sollte man dann mit welcher Begründung eigene Unterrichtseinheiten verweigern, solange der Unterricht konfessionell überschrieben ist? (Das war er bei uns auf jeden Fall, wer katholisch war, brauchte in den angebotenen "evangelischen" Religionsunterricht auch vor dem Angebot des Faches Philosophie nicht zu gehen)
Wenn´s unbedingt sein soll, fände ich dann einen generell überkonfessionellen (und unkonfessionellen) religionsinformierenden Unterricht noch am angebrachtesten.
Religionsunterricht nur in einer (aus welchem Grund auch immer) präferierten Religion - eher nicht; wenn man sich für eine interessiert, gibt es bestimmt genug Menschen, die sich drum reissen, einem die Basics beizubringen. Im Gegenteil, grade über die Religionen, von denen man nichts wissen will, benötigt man vielleicht mehr Wissen...?
(Natürlich bekäme man dann wieder Schwierigkeiten mit Eltern, die sowas aus konfessionellen Gründen ablehnen und damit wären wir wieder am Anfang.)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 19 September 2012, 00:24:59
Zitat
Wenn´s unbedingt sein soll, fände ich dann einen generell überkonfessionellen (und unkonfessionellen) religionsinformierenden Unterricht noch am angebrachtesten.
Religionsunterricht nur in einer (aus welchem Grund auch immer) präferierten Religion - eher nicht; wenn man sich für eine interessiert, gibt es bestimmt genug Menschen, die sich drum reissen, einem die Basics beizubringen. Im Gegenteil, grade über die Religionen, von denen man nichts wissen will, benötigt man vielleicht mehr Wissen...?

Ganz meine Meinung.  ;D

Meine Meinung dazu ist: Religionsunterricht ist nicht dazu da um jemanden zu bekehren, sondern denjenigen darüber zu informieren, was die Werte dieser Religion sind. Mehr nicht! Auch nicht weniger, aber keinesfalls mehr.
Wenn wir da hinkämen, dass die Lehrpläne so gestrickt sind dass jede wichtige (ich nehme jetzt Scientology und Zeugen Jehovas jetzt einfach mal als Nicht-Religion an  8) ) Religion vorgestellt wird, dann wäre wirklich viel gewonnen.

Denn, soviel man allerorten über den Islam schimpfen mag: Das, was die Extremvertreter davon behaupten, das steht in dem Koran nämlich gar nicht drin! Diese damit aber damit zu konfrotieren, dazu muss man den Koran zumindest mal in seinen Grundzügen kennen gelernt haben.

Extremismus bekämpft man immer noch, auch heute, durch Information. Oder, wenn man es globaler bezeichnen möchte: Durch Bildung.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 19 September 2012, 00:42:13
Hm. Also ich plädiere eher für mehr politische Bildung. Ich glaube das wäre wichtiger als über Religionen zu informieren.

Ich denke, dass unsere Welt insgesamt eine bessere wäre, wenn wir Religion nicht so irre wichtig nehmen würden. Und wir in Deutschland könnten da mal mit gutem Beispiel vorangehen. Stattdessen wird aber Religion überall viel zu wichtig genommen. Aktuellstes Beispiel: Unsere Politiker jedweder Coleur werden nicht müde zu betonen, wie schändlich und verurteilenswert dieser böseböse Schmähfilm über Mohammed ist. Einige wollen ja sogar Verbote erlassen um zu unterbinden dass irgendwelche anderen Spackomaten diese Billigstproduktion öffentlich vorführen. Durch solche Verbotsforderungen seitens unserer Politiker wird die inzenierte Empörung von ein paar hundert religiösen Fundamentalisten in anderen Staaten legitimiert - und damit Religion ein Vorrecht vor dem Recht auf freie Rede eingeräumt. Und das nicht nur in Ländern Iran oder Sudan, sondern ganz konkret hier bei uns in Deutschland. Was soll das?
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: RaoulDuke am 19 September 2012, 07:10:10
Einige wollen ja sogar Verbote erlassen um zu unterbinden dass irgendwelche anderen Spackomaten diese Billigstproduktion öffentlich vorführen. Durch solche Verbotsforderungen seitens unserer Politiker wird die inzenierte Empörung von ein paar hundert religiösen Fundamentalisten in anderen Staaten legitimiert - und damit Religion ein Vorrecht vor dem Recht auf freie Rede eingeräumt. Und das nicht nur in Ländern Iran oder Sudan, sondern ganz konkret hier bei uns in Deutschland. Was soll das?

Und hier der erste Gesetzentwurf der CSU zu dem Thema:

http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/nach-schmaehvideo-csu-politiker-will-jegliche-religionsbeschimpfung-bestrafen/7151066.html

Danach soll jede öffentliche Beschimpfung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses unter Strafe gestellt werden.

Wie colourize schon schrieb: Endlich wird mal dieses lästige Recht auf freie Rede einschränkt. Endlich nie wieder schimpfen dürfen über Neonazis, dieses strändige Hänseln der Kirche wegen der ganzen pädophilen Priester hätte ein Ende, und so weiter und so fort! Warum soll man sich nicht auch ein bischen an dem orientieren dürfen, was die Scharia längst vorschreibt?

Mich lässt das Grinsen übrigens nicht los, mit welchen interessanten und total absurden weltanschaulichen Bekenntnissen ich nach Einführung eines solchen Gesetzes permanent die Welt beglücken würde. Da ich mit Sicherheit nicht der Einzige wäre, würde eine Klarstellung, dass sich dieses Gesetz nur auf "traditionelle, in unserer Kultur verwurzelte Werte" oder so ähnlich bezieht, dringend angeraten. *grusel*
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Schattenwurf am 19 September 2012, 07:52:33
Was soll das?
Das ist die Frage ...
Zitat
Und hier der erste Gesetzentwurf der CSU zu dem Thema:

http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/nach-schmaehvideo-csu-politiker-will-jegliche-religionsbeschimpfung-bestrafen/7151066.html

Danach soll jede öffentliche Beschimpfung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses unter Strafe gestellt werden.
und dies wohl die Antwort.

Das Gesetz haben die Konservativen übrigens schon länger in der Schublade.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kaffeebohne am 19 September 2012, 08:32:56
Ideal wäre ein kombinierter Unterricht, dass er "Religionsunterricht" heißt, ein halbes Schulhalbjahr die christliche, das andere die islamische Religion den Schülern näherbringt. Logischerweise dann auch ein Unterricht für alle.
Dem stimme ich zu. Meiner Meinung nach fördert man Toleranz (und Verständnis) dann, wenn man Wissen vermittelt. Also nicht den Kindern erzählt, wie toll die eigene Religion ist, sondern einfach mal so wertfrei wie möglich vermittelt, worum es denn den einzelnen Religionen geht. Die Kinder können sich dann selbst ihr Bild machen und entscheiden, ob Religion einen Platz in ihrem Leben haben soll oder nicht.


Wie wäre es mit Scientologen? Oder den Zeugenden Jehovas?
Im Grunde sollte man dann auch deren Ideologie den Kindern erklären. Scientology bezeichnet sich selbst als "Kirche", von daher tut man den Kindern vielleicht mit Aufklärung, was eine Sekte denn wirklich ist, den größten Gefallen...


Ob an meinem Gymnasium in der Oberstufe andere Religionen thematisiert wurden, kann ich nicht sagen. Ich hatte mich für Philosophie entschieden. In der Grundschule möglicherweise ganz grob, aber ich erinnere mich nicht mehr dran.


Also ich plädiere eher für mehr politische Bildung.
Definitiv! Politische Bildung wurde an meiner Schule nicht vermittelt. Von einigen Lehrern während des Geschichtsunterrichts im Rahmen einer "aktuellen Stunde". Eigentlich war es nur EIN Lehrer, und den hatte ich nur ein Jahr lang im Unterricht. Von daher habe ich da leider sehr wenig mitbekommen, was ich echt schade finde. Vor allem angesichts des ganzen anderen Zeugs, was ich für mein Leben wirklich überhaupt nicht brauche... Besser über Politik Bescheid zu wissen finde ich für jeden, der wählen kann, wichtig.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Schattenwurf am 19 September 2012, 10:17:50
Zitat
Im Grunde sollte man dann auch deren Ideologie den Kindern erklären. Scientology bezeichnet sich selbst als "Kirche", von daher tut man den Kindern vielleicht mit Aufklärung, was eine Sekte denn wirklich ist, den größten Gefallen...
Das ist auch einer der Knackpunkte ...
was eine Religion und was eine Sekte ist ist eine Frage des Standpunktes ...
(ui ... wieder mal mein Lieblingsthema =) )

Ich, als "Gläubiger" der Aufklärung, halte zb. jede Form von Religionsgemeinschaft für eine Sekte.

Als Beispiel zb. die Katholiken ...
man wirft Sekten vor sich aus u.a. wirtschaftlichen Gründen als Religionsgemeinschaft zu bezeichnen.
Der Punkt ist bei den Katholiken ja wohl mehr als übererfüllt ...
Kirchensteuer ... Vatikanbank .... die ganzen geraubten Ländereien ... Verbindungen zur Mafia ... usw. usw.

Man wirft Sekten auch gerne vor die individuellen Freiheitsrechte einzuschränken.
Schon mal versucht, als Atheist, in einem katholischen Altenheim einen Job zu bekommen?
Oder dort einen Job zu haben und sich Scheiden zu lassen?
Auch hier ist der "Tatbestand" des Sektierertums mehr als erfüllt.

Ergo ... die katholische Kirche ist eine Sekte ...
aus aufgeklärter Sicht.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: CubistVowel am 19 September 2012, 12:16:09
Daher: Bei einer Einführung von Religionsunterricht für Satanisten und Anhänger des Flying Spaghetti Monster (FSM) bin ich total dafür.
Vergiss gefälligst nicht die Jedi-Ritter! ^^

Mir erscheint dieser Vertrag sowie das Verhalten der Politik angesichts der Krawalle (ob nun wegen irgendwelcher Karikaturen oder diesmal eben wegen eines Films) nicht nur gesellschaftlich bedenklich, sondern schlicht anbiedernd und arschkriecherisch. Oder sagen wir es mal netter: beschwichtigend. Offensichtlich saust denen ganz schön die Muffe angesichts der potentiellen Terrorgefahr. Einerseits. Andererseits kann man sie wunderbar benutzen als Rechtfertigung für immer neue Beschneidungen der Demokratrie und der Grundrechte in den westlichen Ländern.

Sorry für dieses emotionale Statement. Aber jedesmal, wenn sich irgendwelche Religionsvertreter (seien es nun Christen, Juden oder Muslime) in die Politik einmischen, betrachte ich das als persönlichen Affront...
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 27 Dezember 2012, 21:42:18
Ich kenne den Islam von innen.
Bin früher auch oft in die Moschee gegangen.
Daher weiss ich um die Gefahren, die von dieser Ideologie ausgehen,
aber auch, dass die islamischen Gemeinden nicht den Einfluss besitzen,
die ihnen von manch einem Verschwörungstheoretiker zugesprochen werden.
Es mangelt oft an strategischer Kompetenz, genau so wie bei anderen radikalen Bewegungen heutzutage.
Aber ich halte den Anspruch des Islam z.B. beim Thema Religionsunterricht für demokratisch legitim, aufgrund einer gewissen Schnittmenge der Schüler. Der Grund warum man dann nicht auch einen Unterricht für Jedi, Pastafari und Satanisten einführt ist einfach auf den Punkt gebracht. Es gibt nicht genug Anhänger unter den Schülern, um einen eigenen Kurs einzurichten. Gäbe es eine entsprechende Schnittmenge von Anhängern anderer Strömungen, würde ich mich auch für deren Unterrichtung aussprechen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 27 Dezember 2012, 22:00:25
Der Grund warum man dann nicht auch einen Unterricht für Jedi, Pastafari und Satanisten einführt ist einfach auf den Punkt gebracht. Es gibt nicht genug Anhänger unter den Schülern, um einen eigenen Kurs einzurichten. Gäbe es eine entsprechende Schnittmenge von Anhängern anderer Strömungen, würde ich mich auch für deren Unterrichtung aussprechen.
Gutes Argument. Ich fordere hiermit die Unterrichtsfächer "Heavy-Metalkunde", "Hip Hop Culture" und "Smartphonewissenschaften".
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 27 Dezember 2012, 22:25:37
Gutes Argument. Ich fordere hiermit die Unterrichtsfächer "Heavy-Metalkunde", "Hip Hop Culture" und "Smartphonewissenschaften".
Im Grunde unterstütze ich diese Idee. :)
Was diese Art des Unterrichts nur überflüssig macht ist, dass die Praktizierenden aufgrund ihrer Interessen schon meist über ein ausreichendes, wenn nicht über jede Lehrtätigkeit erhabenes Wissen verfügen.
Grade dies ist im Bereich Religion nicht der Fall. Wie viele bekennende Muslime und Christen habe ich getroffen, die einen Scheiss über den Inhalt ihrer heiligen Schriften wussten, im Gegensatz zu mir. (*arrogant)
Die Religionszugehörigkeit hat in der Praxis oft mehr mit Identität als mit Glaubensüberzeugungen zu tun.
Deshalb befürworte ich Nachhilfe, um die Jungens und Mädels mal darüber aufzuklären, zu was sie sich da eigentlich bekennen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 27 Dezember 2012, 22:37:21
Gutes Argument. Ich fordere hiermit die Unterrichtsfächer "Heavy-Metalkunde", "Hip Hop Culture" und "Smartphonewissenschaften".
Im Grunde unterstütze ich diese Idee. :)
Was diese Art des Unterrichts nur überflüssig macht ist, dass die Praktizierenden aufgrund ihrer Interessen schon meist über ein ausreichendes, wenn nicht über jede Lehrtätigkeit erhabenes Wissen verfügen.
Grade dies ist im Bereich Religion nicht der Fall. Wie viele bekennende Muslime und Christen habe ich getroffen, die einen Scheiss über den Inhalt ihrer heiligen Schriften wussten, im Gegensatz zu mir. (*arrogant)
Die Religionszugehörigkeit hat in der Praxis oft mehr mit Identität als mit Glaubensüberzeugungen zu tun.
Deshalb befürworte ich Nachhilfe, um die Jungens und Mädels mal darüber aufzuklären, zu was sie sich da eigentlich bekennen.
Ich hingegen bin überzeugt, dass die Welt besser wird durch WENIGER "von oben" gepredigte Religion, nicht durch mehr. Ob diejenigen Autoritäten, die die Inhalte von Religion vermitteln, Pfaffen, Imame oder Religionslehrer in Schulen (die btw. auch von den sakralen Autoritäten als solche berufen werden) sind, ist dabei unwichtig. Ich bin der Überzeugung: auf dem Weg zum Salam/Frieden/Schalom helfen die Religionsvermittler kein Stück weiter.

Btw. hilft Dein angelesenes Wissen um die Inhalte der Schriften hilft auch nicht bei der Argumentation gegen Fanatiker, da die Deutungshoheit / Exegese immer noch bei den Spezialisten liegt. Und das sind nun mal die Bischöfe, Rabbiner, Schamanen oder Ajatollahs. Und die predigen nun mal, bei allem pro forma Gelaber von interreligiöser Toleranz, letztlich nichts anderes als Ethnozentrismus.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 27 Dezember 2012, 22:44:52
Der Grund warum man dann nicht auch einen Unterricht für Jedi, Pastafari und Satanisten einführt ist einfach auf den Punkt gebracht. Es gibt nicht genug Anhänger unter den Schülern, um einen eigenen Kurs einzurichten. Gäbe es eine entsprechende Schnittmenge von Anhängern anderer Strömungen, würde ich mich auch für deren Unterrichtung aussprechen.
Gutes Argument. Ich fordere hiermit die Unterrichtsfächer "Heavy-Metalkunde", "Hip Hop Culture" und "Smartphonewissenschaften".

Du, in gewisser Hinsicht wäre das gar nicht mal schlecht!
Wieso wird im Musikunterrricht eigentlich immer nur Klassik und so n Kram vermittelt?
Ein Musiklehrer meiner alten Schule ging da neue Wege und ließ einfach mal in einer Stunde pro Woche Schüler einen Vortrag über ihre bevorzugte Musikrichtung halten, mit der Auflage dass sie eine kleine Auswahl an Snippets abspielen und sie auch ein wenig die Hintergründe dieser Musikrichtung erzählen. Das klappte wunderbar, da gab es so einige die meinten "oh, und ich dachte Heavy Metal ist immer nur Krach, dass es da so viel verschiedenes Zeug gibt wusste ich gar nicht ..."
(Ist heute bestimmt schon "dank" GEMA allerdings wohl sowas von illegal ...  8) )

So Zeug wie "Smartphonewissenschaften" gehört für alleine schon in Hinblick auf die Verschuldung vieler Jugendlicher in den Lehrplan. Lässt sich problemlos in den Deutschunterricht einbauen im Rahmen daraufhin inwiefern sich die deutsche Sprache in SMS und Chats verändert.

Die Schule hat schließlich u.a. auch als Ziel, die Kleinen auf Gefahren hinzuweisen und auch Inhalte kennenzulernen die ihnen hilft, die Welt besser zu verstehen. Da stehen für mich fremde Religionen genauso weit oben wie fremde Kulturen und die eigene Kultur.

Eine Schule an der es Türkischunterricht gibt, weil dort viele Türken sind, ist nicht etwa eine Bevorzugung der Türken, keineswegs! Es hilft den Deutschen dort, von den Türken nicht ausgegrenzt zu werden. Denn wer die Sprache des anderen versteht, ist nicht mehr so leicht ausgrenzbar.
Das gilt genauso für fremde Religionen. Wenn der Christ auf einmal den Koran dank des Religionsunterrichtes genauso gut oder gar besser kennt als der gleichaltrige Muslim, dann fällt viel Konfliktpotenzial zwischen den Religionen weg.

Das alles macht aber, wie Mishima schon schrieb, nur dann einen Sinn, wenn an der besagten Schule und/oder im Umfeld auch viele Anhänger der "fremden" Seite vorhanden ist. Einen Intensivunterricht in Buddhismus zu geben wäre beispielsweise verschenkte Zeit wenn im gesamten Landkreis kein einziger Buddhist wohnt ;)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 27 Dezember 2012, 22:48:49
Messie, mag ja sein dass das alles wichtig ist. Geht aber an dem Kern meines Argumentes vorbei. Ich finde nicht, dass man alles das zum Unterrichtsthema machen muss, wozu sich eine nennenswerte Zahl von Schülern bekennen könnte. Hinter Bildungsinhalten stehen Bildungsideale. Die Grundfrage ist: Welche Inhalte sind für das Funktionieren der Gesellschaft nützlich?
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 27 Dezember 2012, 22:56:08
Zitat
Ich bin der Überzeugung: auf dem Weg zum Salam/Frieden/Schalom helfen die Religionsvermittler kein Stück weiter.

Oh, ich denke schon.
Weil es schwieriger für die "Deutungshohen" wird, die anderen als Ungläubige ins Abseits zu stellen, wenn diese doch die Eckpfeiler der eigenen Religion, gar Wesentliches, kennen! Das lässt Lernende schnell mal zweifeln, wenn sie ihren Mitschüler doch biddesehr verteufeln sollen, obwohl der die Grundideen des Koran kennt und ja vielleicht sogar toll findet. (Nein, Sich-in-die-Luft-sprengen als tolle Idee steht dort nicht drin. ;) )

Aufklärung und Transparenz ist der größte Feind des Fanatikers. Für beides sorgt ein multikultureller Religionsunterricht.

Achja, klar habe ich kapiert was du vorhin meintest "wenn das wichtig sein soll, warum nicht andere Sachen die für viel mehr Menschen wichtig sind?" Ist aber kein Argument, weil es drum geht den Kleinen beizubringen wie diese Welt tickt und warum, weniger ob es für sie persönlich relevant ist. Fremde Religionen zu kennen ist genauso wertvoll wie Mathematik (selbst wenn derjenige als Dolmetscher Mathe niemals brauchen wird) oder Englisch (selbst wenn derjenige niemals im Ausland Urlaub machen sollte): Da die Konfrontation mit Andersgläubigen heutzutage jederzeit passieren kann, bereitet es denjenigen auf diese vor im Falle des Falles und nimmt somit sofort Konfliktpotenzial raus.
Es gibt kaum ein Feld wie jenes der Religionen, in dem man mögliche Konflikte so einfach plattmachen kann.

Zitat
Die Grundfrage ist: Welche Inhalte sind für das Funktionieren der Gesellschaft nützlich?

Jene die die Menschen selbstständig genug macht und Konflikte vermeiden helfen, kombiniert mit dem Vermitteln eigener und fremder kultureller Inhalte.
Die eigenen um verstehen zu helfen warum z.B. die eigenen Eltern sich so verhalten wie sie es tun, die fremden, um zu verstehen warum sich z.B. die Nachbarn so verhalten wie sie es tun.
Wer sein Gegenüber besser kennt, dem gelingt es nicht mehr so leicht, ihn zu verachten. Man verachtet schneller das, was man selbst nicht versteht und/oder kennt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 27 Dezember 2012, 23:07:50
Schön gesprochen, messie! :)
Ich glaube ein Türkischunterricht hätte mich meiner Zeit noch mehr gereizt als ein Islamunterricht, den man immer und überall in Anspruch nehmen kann.
Frage mich jetzt ernsthaft, warum Türkisch noch nicht als Zweitsprache an deutschen Schulen angeboten wird?!
Ich kenne viele Freunde, die das begrüßen würden, selbst Deutschnationale.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 27 Dezember 2012, 23:22:51
Schön gesprochen, messie! :)
Ich glaube ein Türkischunterricht hätte mich meiner Zeit noch mehr gereizt als ein Islamunterricht, den man immer und überall in Anspruch nehmen kann.
Frage mich jetzt ernsthaft, warum Türkisch noch nicht als Zweitsprache an deutschen Schulen angeboten wird?!
Ich kenne viele Freunde, die das begrüßen würden, selbst Deutschnationale.
Weil türkisch bei uns die Sprache der Benachteiligten ist. Es ist die Sprache derer, die wir hier nicht teilhaben lassen, die wir ausgrenzen.
Es bringt nichts, diese Sprache zu schulen, weil man sie nicht für eine Karriere braucht.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 27 Dezember 2012, 23:29:10
Da hast du leider Recht!
Da sieht man mal wir stark unser Schulsystem von wirtschaftlichen Interessen beeinflusst ist.
Sozial- und gesellschaftspolitisch wäre es aber sehr wohl von Interesse.
Und dieser Faktor wirkt sich auch auf die Wirtschaft aus, auch wenn das noch keiner erkennt.
Aber im Endeffekt zählen nur die konkreten Umsetze, so traurig es ist.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 27 Dezember 2012, 23:37:54
Schön gesprochen, messie! :)
Ich glaube ein Türkischunterricht hätte mich meiner Zeit noch mehr gereizt als ein Islamunterricht, den man immer und überall in Anspruch nehmen kann.
Frage mich jetzt ernsthaft, warum Türkisch noch nicht als Zweitsprache an deutschen Schulen angeboten wird?!
Ich kenne viele Freunde, die das begrüßen würden, selbst Deutschnationale.
Weil türkisch bei uns die Sprache der Benachteiligten ist. Es ist die Sprache derer, die wir hier nicht teilhaben lassen, die wir ausgrenzen.
Es bringt nichts, diese Sprache zu schulen, weil man sie nicht für eine Karriere braucht.

Das ist die Denke der aktuellen Kultusminister, ich hoffe dann aber doch, dass es nicht wirklich deine ist ... ;)

Der _eigentliche_ Sinn einer Schule ist, die Welt verstehen zu lernen, beruflich wie privat. Dazu gehört auch zwangsläufig ein Verständnis für Inhalte fremder Kulturen, weil unsere Welt nun einmal multikulturell ist. In Großstädten jedenfalls kommst du an anderen Kulturen kaum bis gar nicht vorbei, also ist es m.E. Pflicht einer hiesigen Schule, die Kinder/Jugendlichen auf jene vorzubereiten, um im Ernstfall angemessen damit umgehen zu können.

Dass die Politiker von heute die Schule respektive Universität nur noch als "Ort, der auf eine Karriere vorbereiten soll, möglichst ohne sozialen Bezug"  begreifen, das ist leider eine Realität, die ich persönlich sehr traurig finde und überdies auch ziemlich unverschämt. Denn Menschen führen kann nur angemessen wer die Menschen kennt, und das klappt nun einmal nicht ohne Unterricht, der über den Tellerrand guckt. Es sei denn natürlich, man möchte damit weitermachen, Nullempathen wie Herrn Rösler hochzuzüchten und lieber sozialen Unfrieden schüren, anstatt Toleranz wachsen zu lassen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 28 Dezember 2012, 11:31:38
Schön gesprochen, messie! :)
Ich glaube ein Türkischunterricht hätte mich meiner Zeit noch mehr gereizt als ein Islamunterricht, den man immer und überall in Anspruch nehmen kann.
Frage mich jetzt ernsthaft, warum Türkisch noch nicht als Zweitsprache an deutschen Schulen angeboten wird?!
Ich kenne viele Freunde, die das begrüßen würden, selbst Deutschnationale.
Weil türkisch bei uns die Sprache der Benachteiligten ist. Es ist die Sprache derer, die wir hier nicht teilhaben lassen, die wir ausgrenzen.
Es bringt nichts, diese Sprache zu schulen, weil man sie nicht für eine Karriere braucht.

Das ist die Denke der aktuellen Kultusminister, ich hoffe dann aber doch, dass es nicht wirklich deine ist ... ;)
Doch, das ist meine Diagnose unserer Gesellschaft in Deutschland (in anderen Ländern ist das allerdings auch nicht anders, z.B. ist Arabisch in Frankreich auch nicht Gegenstand der Sprachausbildung in Schulen). Die KMK würde hingegen obige Feststellung niemals unterstützen.

Btw. sage ich nicht, dass es so sein *sollte*, sondern dass es so *ist*.

Der _eigentliche_ Sinn einer Schule ist, die Welt verstehen zu lernen, beruflich wie privat. Dazu gehört auch zwangsläufig ein Verständnis für Inhalte fremder Kulturen, weil unsere Welt nun einmal multikulturell ist. In Großstädten jedenfalls kommst du an anderen Kulturen kaum bis gar nicht vorbei, also ist es m.E. Pflicht einer hiesigen Schule, die Kinder/Jugendlichen auf jene vorzubereiten, um im Ernstfall angemessen damit umgehen zu können.
Die Lehrpläne sind schon jetzt rappelvoll, Schüler wie Lehrer klagen darüber dass sie nicht genügend Zeit haben den Stoff wirklich eingehend zu behandeln. Wenn man also zusätzlich zum christlichen Religionsunterricht die Berücksichtigung von Islamischer Religionskunde, Türkisch, Hiphopkunde, Heavy-Metalwissenschaften, Smartphonekompetenz und meinetwegen Bierdeckelkunde im Curriculum fordert, muss man auch sagen was dafür denn wegfallen soll.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 28 Dezember 2012, 11:50:38
Zitat
Btw. sage ich nicht, dass es so sein *sollte*, sondern dass es so *ist*.

Exakt.
Ich hingegen rede vom "sein sollte". Wer Fremdenhass abschaffen will, der sorgt dafür, dass sich die einander so Fremden auf einmal nicht mehr so fremd sind. Am besten funktioniert dies, indem man schon früh damit beginnt, das angeblich so Fremde bekannt zu machen.
Gerade im Bezug auf die Religionen hilft es auch, Gläubige von Fanatikern zu unterscheiden. Dann kanalisiert sich die Ablehnung rein auf die Fanatiker - genau dort gehört sie auch hin.

Zitat
Die Lehrpläne sind schon jetzt rappelvoll, Schüler wie Lehrer klagen darüber dass sie nicht genügend Zeit haben den Stoff wirklich eingehend zu behandeln.

Ich wüsste nicht dass die Beschwerden bezüglich der Fächer Religion und Musik kommen ;)
Im Gegenteil, in Religion wird vieles haufenweise wiederholt. Vermutlich gewollt, um den Kleinen das Ganze einzuimpfen damit sie da verdammnichnochmal endlich selbst mal an den Kram glauben  8)
Da ist definitiv noch viel, sehr viel Platz für neue Inhalte.
Was den Musikunterricht angeht, habe ich ja oben schon genug zu gesagt. Man kann. Wenn man denn will.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 28 Dezember 2012, 12:00:06
Ich hingegen halte den Musikunterricht für wichtig. Ich stimme zwar zu, dass er seine Relevanz nicht deutlich macht. Aber durch einen sich anbiedernden Hiphop-Culture-Musikunterricht (btw. ein Gegenstand, bei dem die Schüler vermutlich ohnehin immer mehr wissen als die Lehrperson) wird die Relevanz nicht deutlicher. Der Musikunterricht wird einfach nur noch lächerlicher.

Aber das müssen wir nun nicht ausführen... denn all die Inhalte die Du vorgeschlagen hast, wirst Du nicht in die paar Stunden Religions- und Musikunterricht mit reinquetschen können, die an den Schulen gelehrt werden. Jedenfalls keinen türkischen Sprachunterricht, der wirkliche Sprachkompetenz vermittelt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 28 Dezember 2012, 12:18:34
Ich will keine Paranoia schüren, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass fachliche Kompetenzen in dem Bereich gar nicht überall erwünscht sind. Komischer Weise sind es grade türkischstämmige Kollegen von mir, die immer wieder versucht haben, mir die Idee der zweisprachigen Verständigung auszureden.
Das lässt in mir das ungute Gefühl zurück, dass die Abgrenzung und Ausgrenzung der Kulturen keine einseitige Sache ist, sondern von verschiedenen Gruppen "erwünscht" ist. Es herrscht immer noch eine Atmosphäre gegenseitigen Misstrauens. Und ich dachte das Thema sei langsam mal gegessen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 28 Dezember 2012, 12:34:17
Ich will keine Paranoia schüren, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass fachliche Kompetenzen in dem Bereich gar nicht überall erwünscht sind. Komischer Weise sind es grade türkischstämmige Kollegen von mir, die immer wieder versucht haben, mir die Idee der zweisprachigen Verständigung auszureden.
Das lässt in mir das ungute Gefühl zurück, dass die Abgrenzung und Ausgrenzung der Kulturen keine einseitige Sache ist, sondern von verschiedenen Gruppen "erwünscht" ist. Es herrscht immer noch eine Atmosphäre gegenseitigen Misstrauens. Und ich dachte das Thema sei langsam mal gegessen.
Ich finde das kein Stück erstaunlich. Die meisten in Deutschland lebenden Menschen labeln aufgrund eines ganz normalen und akzeptierten Alltagsrassismus Menschen als "türkisch" (== "nicht zum Volksblut dazugehörig") obwohl diese Menschen nie in der Türkei gelebt haben, ihre Eltern nie in der Türkei gelebt haben und ihre Großeltern die Türkei zuletzt als junge Erwachsene für länger als einen Ferienaufenthalt gesehen haben. Da sich das ganze faktisch hart an der Realität reibt (es sind eben keine Türken, wenn sie keinen türkischen Pass haben!) erfinden wir so etwas wie "Migrationshintergrund" - eine weitere Mumpitzkategorie, denn die letzten Vorfahren, die selbst migriert sind, waren die Großeltern... Und die Alltagserfahrung der Betroffenen in dieser völlig absurden Situation: man kann sich anstrengen wie man will - aufgrund des Nachnamens und der Herkunft wird man benachteiligt, bekommt viel schwerer eine Wohnung, gilt schon vor der Einschulung als Schulversager, wird im Kaufhaus kritisch von den Verkäufern beäugt und gilt immer und nahezu überall gleich als Assiproll oder Islamist, wahlweise als islamistischer Assi, in jedem Fall aber als Typ der seine Frau schlägt (oder bei Frauen: als unterdrücktes Heimchen).

Dass es dann zu einer auch inneren Abschottung nach dem Muster "Wir, die Ausgegrenzten die hier nicht richtig dazugehören" kommt - das ist doch kein Wunder. Das letzte was man dann will ist, dass man sich der allgegenwärtigen Überwachung durch Verkäufer im Kaufhaus, Polizeistreife auf dem Kiez, Omas in der U-Bahn gar nicht mehr entziehen kann weil die alle auch türkisch verstehen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 28 Dezember 2012, 12:56:53
Besser hätte ich es nicht formulieren können.
Dies ist auch meine Auffassung. Rassismus und Ausgrenzung hat weitere Formen des Rassismus und der Ausgrenzung auf allen Seiten geschaffen.
Der Ausdruck "Migrationshintergrund" ist der reinste Euphemismus und im Grunde viel Rassistischer als der Ausdruck Ausländer. Migrationshintergrund ging mir schon immer auf den Sack.
Meine Freundin hat schon einige zynische Witze über ihren "Migrationshintergund" rausgehauen, die müsste ich mal niederschreiben.
Was soll das eigentlich heissen "Migrationshintergrund"? Das bedeutet doch nichts anderes als: "Du bist Deutscher, aber eigentlich nicht wirklich."
Das ist fast schon unverschämt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 28 Dezember 2012, 13:00:45
Zitat
Aber das müssen wir nun nicht ausführen... denn all die Inhalte die Du vorgeschlagen hast, wirst Du nicht in die paar Stunden Religions- und Musikunterricht mit reinquetschen können, die an den Schulen gelehrt werden. Jedenfalls keinen türkischen Sprachunterricht, der wirkliche Sprachkompetenz vermittelt.

Stimmt, müssen wir nicht.
Was Musik und Religion angeht, bin ich da schlicht anderer Meinung. Ich bin davon überzeugt, dass eine Anpassung der Lehrpläne möglich ist - so man es denn auch wirklich will.
Eine andere Sprache ist immer schwierig zu integrieren. Dennoch, warum nicht spezialisierte Schulen für neuzeitliche Sprachen eröffnen, bzw. dorthin umgestalten? Bei altsprachlichen Gymnasien klappt das doch schließlich auch. Wenn man Latein, Griechisch und Hebräisch lehren kann, ist doch stattdessen auch Platz für Türkisch, Spanisch und Russisch: Sprachen, die hierzulande nicht eben selten gesprochen werden. Und da Sprachunterricht auch immer gleichzeitig ein kultureller Unterricht ist, fördert es kulturelle Toleranz und Akzeptanz.

Dasselbe gilt für, damit sind wir wieder ontopic, fremde Religionen. Ein Religionsunterricht ohne den kulturellen Hintergrund dieser Religion zu lehren machte keinen Sinn.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 28 Dezember 2012, 14:19:17
Wenn jemand in bereits dritter Generation in einem Land lebt, geh ich eigentlich davon aus, dass er sich dem Land zugehörig fühlt.
Die USA sind durch die Masse an Einwohnern mit den verschiedensten Herkünften ihrer Familien ein gutes Beispiel. Die sind dort eben nicht Polen, Italiener, Iren, Briten oder Deutsche (letztere sind übrigens die größte Gruppe in den USA!), sondern sie sind Amerikaner.

Und auch in Deutschland gibt es Menschen mit Herkunft aus allen möglichen Ecken der Welt. Man bedenke die Mengen von Menschen aus Polen, die hier mal einwanderten Jahrhunderte früher die Hugenotten oder auch relativ aktuell Vietnamesen, die mit den neuen Bundesländern übernommen wurden. Die sprechen von sich selbst ganz selbstverständlich als Deutsche, ebenso die Nachfahren italienischer Gastarbeiter aus den 50er und 60er Jahren.

Die sind nicht nur integriert, die sind inzwischen assimiliert und das ist wirklich nichts schlechtes.
Die Probleme der Parallelgesellschaften liegt nun darin, dass auf der einen Seite die Gastarbeiter kamen, und auch selbst vorhatten, nach relativ kurzer Zeit wieder zu gehen. Warum also sollte sie sich um Integration bemühen? Das war ja auch von der Bevölkerung nicht wirklich erwartet. Sie wurden hier zwar willkommen geheißen, waren sie doch dringend benötigte Arbeitskräfte, es war aber auch jedem klar, die gehen wieder. Sie gingen aber eben nicht alle wieder. Ein großer Teil blieb.

Dass die Nachkommen dieses großen Teils aber immer noch türkische Namen tragen, nur untereinander heiraten etc., liegt daran, dass man sich in seiner Parallelgesellschaft bereits eingerichtet hat. Man kann hier inzwischen in einer solchen leben.

Überlegt mal, wie das in den USA zur Zeit der großen Einwanderungswellen ablief. Die Menschen kamen an, bekamen als erstes ihren Namen auf einen amerikanischen geändert und mussten englisch lernen.

Das Aufbrechen dieser Parallelgesellschaften in Deutschland erfordert die Bereitschaft der Bevölkerung, die Menschen in ihrer Mitte aufzunehmen. Der größte Teil der Bevölkerung ist durchaus bereit dazu. Die Bereitschaft auf der anderen Seite, eben in dieser Mitte der Bevölkerung aufzugehen, ist hingegen kaum vorhanden. Sie ist von dieser Seite unerwünscht; sie wurde sogar bei seinem letzten Staatsbesuch vom türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan verteufelt.
Es funktioniert eben nicht, seine eigene Kultur zu 100% zu bewahren und gleichzeitig Teil einer neuen Kultur zu werden. Dieser Spagat ist nicht machbar, nicht wenn große Teile der Kulturen so unterschiedlich sind. Es müssen auf der einen oder anderen Seite Abstriche gemacht werden. Und wenn Integration funktionieren soll, müssen die Abstriche bei der eingewanderten Kultur gemacht werden.

Mit dem Sprachunterricht ist das ganz einfach: natürlich könnte man Türkisch zum Pflichtfach in Schulen machen. Aber warum sollte man? Wir haben auch nicht Polnisch, Italienisch, Vietnamesich, Russisch oder Griechisch zum Pflichtfach gemacht. Ein Land kann Integration vieler verschiedener Bevölkerungsgruppen nur leisten, wenn diese Bevölkerungsgruppen sich dem Land anpassen, nicht umgekehrt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 28 Dezember 2012, 14:54:26
@Eisbär
Im Grunde hast du Recht,
aber seien wir realistisch, diese Anpassung wird nicht passieren, schon gar nicht auf Initiative derer, die in diese Parallelgesellschaften eingebunden sind.
"Wir" müssen von Aussen diese Strukturen und Barrieren aufbrechen,
in dem wir in diese eindringen, ob nun mit oder ohne Einladung.
Wenn man alles über die jeweils andere Kultur weiss, ist es nicht mehr möglich irgendwelche Gründe zur Abgrenzung vorzuschieben. Dann wird der blanke gegenseitige völkische Rassismus bloßgelegt und dann muss Klartext geredet werden, um noch zu einem Dialog zu finden, was ich befürworte.
Falsche Toleranz auf der Basis von Unwissenheit und romantischer Verklärung bringt gar nichts.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 28 Dezember 2012, 16:25:02
Zitat
Mit dem Sprachunterricht ist das ganz einfach: natürlich könnte man Türkisch zum Pflichtfach in Schulen machen. Aber warum sollte man?

Ganz einfach - um in Kontakt mit jenen zu treten, um die es Richtung Integration geht.
Jugendliche sind noch sehr gut zu erreichen, erwischt man sie doch schließlich in einem Alter, in dem sie sich selbst von den eigenen Eltern abgrenzen möchten (nennt sich Pubertät, sowas ;) ). Wenn die Eltern also die Parallelgesellschaft predigen und vielleicht die Deutschen als Feindbild installieren möchten, dann gelingt es ihnen umso schwerer, umso besser die Migrationshintergründler mit den Nichtmigrationierten - sprich die "Ausländer" mit den "Deutschen" - klarkommen.
Und wenn dann die "Deutschen" selbst ihre Vorurteile gegenüber den "Ausländern" abbauen, dann läuft auch die Predigt der Eltern etc. ins Leere, dass sie ja voll unerwünscht wären und es sich deswegen erst gar nicht lohne, sich zu integrieren.

Bei Fanatikern gelingt das natürlich nicht, aber da ist eh Hopfen und Malz verloren. Ich glaube aber, dass der Anteil der Fanatiker sehr klein ist, viel kleiner als es uns die Massenmedien immer weis machen wollen.

Momentan jedenfalls wird dank der Medien ein echtes Feindbild aufgebaut, Muslime sind sicher schon in vielen Köpfen durch die Bank potenzielle Terroristen und der Koran ein wahres Teufelswerk.
Und das, obwohl der Gott des Koran sehr viel gütiger ist als der Gott der Bibel und auch lange nicht so widersprüchlich. Nur, weiß halt kaum jemand. Warum wohl - es gab ja niemals Unterricht darüber.
Schon komisch, dass wir über die Kultur der Römer mehr wissen, die sind immerhin fast schon über 1500 Jahre lang tot, als über die Kultur unserer Nachbarn.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 28 Dezember 2012, 16:41:08
Und das, obwohl der Gott des Koran sehr viel gütiger ist als der Gott der Bibel und auch lange nicht so widersprüchlich.
Mich fasziniert deine Schwärmerei, aber wenn ich mal in deine Welt eindringen dürfte, genau das meinte ich mit romantischer Verklärung.
Der Gott des Qur´an ist gütiger als der Gott der Bibel?
Welchen Qur´an und welche Bibel hast du gelesen? (rhetorische Frage, es gibt nur eine Schrift)
Widerspruchsfreier stimmt, Allah subhanahu wa ta'ala ist mit Sicherheit konsequenter, das muss ich zugeben,
aber gütiger?
Soll ich dir ein paar Verse aus dem heiligen Qur´an zitieren?
Gerne auch auf Deutsch. ;)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 28 Dezember 2012, 16:45:53
Und das, obwohl der Gott des Koran sehr viel gütiger ist als der Gott der Bibel und auch lange nicht so widersprüchlich.
Mich fasziniert deine Schwärmerei, aber wenn ich mal in deine Welt eindringen dürfte, genau das meinte ich mit romantischer Verklärung.
Der Gott des Qur´an ist gütiger als der Gott der Bibel?
...ich glaube dahinter steht mehr die grundsätzlich humanistische (und zudem konsequent optimistische) Weltsicht von messie. ;)

Btw. Messie. Was im Koran oder in der Bibel steht und wie man es als Laie zu interpretieren hat - das bestimmen nicht die Laien, sondern die Religionsführer. Und die legen das halt genau so aus, wie es in ihre jeweilige Zeit passt. Mal als Aufruf zum heiligen Kreuzzug, mal als allgemeiner Frieden auf Erden.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 28 Dezember 2012, 17:14:10
Zitat
Mit dem Sprachunterricht ist das ganz einfach: natürlich könnte man Türkisch zum Pflichtfach in Schulen machen. Aber warum sollte man?

Ganz einfach - um in Kontakt mit jenen zu treten, um die es Richtung Integration geht.
Sorry, aber das ist Blödsinn.
Türkischunterricht macht für Menschen, die in die Türkei einwandern sind. Umgekehrt ist es hier wichtig, einen gewissen Druck zur Inklusion und auch Assimilation zu erzeugen.
Dazu würde für mich gehören, dass man z.B. die Führerscheinprüfung nicht mehr in 100 verschiedenen Sprachen machen kann, sondern nur in Deutsch.

Gegen die Unwilligkeit sich in eine andere Gesellschaft einzufügen, hilft deren Entgegenkommen und deren Toleranz wenig. Die zeigen ja nur, dass man so weiter machen kann wie bisher und dafür auch noch belohnt wird.
Was wir machen müssen, ist den Assimilationsdruck zu erhöhen und die Möglichkeiten, in Parallelgesellschaften zu leben zu erschweren.

Wenn ich mir anhöre, dass einige Gruppen inzwischen ihre eigene Rechtsprechung in "ihren" Vierteln etablieren, wird mir ganz anders. Gegen solche Fälle würde mit empfindlichen Strafen wegen Amtsanmaßung vorgehen.
Man stelle sich mal vor, was mit einem Pfaffen geschehe, der sich anmaßen würde, wie ein Richter Strafen auszusprechen oder zu entscheiden, das die Eheleute XY jetzt geschieden sind.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 28 Dezember 2012, 17:40:23
Zitat
Widerspruchsfreier stimmt, Allah subhanahu wa ta'ala ist mit Sicherheit konsequenter, das muss ich zugeben,
aber gütiger?

Müssen wir hier jetzt nicht im Einzelnen auseinanderkloppen, ist aber ohnehin die falsche Wortwahl von mir: Nicht gütiger, vielmehr weniger willkürlich. Der Gott der Bibel strafte teils völlig ohne Sinn - einfach nur, weil er's kann. Das ist mir _so_ im Koran nicht begegnet.

Ist beides für mich schon sehr lange her als ich die Schriften (den Koran selbstredend nur in deutscher Übersetzung, da kann sicher auch vieles übersetzungstechnisch danebengegangen sein, will ich nicht ausschließen ...) gelesen habe, insofern ist meine Erinnerung an Konkretes heute auch doch schon was lückenhaft inzwischen - daran aber erinnere ich mich sehr wohl, es erstaunte mich, wie willkürlich Gott mit den Menschen umging.

Zitat von: Eisbär
Umgekehrt ist es hier wichtig, einen gewissen Druck zur Inklusion und auch Assimilation zu erzeugen.

Das eine schließt das andere doch gar nicht aus! Hab ich gesagt dass türkischstämmige Jugendliche statt des Deutschunterrichts den Türkischunterricht machen sollen? Nö! Alle für alles, nur so macht es einen Sinn. Und dass Deutschkurse sowie überhaupt schon einmal eine gewisse deutsche Sprachkompetenz notwendig ist um jemanden "integrationswillig" nennen zu können, steht außer Frage. Das kann man gerne auch mit einer Pflicht verbinden, so wie es sie in zahlreichen anderen Ländern, zu Recht, gibt.

Zitat
Gegen die Unwilligkeit sich in eine andere Gesellschaft einzufügen, hilft deren Entgegenkommen und deren Toleranz wenig. Die zeigen ja nur, dass man so weiter machen kann wie bisher und dafür auch noch belohnt wird.

Oh, da verkennst du, colourize übrigens auch, den eigentlichen Sinn meiner Idee für Türkischunterricht.
Denn der sorgt dafür, dass sich die Türkischstämmigen nicht mehr so gut ausgrenzen können. Es ist nicht nur rein eine Sache des Abbaus von Vorurteilen, sondern auch ein klares Signal dafür, dass andere sich dann nicht mehr so gut abgrenzen können wie zuvor.
Ich kenne das Phänomen aus der Gehörlosenszene: Da schmeckte es einigen Gehörlosen überhaupt nicht, dass auf einmal so viele Hörende Gebärdensprachkurse machen. Man nahm ihnen damit das "Besondere" weg, die Möglichkeit, sich von den Hörenden auch bewusst abgrenzen zu können. Auf einmal klappt öffentlich nicht mehr so gut das Lästern über Hörende, sie könnten es ja sehen.
Jene Hardliner, die Hörende schon förmlich zum Bösen erklärt hatten (nicht grundlos, viele haben durch Hörende, als sie klein waren, Schlimmes miterleben müssen dank grausamer "Pädagogikkonzepte"), hatten und haben auf einmal einen schwierigeren Stand, seitdem es Hörende gibt, die die Kultur der Gehörlosen kennen und diese respektieren. Wohlgemerkt, nicht annehmen, sondern "nur" respektieren! Und so konnten sie auch nicht mehr gut Hörende ausgrenzen, wenn diese mal in der Minderzahl waren. Zähneknirschend musste man zugeben, dass es Hörende gibt, die Respekt vor der eigenen Kultur haben, also bleibt nichts anderes übrig, als ihnen auch umgekehrt den Respekt gegenüber deren Kultur zu zollen, wenn man sich nicht lächerlich machen möchte.

Genau so sehe ich es bei allen anderen Parallelgesellschaften: Man entradikalisiert sie, sobald man deren Kultur kennt und so gerade im Jugendalter die Menschen damit konfrontiert werden, dass das ehemalige Feindbild sich direkt vor einem in Luft auflöst.
Kurz gesagt: Türkischunterricht und eben auch Koranunterricht erleichtert nicht etwa Parallelgesellschaften, es erschwert sie. Weil man jenen, die gerne eine solche Parallelgesellschaft haben (wollen), deren Exklusivität und ein Stück weit auch deren Deutungshoheit wegnimmt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 28 Dezember 2012, 17:43:03
Zitat
Wenn ich mir anhöre, dass einige Gruppen inzwischen ihre eigene Rechtsprechung in "ihren" Vierteln etablieren, wird mir ganz anders. Gegen solche Fälle würde mit empfindlichen Strafen wegen Amtsanmaßung vorgehen.

Geht mir genauso. Gilt für rechte, linke und anderweitige Selbstjustiz.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 28 Dezember 2012, 18:04:03
@messie
Das mit den Parallelgesellschaften und dem Auflösen durch gegenseitiges Verstehen, hast du wunderbar erklärt.
Genau darauf wollte ich die ganze Zeit hinaus, von wegen Türkischunterricht und so! ^^
Es geht nicht darum, Einwanderer zu hätscheln, sondern Abgrenzung durch "erbarmungsloses Verstehen" (XD) zu erschweren.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 29 Dezember 2012, 00:24:56


Türkischunterricht macht für Menschen, die in die Türkei einwandern sind. Umgekehrt ist es hier wichtig, einen gewissen Druck zur Inklusion und auch Assimilation zu erzeugen.
Dazu würde für mich gehören, dass man z.B. die Führerscheinprüfung nicht mehr in 100 verschiedenen Sprachen machen kann, sondern nur in Deutsch.

Gegen die Unwilligkeit sich in eine andere Gesellschaft einzufügen, hilft deren Entgegenkommen und deren Toleranz wenig. Die zeigen ja nur, dass man so weiter machen kann wie bisher und dafür auch noch belohnt wird.
Was wir machen müssen, ist den Assimilationsdruck zu erhöhen und die Möglichkeiten, in Parallelgesellschaften zu leben zu erschweren.

Wenn ich mir anhöre, dass einige Gruppen inzwischen ihre eigene Rechtsprechung in "ihren" Vierteln etablieren, wird mir ganz anders. Gegen solche Fälle würde mit empfindlichen Strafen wegen Amtsanmaßung vorgehen.
Man stelle sich mal vor, was mit einem Pfaffen geschehe, der sich anmaßen würde, wie ein Richter Strafen auszusprechen oder zu entscheiden, das die Eheleute XY jetzt geschieden sind.

bin ich eigentlich einverstanden.
aber: warum sprichst du über Assimilation und nicht über Integration?
Integration reicht doch vollkommen aus, oder?
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Black Ronin am 29 Dezember 2012, 10:11:21
Psst. zuviel Startrek gekuckt. Borgs und so !
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 29 Dezember 2012, 14:03:16
Es ist nämlich viel leichter für einen Mensch, eine nationale Identität zu haben als mehrere (wir, integrierte Migranten, sind in gewisse Masse leicht multipel ;) ), deswegen ist für die zweite oder dritte Generation assimilation eigentlich wünschenwert.
Das ist  wie in Ruhpott, wo ca. die hälfte Deutsche polnischer Abstammung sind, sich aber wie Deutsche fühlen und auch von anderen als Deutsche wahrgenommen werden. Polnisch blieb nur die Familienname.

Für die erste Generation ist assimiltion unmöglich - ich bin z. B in Deutschland daheim, aber kaum ich einen Wort sage, werde ich als Osteuropäerin wahrgenommen, mir werden dämliche Fragen nach Putin und russische Situation gestellt  (obwohl ich seit mehr als 15 Jahren nicht in Russland war) u.s.w. In einer solche Situation ist ein Wunsch nach Assimilation eigentlich unmöglich und kann nur zur verbitterte Gegenreaktion - also Abschottung - führen.
 Desselbe Problem sehe ich bei türkischen, arabischen und andereren nicht europäischen Migranten auch in zweiter und dritter Generation - sie werden von außen nicht als Deutsche wahrgenommen. Also mit Assimilation wird nix, man kann nur wünschen, dass dort die Integration stattfindet , was oft nur ein frommer Wunsch ist.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 29 Dezember 2012, 15:02:59
Die Frage ist auch, was ist Integration eigentlich?
Ich komme mit vielen ausländischen Bekannten (darunter auch Russen) viel besser klar, als mit manch einem Deutschen. Die schroffe, teils politisch inkorrekte Art vieler Ausländer empfinde ich viel entspannter als die der Deutschen. Warum das? Weil man so offen und unverkrampft Klartext reden kann, auch wenn man anderer Meinung ist. Das ist für mich die Basis von konstruktiver Kommunikation und ja, auch von Toleranz.
Viele Deutsche leiden dagegen, meiner Ansicht nach unter Selbstkomplexen und betreiben ständig auffallend Selbstzensur. Wenn in einer eigentlich lockeren Runde heikle Themen diskutiert werden, wird sich vor und nach jedem zweiten Satz für die eigene Aussage entschuldigt. Das nimmt manchmal schon fast satirische Züge an.
Da denke ich mir so, wenn jemand eine Meinung hat und diese auch begründen kann, warum steht er dann nicht dazu sondern revidiert diese dann immer wieder im selben Atemzug.
Das ist für mich eine typisch deutsche Eigenschaft, die natürlich nicht auf alle zutrifft.
Korrigiert mich, wenn mich mein Eindruck täuscht?!
Zurück zur Integration: Warum integrieren sich nicht mal die Deutschen in ihre eigene Gesellschaft? XD
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 29 Dezember 2012, 23:58:08
Die Frage ist auch, was ist Integration eigentlich?

Schwere Frage?
Es gehören, meiner Meinung nach, einige Aspekte dazu: erlernen von deutscher Sprache, berufliche Integration u.s.w
Aber das wichtigste , ich so denke ich,  ist kennen und akzeptieren von gesellschaftlichen Werten hierzulande.

Integrieren - das heisst für mich, sich hier Zuhause zu fühlen, nicht mehr unterscheiden zwischen "wir" - Migranten und "sie" - Deutsche, sich auch einmischen, falls einem was stinkt, so wie Django Asül z. B.
Man muss nicht unbedingt zu Lieschen Müller mutieren und "Bild der Frau" lesen, um sich in die Gesellschaft zu integrieren ;)


Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 30 Dezember 2012, 01:06:30
Was für Werte sollen das denn sein, die "hierzulande" alle "Blutsdeutschen" miteinander teilen? Diese Werte müsste man ja mal definieren, damit man als Mensch mit "Migrationshintergrund" auch weiß, wie man werden muss...

...ich glaube ja, dass es diesen gemeinsamen Wertekanon nicht gibt, der "uns" eint und von "den anderen" unterscheidet.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 30 Dezember 2012, 02:12:37
Och, ich denke schon, dass es Werte oder zumindest Eigenschaften sind, die "uns Deutsche" auszeichnet und im Ausland dann auch so wahrgenommen werden.

Diese "typisch deutsche" Pünktlichkeit beispielsweise.
Sicher gibt es viele deutsche Menschen, die es nicht sind. Aber im Mittel, behaupte ich, sind "die Deutschen" pünktlicher als jedes andere Volk auf diesem Globus. Einfach, weil man hierzulande dazu erzogen wird! Unpünktlichkeit gilt nirgends so tadelungswürdig wie hierzulande.

Wie so vieles, hat auch diese Eigenschaft ein Janus-Gesicht: Im Ausland reagiert man einerseits bewundernd, andererseits belustigt drauf. Sie ist Symbol für "deutsche" Zuverlässigkeit, aber auch "deutschen" Pedantismus. Und so weiter, und so fort ...

Eine Freundin von mir, in Vietnam geboren, sagte mir erst kürzlich dass sie bei einem Besuch ihrer Verwandten in ihrem Heimatland vor allem in diesem einen, so scheinbar harmlosen, Punkt erst gemerkt hat, wie sehr sie deutsche Werte bereits verinnerlicht hat - und das auch erst dann, als andere sie mit einem Augenzwinkern drauf hinwiesen, dass sie so, in deren Augen, "überpünktlich" inzwischen wäre ... ;)

Genau dieses Beispiel zeigt aber auch sehr schön, worin der Denkfehler bei diversen rechten Gruppierungen ist: Deutsche Werte leben nämlich keineswegs nur "Blutsdeutsche". Es gibt viele nicht hier geborene Menschen die inzwischen so "deutsch" sind wie man nur sein kann - und das teils ohne es zu merken ...

Zitat
Diese Werte müsste man ja mal definieren, damit man als Mensch mit "Migrationshintergrund" auch weiß, wie man werden muss...

Wie eben gesehen: Wozu definieren? Wer sich hier wohl fühlt, der übernimmt die Werte nahezu automatisch. Eine Anpassung geschieht nur dann nicht, wenn man sich gegen diese mit Händen und Füßen wehrt.
Ist wie mit Sprachen: Wer einen Dialekt in Hamburg nicht ablegt, der will ihn nicht ablegen. Ganz bewusst.
Das bedeutet dann aber auch, dass sich derjenige hier offensichtlich nicht wohlfühlt. Oder auch mit Absicht nicht wohlfühlen möchte.

Der zweite Punkt, warum sich jemand nicht wohlfühlen möchte, passt dann wieder zum Thema: Ich behaupte, dass dies ebenfalls aus Vorurteilen geschieht. Und da glaube ich nun einmal dran, dass diese abgebaut werden, sobald sich niemand mehr über seine eigene Sprache oder ein Exklusivwissen der eigenen Kultur verstecken kann.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 30 Dezember 2012, 02:36:53
Hm... also ich halte mich nicht für sonderlich pedantisch, obwohl ich - soweit ich weiß - ausschließlich Vorfahren habe die aus dem Gebiet kommen, das man heute "Deutschland" nennt.

Pünktlich bin ich aber definitiv nicht.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 30 Dezember 2012, 03:11:25
Hm... also ich halte mich nicht für sonderlich pedantisch, obwohl ich - soweit ich weiß - ausschließlich Vorfahren habe die aus dem Gebiet kommen, das man heute "Deutschland" nennt.

Pünktlich bin ich aber definitiv nicht.

Wer weiß, wer weiß ... ;)

Meine Schwester (nun in Australien lebend) besichtigte mit ihrem Mann einige Häuser, die sie kaufen wollten. Jedes Mal dasselbe Spiel, die Verkäufer kamen ne Ecke später, sich völlig aufgelöst entschuldigend dass sie vergessen hätten dass sie ja Deutsche wären die tatsächlich immer pünktlich wären ...  ;D

In anderen Ländern sind nicht einmal, hierzulande angeblich, unerlässliche Termine in Sachen Pünktlichkeit wichtig. Nicht einmal Vorstellungsgespräche gehören andernorts in diese Kategorie!
Das habe ich aber auch erst von jenen erfahren die hier nicht mehr wohnen ... ;)

Das Pünktlichkeitsbeispiel eignet sich aber vor allem deswegen so gut, weil es überwiegend unbewusst geschieht. Man ist hierzulande pünktlicher als zuvor ohne es wirklich vorgehabt zu haben. Und das hat mir nicht nur eine Person bestätigt! Sie ist eine jener kulturellen Merkmale "der Deutschen", gegen die nicht offen opponiert wird, weil es vielen schlicht nicht einmal bewusst ist, dass sie sich in dieser Hinsicht anpassen! Pünktlich am Arbeitsplatz, hier völlilg normal. Frag mal Afrikaner dazu aus. Dürfte spannend werden. ;) (Und auch hier: Nur im Mittel, nicht generell. Es gibt nicht den Kongolesen oder Eriträer, im Mittel kommt's dann meinungsmäßig aber doch wieder hin.)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 30 Dezember 2012, 09:59:23
To messie:
gegen Schweizer und Japaner stinkt die deutsche Pünktlichkeit echt ab.


To Black Russian:
Was die Sache mit der Assimilation angeht:
Wie schon geschrieben sind Millionen polnischstämmige inzwischen in Deutschland assimiliert (das geht über Integration weit hinaus): sie leben nicht nur hier und sprechen Deutsch, interagieren hier normal, nein, sie nehmen sich ganz selbstverständlich selbst als Deutsche war. Das geht u.a. deswegen, weil sich die erste Generation bereits integrierte, bei der zweiten gab es mindestens bereits die Inklusion und die dritte war bereits völlig assimiliert.

Bei den hier lebenden Türken hat sich selbst in der dritten Generation ein Großteil noch nicht mal integriert, versucht es nicht mal. Da kann der Pass schon in dritter Generation ein Deutscher sein, wenn man sie fragt, was für Landsleute sie sind, kommt als Antwort "Türke", bei Länderspielen wird die Türkei angefeuert etc.

Wer den Unterschied zwischen Integration, Inklusion und Assimilation nicht kennt: Wikipedia! (http://de.wikipedia.org/wiki/Integration_%28Soziologie%29) (bei Assimilation (http://de.wikipedia.org/wiki/Assimilation_%28Soziologie%29) färben sich die andersfarbigen Punkte eben auch nach und nach rot)




To Mishima:
Die von außen manchmal übertrieben wirkende politische Korrektheit, ist in Deutschland in der Vergangenheit verwurzelt. Noch 3-4 Generation nach der kurzen Epoche des Nationalsozialismus' werden wir Deutschen gerne mit eben jener in Verbindung gebracht. Um eben nicht zu nah in die politische Richtung dieses Regimes gerückt zu werden, als ausländerfeindlich oder antisemitisch dahingestellt zu werden und so gänzlich ohne echte Argumentation aus einer Diskussion gedrängt zu werden, muss man sich dieser politischen Korrektheit bedienen.
Bestes Beispiel: Günter Grass. Wage es als Deutscher mal die Außenpolitiks Israels laut und öffentlich zu kritisieren (zu recht oder zu unrecht, ist da erstmal völlig egal), Du siehst in welche Ecke selbst jemand, der bis dahin völlig unverdächtig in Bezug auf Antisemitismus oder anderes rechtes Gedankengut war, gerückt wird.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 30 Dezember 2012, 11:04:50
Was für Werte sollen das denn sein, die "hierzulande" alle "Blutsdeutschen" miteinander teilen? Diese Werte müsste man ja mal definieren, damit man als Mensch mit "Migrationshintergrund" auch weiß, wie man werden muss...

...ich glaube ja, dass es diesen gemeinsamen Wertekanon nicht gibt, der "uns" eint und von "den anderen" unterscheidet.

ganz einfach:
- eine Frau hat genauso viel Rechte wie ein Mann. Ein Mann darf seine Frau oder seine Tochter nicht einsperren, man darf ihr nicht verbieten arbeiten zu gehen u.s.w. Ganz normale Sachen für uns, Europäer, aber in anderen bestimmten Kulturkreisen ist es eben anders
- Schwule und Lesben sind Menschen wie wir, Heteros. Man muss sie nicht mögen, aber man darf sie nicht vermöbeln oder gar totschlagen. In anderen Länder ist es anders.
- Kinder sollen zu Schule gehen. Das ist, leider Gottes, auch einigen Migranten nicht so klar, was dazu führt, dass ihre Kinder alle Chancen beraubt werden.

Sind, meiner Meinung nach, viel wichtigere Grunde als Pünktlichkeit (ich sebst bin eine Pedantin, kenne aber reichlich chaotische Deutsche)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 30 Dezember 2012, 11:11:32

Ist wie mit Sprachen: Wer einen Dialekt in Hamburg nicht ablegt, der will ihn nicht ablegen. Ganz bewusst.
Das bedeutet dann aber auch, dass sich derjenige hier offensichtlich nicht wohlfühlt. Oder auch mit Absicht nicht wohlfühlen möchte.


wie bitte? ::)

Jemand, der als Erwachsener zugewandert ist, hat kaum Möglichkeiten, sein Akzent loszuwerden. Die einzige Möglichkeit ist Verstummen und alle Fragen nur mit "ja" und "nein" zu beantworten, dieser Weg hat aber eine hohe Depressions-Risiko (schon ausprobiert).

Aber das ist ja klar - wenn man nur wegen Akzent als integrationsumwilliger Element betrachtet wird, dann ist die Integration fürs Katz. Dann bleibt nur eine - ins Ghetto sich zurückziehen und sich bewusst abzuschotten.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 30 Dezember 2012, 11:27:15
Offtobic, aber:
Was soll das eigentlich sein, ein Ghetto... in Deutschland?
Ich höre immer wieder von Ghettos, wo nur Ausländer wohnen und wie kriminell und gefährlich diese Gegenden sind.
Z.B. bin ich schon oft durch Offenbach gegeistert. Eine Stadt mit einem Migrantenanteil von über 50%.
Das ist für Deutsche ein gefühlter Anteil von 99%, wenn ihr versteht?! XD
Und diese Betonwüste, diese Abschiebehaft von Frankfurt, wird von den jüngeren seiner Einwohner selbst oft als Ghetto bezeichnet.
Mir ist da noch niiiieee was passiert!
Manche behaupten abwinkend, das liege daran, dass ich da Leute kenne.
Trotzdem frage ich mich, ob das, was viele hierzulande mit Ghetto meinen, nicht ein paranoider Mythos ist?
Ghettos gibt es in Brasilien oder Mexico, aber bitteschön nicht hier.
Kann jemand diese Hypothese widerlegen?
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 30 Dezember 2012, 12:12:53
Offtobic, aber:
Was soll das eigentlich sein, ein Ghetto... in Deutschland?
Ich höre immer wieder von Ghettos, wo nur Ausländer wohnen und wie kriminell und gefährlich diese Gegenden sind.
Z.B. bin ich schon oft durch Offenbach gegeistert. Eine Stadt mit einem Migrantenanteil von über 50%.
Das ist für Deutsche ein gefühlter Anteil von 99%, wenn ihr versteht?! XD
Und diese Betonwüste, diese Abschiebehaft von Frankfurt, wird von den jüngeren seiner Einwohner selbst oft als Ghetto bezeichnet.
Mir ist da noch niiiieee was passiert!
Manche behaupten abwinkend, das liege daran, dass ich da Leute kenne.
Trotzdem frage ich mich, ob das, was viele hierzulande mit Ghetto meinen, nicht ein paranoider Mythos ist?
Ghettos gibt es in Brasilien oder Mexico, aber bitteschön nicht hier.
Kann jemand diese Hypothese widerlegen?
Mit "Ghetto" ist hier nicht gemeint, dass eine Gegend besonders "gefährlich" sei. Die gefährlichsten Gegenden in Hamburg sind, was die Gewaltkriminalität betrifft (von Misshandlungen und Vergewaltigungen hinter verschlossenen Wohnungstüren natürlich abgesehen, da kommt nix ran), die Hamburger Innenstadt, St. Pauli und St. Georg.

Als "Ghetto" werden hierzulande Gebiete bezeichnet, in denen die ethnische sowie soziale Segregation (http://de.wikipedia.org/wiki/Segregation_(Soziologie)) jeweils so stark ausgeprägt ist, dass aus dieser Entmischung der Bevölkerung selbst sekundäre Folgeeffekte entstehen.

Beispiel: Der Hamburger Stadtteil Veddel, einst ein Stadtteil wo vor allem Hafenarbeiter wohnten (nämlich diejenigen, die beim Bau der Speicherstadt aus dem Hafengebiet wegziehen mussten, sowie ihre Nachkommen), droht seit Jahren mehr und mehr zu verarmen. Als der Stadtteil vor etwa 90 Jahren gebaut wurde, waren im Hamburger Hafen noch weit über 20.000 Menschen als Hafenarbeiter beschäftigt. Heute sind es weit weniger als 4.000. Mit dem Strukturwandel der Hafenwirtschaft ging schleichend auch ein Wandel der Wohnbevölkerung in Veddel einher. Heute beträgt der sog. "Migrationshintergrund"(1) über 70%, die Arbeitslosenquote ist doppelt so hoch wie im Hamburger Durchschnitt, mehr als jeder vierte Einwohner dort ist auf Hartz IV angewiesen. Besonders deutlich ist die Armut bei Familien mit Kindern ausgeprägt: jedes zweite Kind im Stadtteil lebt von staatlicher Transferleistung.

In Folge der benachteiligten Bevölkerungsstruktur erfolgten bis etwa 2006 kaum noch Investitionen in den Stadtteil. Die Bausubstanz wurde nicht mehr saniert, da die Kosten nicht auf die Mieten umgelegt werden konnten und ist heute eher schlecht. Wer es sich leisten konnte, zog von dort weg - spätestens dann wenn eine eigene Familiengründung anstand. Bei heute etwa 5.000 Einwohner im Stadtteil Veddel gibt es noch einen einzigen niedergelassenen Arzt. Die Straßenkriminalität in Veddel ist zwar leicht höher als in anderen Stadtteilen, aber gar nicht mal signifikant überdurchschnittlich. Veddel wurde auch in den Medien aber immer wieder als "Problemstadtteil" beschrieben. Wenn man heute die Menschen fragt, wo sie innerhalb Hamburgs gerne wohnen möchten, wird der Stadtteil Veddel als einer der letzten genannt.

Diese hier beschriebenen negativen Folgeeffekte der Segregation bringen sog. "Lock in Effekte" für die dortige Wohnbevölkerung mit sich. Der Ort, in dem sie wohnen, benachteiligt sie zusätzlich. "Was, Du wohnst auf der Veddel?! Oha... krasse Gegend." *Das* ist mit "Ghetto" gemeint.

Am Schluss dieser Ausführungen noch ein Verweis auf die Herkunft des Wortes "Ghetto (http://de.wikipedia.org/wiki/Ghetto)" - mit "gefährlicher Gegend" hat das Wort nichts zu tun.


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(1) zur Dekonstruktion des Begriffs s. oben
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: nightnurse am 30 Dezember 2012, 12:33:34

Ist wie mit Sprachen: Wer einen Dialekt in Hamburg nicht ablegt, der will ihn nicht ablegen. Ganz bewusst.
Das bedeutet dann aber auch, dass sich derjenige hier offensichtlich nicht wohlfühlt. Oder auch mit Absicht nicht wohlfühlen möchte.


wie bitte? ::)

Jemand, der als Erwachsener zugewandert ist, hat kaum Möglichkeiten, sein Akzent loszuwerden.

Genau.
Das gilt nicht nur für aus dem Ausland Zugewanderte. Meinen Großvätern hört/hörte man auch nach vielen Jahrzehnten noch an, wo sie ihre Jugend verbracht hatten, meine Nachbarin ist vor 40? Jahren nach Hamburg gezogen und hasst es so sehr  ::), daß sie immer noch hörbar sächselt (mit hamburger Einschlag, das ist sehr witzig)...und wenn man eine Sprachfärbung schon innerhalb der eigenen Sprache nicht so leicht loswird, wie schwer mag es dann in einer fremden Sprache sein?
(Das wird auch nicht nur vom Wollen abhängig sein, sondern noch von anderen Faktoren wie: Wieviel und welchen Umgang habe ich mit was für Muttersprachlern, was bedeutet ein Akzent im Beruf...)



Rudi Carell ist diesbezüglich halt nicht beispielhaft  :)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 30 Dezember 2012, 12:52:42
Akzent im Beruf bedeutet, dass man sich immer unter Wert verkaufen muss und nie eigentlich das erreichen könnte, was man ohne Akzent kinderleicht erreicht hätte.
Ziemlich frustrierend..naja..es gibt noch Menschen ohne Arme und Beine..somit kann man mit einem Sprachbehinderung leben
Aber ohne Akzent lebt man eben besser
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 30 Dezember 2012, 23:48:00
Zitat
Jemand, der als Erwachsener zugewandert ist, hat kaum Möglichkeiten, sein Akzent loszuwerden.

Vorsicht, ich rede von Dialekt und nicht von Akzent.
Dass man einen Akzent kaum oder gar nicht loswird, ist auch mir völlig klar. Ich rede von jenen, die ihren eigenen Dialekt nahezu hamburgakzentfrei nach vielen Jahren immer noch hegen und pflegen und sich deswegen immer noch so anhören, als wären sie grade eben frisch zugezogen.

Zitat
(...) daß sie immer noch hörbar sächselt (mit hamburger Einschlag, das ist sehr witzig) (...)

... was de facto bedeutet, dass sie halt nicht mehr hundertprozentig sächselt, sondern zur Hälfte die hanseatische Färbung ebenfalls angenommen hat.

Weswegen ich behaupte, dass jene Menschen, die auch nach vielen Jahren hier immer noch ihren eigenen Dialekt sprechen und nichts anderes, man ihnen auf den Kopf zusagen kann, dass sie sich hier entweder nicht wohl fühlen oder nicht wohl fühlen wollen.
Das "sich nicht wohl fühlen" ist etwas Gefühlsmäßiges das nicht mal zu stimmen braucht, das "sich nicht wohl fühlen wollen" aber ist eine ganz klare Ansage, sich hier nicht integrieren zu wollen. Man ist ja schließlich anders als die hier, also zeige ich auch jedem dass ich es bin und bin auch stolz drauf, anders zu sein.

Bei fremden Sprachen ist's komplizierter, da eine fremde Sprache deutlich schwieriger zu erlernen ist als "nur" eine andere Sprachmelodie. Dies muss man aktiv tun, während das Ändern der Sprachmelodie auch ohne besonders aktives Zutun möglich ist. Auch sind die sprachlichen Hürden größer: Bayrisch ist ja immer noch deutsch, es bedarf keiner anderen Grammatik (bis auf wenige Ausnahmen regionaler Natur), keiner besonders zusätzlicher Laute, fast alle Vokabeln sind gleich, das macht es um einiges einfacher.

Dennoch: Wer überhaupt kein Interesse an einem Deutschkurs hat, bei dem frage ich mich dann schon, ob er wirklich gerne hier lebt oder ob er das Land und die Leute hier insgeheim nicht doch ablehnt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: nightnurse am 31 Dezember 2012, 00:04:56
Ich finde, Du interpretierst da ziemlich über.
Vielleicht behält man seinen Akzent/Dialekt auch nur, weil man die Integration nicht bis zur totalen Assimilation betreiben möchte. Sich ein Stück seiner Identität bewahren. Was weiss ich.
Man muss die Identifikation und/oder das Wohlfühlen ja nicht bis zur totalen Verleugnung der eigenen Herkunft betreiben?



Die Frage im letzten Satz mag allerdings berechtigt sein.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 31 Dezember 2012, 00:37:31
Ich denke, es ist eine grosse Freiheit, seine Herkunft verstecken zu können, z. B weil man Bock drauf hat oder weil man mit eigenen Landsleuten und eigenem Land ein Problem hat.
Jemand ohne Akzent kann sich frei einscheiden: gebe ich mein Herkunft preis oder lasse ich sie verstecken. Mit einem Akzent hat man diese Freiheit nicht, man ist sozusagen zwangsgeoutet.
ich hätte sehr viel gegeben für einen akzentfreies Deutsch, nun ist leider kein Mephistopheles in die Nähe, der mit mir den Deal abschliessen könnte


Jetzt zu Sprachunwilligen
Ich kann es nicht verstehen, wie man in einem Land leben kann, ohne die Sprache zu können.
Was tut die Person, wenn es brennt?
Wie entziefert sie den Medikamenten-Beipackzettel?
Wie ruft sie einen Krankenwagen?
u.s.w
Ich bin Allergikerin und kann von einem Bienenstich (dem Stich einer Biene und nicht die Torte ;)) sterben, was hätte es z. B passiert, wenn ich damals vor 10 Jahren in St. Georg in einer Eisdiele die Sprache nicht mächtig wäre und nicht erklären könnte, was mit mir los ist, bevor ich zusammenklappte?
Was ist z. B mit häusliche Gewalt? Frauen ohne Sprachkenntnisse sind doch Freiwild
Was ist mit psychischer Problematik? Wo holen sich solche Menschen Hilfe, wenn sie z. B depressiv werden? Oder an einen anderen psych. Erkrankung leiden?
Fragen über Fragen
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 31 Dezember 2012, 12:05:16
Um eben nicht zu nah in die politische Richtung dieses Regimes gerückt zu werden, als ausländerfeindlich oder antisemitisch dahingestellt zu werden und so gänzlich ohne echte Argumentation aus einer Diskussion gedrängt zu werden, muss man sich dieser politischen Korrektheit bedienen.

- Oh, das "muss" man keineswegs. Ganz im Gegenteil sollte man sich als denkender Mensch dieser Tendenz mit Verve entgegenstemmen - immer vorausgesetzt freilich, man verfügt über das argumentative und rhetorische Rüstzeug, sich den unvermeidlich anschließenden Rechtfertigungseinforderungen seitens des politisch korrekt auf Linie gebürsteten Publikums zu stellen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 31 Dezember 2012, 13:36:09
immer vorausgesetzt freilich, man verfügt über das argumentative und rhetorische Rüstzeug, sich den unvermeidlich anschließenden Rechtfertigungseinforderungen seitens des politisch korrekt auf Linie gebürsteten Publikums zu stellen.
Eben! Erstens hat das nicht unbedingt jeder, zweitens kann es geschehen, dass man kann nicht mehr dazu kommt, es einzusetzen, da man unter den o.g. nicht mehr zu Wort kommt oder aufgrund selbiger nicht mehr angehört wird. Dann nutzen auch die besten Argumente nichts mehr.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 31 Dezember 2012, 14:45:15
immer vorausgesetzt freilich, man verfügt über das argumentative und rhetorische Rüstzeug, sich den unvermeidlich anschließenden Rechtfertigungseinforderungen seitens des politisch korrekt auf Linie gebürsteten Publikums zu stellen.
Eben! Erstens hat das nicht unbedingt jeder, zweitens kann es geschehen, dass man kann nicht mehr dazu kommt, es einzusetzen, da man unter den o.g. nicht mehr zu Wort kommt oder aufgrund selbiger nicht mehr angehört wird. Dann nutzen auch die besten Argumente nichts mehr.

Da ist das Grass-Beispiel ein wirklich gutes. Der Mann hat in seinem "Gedicht" lediglich die Sorge davor ausgedrückt, dass Israel die von Deutschland gelieferten U-Boote mit Atomraketen bestücken könnte, mit dem Ziel, sie vielleicht wirklich irgendwann einzusetzen.
Wochen später kam dann ja prompt heraus, dass dem tatsächlich so ist! Aber während Grass auf den Titelseiten der Gazetten auf Seite 1 fertiggemacht wurde, tauchte die andere Information irgendwo ganz hinten, wenn überhaupt auf.

Jürgen Möllemann hat ja auch mal die volle Breitseite bekommen, nur weil er es wagte, etwas gegen die Politik Ariel Scharons zu sagen (damals ging es um den Angriffskrieg Israels gegenüber Palästina, den Israel einen Verteidigungskrieg nannte) - und das als Mitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft. Unfassbar.

Diese Art umgekehrter Rassismus widert mich ebenso an wie der direkte. Man sollte auch aussprechen dürfen, wenn einem an der Politik Israels nicht passt.

Und auch wenn ich für Türkisch-Unterricht, Unterricht in Sachen Islam, etc. hier einstehe, finde ich es schade, dass die hier vorgetragenen Gegenmeinungen in einem größeren öffentlichen Rahmen kaum so entspannt stehen gelassen werden würden wie es hier der Fall ist. Ich fürchte, es gäbe sofort irgendwelche Leute die z.B. colourize Rassismus vorwerfen würden, weil ist ja Ausgrenzung unserer Mitbürger und so. Jaa, schon klaaar.  >:(
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 02 Januar 2013, 14:21:27
immer vorausgesetzt freilich, man verfügt über das argumentative und rhetorische Rüstzeug, sich den unvermeidlich anschließenden Rechtfertigungseinforderungen seitens des politisch korrekt auf Linie gebürsteten Publikums zu stellen.
Eben! Erstens hat das nicht unbedingt jeder [...]

- Meiner Ansicht nach sollten Personen, die nicht wissen, warum sie wie denken bzw. aus welchen konkreten Gründen sie welche Meinung vertreten, ohnehin die Klappe halten und erst einmal in sich gehen, bevor sie sie wieder öffnen.

[...] zweitens kann es geschehen, dass man kann nicht mehr dazu kommt, es einzusetzen, da man unter den o.g. nicht mehr zu Wort kommt oder aufgrund selbiger nicht mehr angehört wird. Dann nutzen auch die besten Argumente nichts mehr.

- Indem man sich nach diesem ungeschriebenen Gesetz richtet, akzeptiert man aber seine a) bekloppten und b) einer ergebnisoffenen Diskussion (und nicht ergebnisoffene Diskussionen kann man sich getrost schenken, denn das sind keine Diskussionen) hinderlichen Voraussetzungen. Dazu bin ich für meinen Teil nicht bereit.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 02 Januar 2013, 15:45:13
immer vorausgesetzt freilich, man verfügt über das argumentative und rhetorische Rüstzeug, sich den unvermeidlich anschließenden Rechtfertigungseinforderungen seitens des politisch korrekt auf Linie gebürsteten Publikums zu stellen.
Eben! Erstens hat das nicht unbedingt jeder [...]

- Meiner Ansicht nach sollten Personen, die nicht wissen, warum sie wie denken bzw. aus welchen konkreten Gründen sie welche Meinung vertreten, ohnehin die Klappe halten und erst einmal in sich gehen, bevor sie sie wieder öffnen.
Ich bezog mich da in erster Linie aufs rhetorische Rüstzeug. Nicht jeder gute Denker ist auch in der Lage, seine Gedanken gut zu artikulieren und zu repräsentieren.

Zitat
[...] zweitens kann es geschehen, dass man kann nicht mehr dazu kommt, es einzusetzen, da man unter den o.g. nicht mehr zu Wort kommt oder aufgrund selbiger nicht mehr angehört wird. Dann nutzen auch die besten Argumente nichts mehr.

- Indem man sich nach diesem ungeschriebenen Gesetz richtet, akzeptiert man aber seine a) bekloppten und b) einer ergebnisoffenen Diskussion (und nicht ergebnisoffene Diskussionen kann man sich getrost schenken, denn das sind keine Diskussionen) hinderlichen Voraussetzungen. Dazu bin ich für meinen Teil nicht bereit.
Ob Du dazu bereit bist, interessiert die Masse, die den Shitstorm über Dich ergehen läßt, dann herzlich wenig. Das liegt einfach nicht in Deiner Hand.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 02 Januar 2013, 19:56:35
Ob Du dazu bereit bist, interessiert die Masse, die den Shitstorm über Dich ergehen läßt, dann herzlich wenig. Das liegt einfach nicht in Deiner Hand.

- Das ist mir klar. Aber es liegt in meiner Hand, damit umzugehen.

Dass Du übrigens solche Fragen von der potentiellen Publikumswirksamkeit her entscheidest, finde ich zum mindesten ... äh ... interessant. Bösere Zungen als ich eine bin würden so ein Vorgehen - möglicherweise! - opportunistisch nennen. Aber das ist Dir wahrscheinlich wumpe, gell?  ;D
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 02 Januar 2013, 20:57:06
Ob Du dazu bereit bist, interessiert die Masse, die den Shitstorm über Dich ergehen läßt, dann herzlich wenig. Das liegt einfach nicht in Deiner Hand.

- Das ist mir klar. Aber es liegt in meiner Hand, damit umzugehen.

Dass Du übrigens solche Fragen von der potentiellen Publikumswirksamkeit her entscheidest, finde ich zum mindesten ... äh ... interessant. Bösere Zungen als ich eine bin würden so ein Vorgehen - möglicherweise! - opportunistisch nennen. Aber das ist Dir wahrscheinlich wumpe, gell?  ;D
Hey, es geht hier nicht um mich! Dass ich keinerlei Problem damit habe, auch gegen (vermeintliche) Mehrheitsmeinungen gegenanzustinken, ist nun wirklich kein Geheimnis.

Aber wenn ich sehe, dass sogar Menschen wie Möllemann oder Günter Grass mit dem Antisemitismus (mund)tot gemacht werden, verstehe ich jeden, der in einer Diskussion um dieses Thema sehr genau auf seine Wortwahl achtet.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 02 Januar 2013, 21:14:09
Hey, es geht hier nicht um mich!
- Doch, Eisbär, es geht um Dich. Auch um Dich. Denn wenn das hier ...

Aber wenn ich sehe, dass sogar Menschen wie Möllemann oder Günter Grass mit dem Antisemitismus (mund)tot gemacht werden, verstehe ich jeden, der in einer Diskussion um dieses Thema sehr genau auf seine Wortwahl achtet.
... wirklich Deine Meinung ist, dann ordnest Du Dich tatsächlich aus reinem Opportunismus unter. Und dann wart' mal ab, wo Du eines Tages aufwachst - ernsthaft. Vor ein paar Jahrzehnten haben sich die Leute auch nicht für träumen lassen, wie weit der Terror durch die Massen noch gehen sollte.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 02 Januar 2013, 22:10:43
Also, angesichts dessen, was Grass passiert ist, kann ich dann schon mal nachvollziehen, dass sich andere künftig zweimal überlegen, ob sie öffentlich opponieren.
Grass konnte es ja zumindest egal sein, er muss nicht fürchten dass er nun öffentlich oder sonstwie nicht mehr existent ist. Er wird seine weiteren Bücher auch weiterhin verkaufen. Aber ein Politiker? Der ist doch sofort erledigt heutzutage, sobald er auch nur ein kritisches Wort über Israel sagt, und sei es auch nur über irgendetwas, das die israelische Regierung tat.

Ich würde es trotzdem begrüßen, wenn sie sich davon nicht beeindrucken ließen und ihnen ihre eigene, ehrliche Meinung wichtiger ist als der zu erwartende Shitstorm. Auch wenn ich, wie Eisbär, nachvollziehen kann, dass viele sich nicht für stark genug halten, um diesen Gegenwind auszuhalten.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: RaoulDuke am 02 Januar 2013, 23:43:15
[...] wenn das hier ...
Aber wenn ich sehe, dass sogar Menschen wie Möllemann oder Günter Grass mit dem Antisemitismus (mund)tot gemacht werden, verstehe ich jeden, der in einer Diskussion um dieses Thema sehr genau auf seine Wortwahl achtet.
... wirklich Deine Meinung ist, dann ordnest Du Dich tatsächlich aus reinem Opportunismus unter. Und dann wart' mal ab, wo Du eines Tages aufwachst - ernsthaft. Vor ein paar Jahrzehnten haben sich die Leute auch nicht für träumen lassen, wie weit der Terror durch die Massen noch gehen sollte.

Aber ist es nicht so, dass man in einer solchen Situation dafür, dass man das richtige tut und sagt, was man denkt, damit rechnen muss, sofort in der öffentlichen Meinung exekutiert zu werden? Das Richtige zu tun ist hier der berufliche Suizid, und was Du so treffend als "Terror der Massen" bezeichnest, eine reale Gefahr.

Wenn alle, die eine dem Massenterror nicht genehme Meinung haben, sich selbst so ins Aus katapultierten, würden nur die übrig bleiben, die dem Zeitgeist nach dem Munde redeten. Es scheint mir vor diesem Hintergrund geradezu geboten, manchmal seine Meinung nicht zu sagen, damit man dort, wo eigene Meinungen noch erlaubt sind, eben noch aktiv werden kann.

Die entsprechenden Themen sind ja auch nicht nur auf das obige Tabuthema beschränkt. Man darf heute ja auch nicht mehr den Kapitalismus loben, eine Religion befürworten oder ablehnen, für Fast Food sein, Rauchen klasse finden und muss beispielsweise so etwas wie "Nahrungsmittelspekulation" verurteilen (Plakate in der U-Bahn gemahnen daran, auch wenn das inhaltich m.E. blankester Unsinn ist). An vielen Stellen herrscht eben Meinungsverbot per Tabu. Da hat man halt die Klappe zu halten und sich zu fügen, je nach schwere des Tabus eben um so deutlicher.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 03 Januar 2013, 06:52:31
Grass konnte es ja zumindest egal sein, er muss nicht fürchten dass er nun öffentlich oder sonstwie nicht mehr existent ist. [...] Aber ein Politiker? Der ist doch sofort erledigt heutzutage, sobald er auch nur ein kritisches Wort über Israel sagt, und sei es auch nur über irgendetwas, das die israelische Regierung tat.

Aber ist es nicht so, dass man in einer solchen Situation dafür, dass man das richtige tut und sagt, was man denkt, damit rechnen muss, sofort in der öffentlichen Meinung exekutiert zu werden? Das Richtige zu tun ist hier der berufliche Suizid, und was Du so treffend als "Terror der Massen" bezeichnest, eine reale Gefahr.

Wenn alle, die eine dem Massenterror nicht genehme Meinung haben, sich selbst so ins Aus katapultierten, würden nur die übrig bleiben, die dem Zeitgeist nach dem Munde redeten. Es scheint mir vor diesem Hintergrund geradezu geboten, manchmal seine Meinung nicht zu sagen, damit man dort, wo eigene Meinungen noch erlaubt sind, eben noch aktiv werden kann.

- Liebe Leute, ich muss mich doch sehr wundern. Lest Euch das, was Ihr da geschrieben habt, noch mal in Ruhe durch und dann versucht Euch mal an die Zeit zu erinnern, als Ihr so acht, neun, zehn Jahre alt wart und Euch zum ersten Mal gewundert habt, wie es "damals" eigentlich so weit kommen konnte - warum die Leute nicht schon "aufgestanden" sind und "den Mund aufgemacht" haben, als es begann, unschön zu werden. Heute besteht beileibe kein nennenswerter Anlass mehr - bzw. nur in den allerseltensten Fällen -, Anspruch auf eine Tapferkeitsmedaille zu erheben, bloß weil man "laut gegen Nazis" ist: das ist nun wirklich so was von Mainstream, da stimmt jeder mit ein. Courage & Aufrichtigkeit beweisen sich mittlerweile auf ganz anderen Spielfeldern. - Und wenn Ihr Euch das mal kurz ganz unvoreingenommen durch den Kopf gehen lasst - schwuppdiwupp habt Ihr 'ne Antwort auf Eure Frage von damals, als Ihr noch ein kleiner Steppke wart und alles so einfach aussah.  ::)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Mishima am 03 Januar 2013, 08:13:27
Ich bevorzuge einen Mittelweg.
Man muss seine Meinung auch gegen die Mitte und Linke der Gesellschaft vertreten können.
Aber es nützt keinem, wenn man dafür sozialen Selbstmord begeht und keiner da ist, der einem nachfolgt.
Um die Meinungsfreiheit durchzusetzen, muss man oft strategisch vorgehen, eine breite Basis für sich schaffen und manchmal auch reformerisch Veränderungen schaffen.
Man muss das Ziel im Auge behalten. Eine tote Stimme nützt niemandem etwas.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: RaoulDuke am 03 Januar 2013, 09:42:43
[...]

[...]

- Liebe Leute, ich muss mich doch sehr wundern. Lest Euch das, was Ihr da geschrieben habt, noch mal in Ruhe durch und dann versucht Euch mal an die Zeit zu erinnern, als Ihr so acht, neun, zehn Jahre alt wart und Euch zum ersten Mal gewundert habt, wie es "damals" eigentlich so weit kommen konnte - warum die Leute nicht schon "aufgestanden" sind und "den Mund aufgemacht" haben, als es begann, unschön zu werden. Heute besteht beileibe kein nennenswerter Anlass mehr - bzw. nur in den allerseltensten Fällen -, Anspruch auf eine Tapferkeitsmedaille zu erheben, bloß weil man "laut gegen Nazis" ist: das ist nun wirklich so was von Mainstream, da stimmt jeder mit ein. Courage & Aufrichtigkeit beweisen sich mittlerweile auf ganz anderen Spielfeldern. - Und wenn Ihr Euch das mal kurz ganz unvoreingenommen durch den Kopf gehen lasst - schwuppdiwupp habt Ihr 'ne Antwort auf Eure Frage von damals, als Ihr noch ein kleiner Steppke wart und alles so einfach aussah.  ::)

Verdammt nochmal, das saß!  :D

Diese Mechanismen scheinen in der Tat noch zu funktionieren, heute dann halt mit anderen Inhalten.

Aber was nun - wer rundherum seine eigene Meinung vertritt, gerät in Probleme. Sollte man jetzt versuchen, die Gesellschaft allumfassend zu ent-tabuisieren, damit jede Meinung vertretbar wird, auch die, die bisher mit einem Tabu belegt sind? ... das scheint mir der einzig gangbare Weg zu sein, um das Problem aufzulösen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Schattenwurf am 03 Januar 2013, 10:15:48
Zitat
Sollte man jetzt versuchen, die Gesellschaft allumfassend zu ent-tabuisieren, damit jede Meinung vertretbar wird
Und so zogen sie los ... schwarz gewandet ... leichenblass ... mit den Insignien des Untergangs behängt ...
und scherzten und herzten mit dem größten aller Tabus in der immer jungen fröhlichen Konsumgesellschaft ... mit dem Tode selbst ...
und sie nannten sich Goth. ^^

Oder mit anderen Worten ...

Ja natürlich ... was denn sonst? o.O
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: RaoulDuke am 03 Januar 2013, 10:24:27
Zitat
Sollte man jetzt versuchen, die Gesellschaft allumfassend zu ent-tabuisieren, damit jede Meinung vertretbar wird
Und so zogen sie los ... schwarz gewandet ... leichenblass ... mit den Insignien des Untergangs behängt ...
und scherzten und herzten mit dem größten aller Tabus in der immer jungen fröhlichen Konsumgesellschaft ... mit dem Tode selbst ...
und sie nannten sich Goth. ^^

Oder mit anderen Worten ...

Ja natürlich ... was denn sonst? o.O

lol

OK, dabei! \o/
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 03 Januar 2013, 11:40:48
Hey, es geht hier nicht um mich!
- Doch, Eisbär, es geht um Dich. Auch um Dich. Denn wenn das hier ...

Aber wenn ich sehe, dass sogar Menschen wie Möllemann oder Günter Grass mit dem Antisemitismus (mund)tot gemacht werden, verstehe ich jeden, der in einer Diskussion um dieses Thema sehr genau auf seine Wortwahl achtet.
... wirklich Deine Meinung ist, dann ordnest Du Dich tatsächlich aus reinem Opportunismus unter.
Von Deinen unsäglichen Godwins mal abgesehen:
Du achtest also nur darauf, was Du sagst, nicht wie Du es formulierst?

Ich persönlich passe meine Rhetorik auch dem Zielpublikum an, deswegen muss ich am Inhalt ja nichts ändern.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 03 Januar 2013, 12:49:42
@ Eisbär

Huh, da wird aber einer grantig ...! 8) Um "unsägliche Godwins" würde es sich übrigens handeln, wenn ich den fraglichen Vergleich aus heiterem Himmel gegriffen hätte - dem ist aber keineswegs so.

Und, ja, selbstverständlich passe auch ich meine Rhetorik dem Zielpublikum an, ich ordne ihm deshalb aber noch lange nicht die programmatischen Inhalte unter. Wenn Du diesen PC-Mumpitz allerdings so weit mitmachst, dass Du Dir mit Verweis auf Grass & Co. Kritik an der israelischen Außenpolitik verkneifst, tust Du genau das. Im übrigen geht es im Rahmen der PC-Doktrin nicht zu knapp um formale Fragen, insofern sind Rhetorik und Botschaft bisweilen gar nicht so leicht zu trennen - und man verpasst diesem Quatsch nun mal sein Placet, wenn man sich seinen Vorgaben unterordnet.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 03 Januar 2013, 15:30:32
Huh, da wird aber einer grantig ...! 8) Um "unsägliche Godwins" würde es sich übrigens handeln, wenn ich den fraglichen Vergleich aus heiterem Himmel gegriffen hätte - dem ist aber keineswegs so.
Ööhm.. doch!

Zitat
Und, ja, selbstverständlich passe auch ich meine Rhetorik dem Zielpublikum an, ich ordne ihm deshalb aber noch lange nicht die programmatischen Inhalte unter. Wenn Du diesen PC-Mumpitz allerdings so weit mitmachst, dass Du Dir mit Verweis auf Grass & Co. Kritik an der israelischen Außenpolitik verkneifst, tust Du genau das.
Davon, sich die Inhalte zu verkneifen, war von mir aber nie die Rede, ich habe nur gesagt, dass man besser zweimal überlegt, wie man etwas formuliert.
Meines Wissens geht es bei PC auch nicht um Inhalte, sondern ausschließlich um Formen.
Zitat
Im übrigen geht es im Rahmen der PC-Doktrin nicht zu knapp um formale Fragen, insofern sind Rhetorik und Botschaft bisweilen gar nicht so leicht zu trennen - und man verpasst diesem Quatsch nun mal sein Placet, wenn man sich seinen Vorgaben unterordnet.
Ob PC nun immer Quatsch ist, darüber ließe sich trefflich streiten.

Aber um mal eine schöne Formulierung (die zum eigentlichen Thema gehört) von Dieter Nuhr in die Debatte einzubringen:
"Der Islam ist nur da tolerant, wo er keine Macht hat."
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 03 Januar 2013, 18:20:40
Huh, da wird aber einer grantig ...! 8) Um "unsägliche Godwins" würde es sich übrigens handeln, wenn ich den fraglichen Vergleich aus heiterem Himmel gegriffen hätte - dem ist aber keineswegs so.
Ööhm.. doch!

- Ach Eisbär, das ist mir dann doch 'ne Nummer zu blöde. Wenn Du den Zusammenhang im vorliegenden Fall partout nicht sehen willst, dann lass' es eben bleiben.

Meines Wissens geht es bei PC auch nicht um Inhalte, sondern ausschließlich um Formen.

- Die sind zweifelsohne ein ganz entscheidender Punkt, die Doktrin beschränkt sich aber keineswegs darauf. Um ein Beispiel zu bemühen: Der in der einschlägigen Szene quasi programmatische Satz "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" deklariert bestimmte, nicht näher benannte Themen und Themenkomplexe - respektive Inhalte - tutti completo als "Faschismus" und stellt auf diese Weise bereits vor einer möglichen Diskussion klar, worüber man reden kann/darf und worüber nicht. Das Feine daran ist: Was da im konkreten Fall dann "Faschismus" sein mag, das bestimmt der wackere, moralisch integere "AntiFaschist" von eigenen Gnaden - und seine Meinung in Frage zu stellen, das wiederum disqualifiziert den Fragesteller eo ipso als "Faschisten", respektive als "Verbrecher", mit dem man sich inhaltlich/argumentativ gar nicht erst auseinandersetzen muss, bevor man ihn zur Hölle schickt. - Die katholische Inquisition des Mittelalters oder die Geheimpolizei einer x-beliebigen Diktatur könnten gegen ihre Widersacher kaum perfider vorgehen.

Ob PC nun immer Quatsch ist, darüber ließe sich trefflich streiten.

- In der Regel - die durch zweifelsohne auch existierende Ausnahmen bestätigt wird - gibt es da meiner Ansicht nach weder viel noch trefflich zu streiten. Ich für meinen Teil halte rein gar nichts von Denk- und Sprechverboten, völlig furzegal, wie sie motiviert sein sollen.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Eisbär am 03 Januar 2013, 20:21:24
Huh, da wird aber einer grantig ...! 8) Um "unsägliche Godwins" würde es sich übrigens handeln, wenn ich den fraglichen Vergleich aus heiterem Himmel gegriffen hätte - dem ist aber keineswegs so.
Ööhm.. doch!

- Ach Eisbär, das ist mir dann doch 'ne Nummer zu blöde. Wenn Du den Zusammenhang im vorliegenden Fall partout nicht sehen willst, dann lass' es eben bleiben.
Tut mir ja leid, wenn Du da Zusammenhänge siehst, aber ich sehe da zwischen der politisch motivierten Hinrichtung und Zurschaustellung des Leichnams an Fleischerhaken aufgehängt doch noch einen eklatanten Unterschied zu einem Shitstorm (der ja ein grunddemokratisches System ist) oder den öffentlichen Vorwürfen einer Institution, die sich wichtiger nimmt, als sie ist.

Zitat
Meines Wissens geht es bei PC auch nicht um Inhalte, sondern ausschließlich um Formen.
- Die sind zweifelsohne ein ganz entscheidender Punkt, die Doktrin beschränkt sich aber keineswegs darauf. Um ein Beispiel zu bemühen: Der in der einschlägigen Szene quasi programmatische Satz "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" deklariert bestimmte, nicht näher benannte Themen und Themenkomplexe - respektive Inhalte - tutti completo als "Faschismus" und stellt auf diese Weise bereits vor einer möglichen Diskussion klar, worüber man reden kann/darf und worüber nicht. Das Feine daran ist: Was da im konkreten Fall dann "Faschismus" sein mag, das bestimmt der wackere, moralisch integere "AntiFaschist" von eigenen Gnaden - und seine Meinung in Frage zu stellen, das wiederum disqualifiziert den Fragesteller eo ipso als "Faschisten", respektive als "Verbrecher", mit dem man sich inhaltlich/argumentativ gar nicht erst auseinandersetzen muss, bevor man ihn zur Hölle schickt. - Die katholische Inquisition des Mittelalters oder die Geheimpolizei einer x-beliebigen Diktatur könnten gegen ihre Widersacher kaum perfider vorgehen.
Du übersiehst dabei den entscheidenden Unterschied, dass besagter Antifaschist - Gott sei Dank - nicht die Deutungshoheit darüber hat, was PC ist.
Wenn man sich auf eine Diskussion mit einem Extremisten einläßt, egal welcher Couleur, kommt eigentlich nie etwas bei heraus. Das weiß man aber vorher.

Zitat
Ob PC nun immer Quatsch ist, darüber ließe sich trefflich streiten.
- In der Regel - die durch zweifelsohne auch existierende Ausnahmen bestätigt wird - gibt es da meiner Ansicht nach weder viel noch trefflich zu streiten. Ich für meinen Teil halte rein gar nichts von Denk- und Sprechverboten, völlig furzegal, wie sie motiviert sein sollen.
Ich halte es schon für sinnvoll, Opfern von politisch, rassistisch oder ähnlich motivierten Verbrechen nicht vor den Kopf zu stoßen, indem man die Taten relativiert oder verharmlost.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 03 Januar 2013, 21:01:00
Grass konnte es ja zumindest egal sein, er muss nicht fürchten dass er nun öffentlich oder sonstwie nicht mehr existent ist. [...] Aber ein Politiker? Der ist doch sofort erledigt heutzutage, sobald er auch nur ein kritisches Wort über Israel sagt, und sei es auch nur über irgendetwas, das die israelische Regierung tat.

...

- Liebe Leute, ich muss mich doch sehr wundern. Lest Euch das, was Ihr da geschrieben habt, noch mal in Ruhe durch und dann versucht Euch mal an die Zeit zu erinnern, als Ihr so acht, neun, zehn Jahre alt wart und Euch zum ersten Mal gewundert habt, wie es "damals" eigentlich so weit kommen konnte - warum die Leute nicht schon "aufgestanden" sind und "den Mund aufgemacht" haben, als es begann, unschön zu werden. Heute besteht beileibe kein nennenswerter Anlass mehr - bzw. nur in den allerseltensten Fällen -, Anspruch auf eine Tapferkeitsmedaille zu erheben, bloß weil man "laut gegen Nazis" ist: das ist nun wirklich so was von Mainstream, da stimmt jeder mit ein. Courage & Aufrichtigkeit beweisen sich mittlerweile auf ganz anderen Spielfeldern. - Und wenn Ihr Euch das mal kurz ganz unvoreingenommen durch den Kopf gehen lasst - schwuppdiwupp habt Ihr 'ne Antwort auf Eure Frage von damals, als Ihr noch ein kleiner Steppke wart und alles so einfach aussah.  ::)

Nee du, den Schuh ziehe ich mir nicht an.

Erstens, weil ich persönlich ja sehr wohl meine Meinung sage und das auch gerne mal gegen die Mehrheitsmeinung. Was im übrigen exakt in diesem Thread hier geschehen ist, wenn du ein paar Seiten weiter zurückblättern magst. ;)

Zweitens ist das Phänomen von damals, das du hier ansprichst, nicht dass Leute wie Grass nun möglicherweise nix mehr sagen, sondern dass es heute wie damals kaum Gegenwehr gegen das, was man heute so gerne "Shitstorm" nennt, gab! Da haben alle auf Grass draufgekloppt, Gegenmeinungen gab es merkwürdigerweise kaum welche. DAS ist das Problem damals gewesen, und das ist es auch heute! Da wird von oben manipuliert bis die Schwarte kracht und keiner wehrt sich ... hallooo?
Dass da den Prominenten, die Karriere / Familie / alles verlieren können durch eine einzige Aussage, da dann vergeht wenn sie bemerken dass sich niemand hinter sie stellt sondern nur alle gegen sie weil's halt so einfach und schick ist, dann kann ich jedenfalls sehr gut verstehen, dass die meisten davon dann die Klappe halten.

Die paar Prominenten da oben haben nicht das Grauen möglich gemacht, das damals geschah. Es war dann doch tatsächlich die Basis, von der erstaunlich viele tatsächlich genau das richtig fanden, was der Föööhrer damals befürwortete und dass diese die ganz klare Mehrheit darstellte. Denn, Machtergreifung hin oder her: Als die NSDAP stärkste Kraft im Parlament am 5. März 1933 wurde, geschah dies noch unter komplett demokratischen Vorzeichen. Den Irren da hat man damals doch tatsächlich ganz ordentlich gewählt! Die Gaunereien gingen erst später los.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: nightnurse am 03 Januar 2013, 22:48:59
Denn, Machtergreifung hin oder her: ...

Da wurde, bittesehr, gar nichts "ergriffen". Da fehlt mir ein Paar Anführungszeichen oder das Wort "sogenannt".
Soviel PC darf gerne sein.

Als die NSDAP stärkste Kraft im Parlament am 5. März 1933 wurde, geschah dies noch unter komplett demokratischen Vorzeichen. Den Irren da hat man damals doch tatsächlich ganz ordentlich gewählt! Die Gaunereien gingen erst später los.


Die Gaunereien gingen sofort los, nachdem Hitler zum Reichskanzler ernannt worden war, indem man z.B. gegen politische Gegner, sagen wir mal freundlich: repressiv vorging. Nach dem Reichstagsbrand zum strategisch günstigen Zeitpunkt nutzte man dann die Chance,unter Propagandastürmen KPD und SPD durch Verhaftungen in den Funktionärsebenen vor den Wahlen ziemlich lahmzulegen und auch gegen sonstige Parteimitglieder und Sympathisanten war man gar nicht zimperlich.
Zu behaupten, diese letzten Wahlen nach republikanischem Recht seien unter "komplett demokratischen Vorzeichen" abgelaufen, ist da etwas...äh... einfach.
Wie dann die Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz zustande kam und vonstatten ging, ist zwar eine Gaunerei, die später als die Wahl geschah, aber das gehört auf jeden Fall noch dazu: "Ganz ordentlich gewählt" hat man diese Führung nicht.


(Es bleibt natürlich der Fakt, daß erschreckend viele Menschen Hitler und seiner Partei ihre Stimmen gaben. Aber was die Motivationen dafür waren, ob sie wirklich alles wussten und wollten, was die vorzuhaben zugaben, das wird sich leider nicht mehr erforschen lassen.)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Kenaz am 03 Januar 2013, 22:49:52
Du übersiehst dabei den entscheidenden Unterschied, dass besagter Antifaschist - Gott sei Dank - nicht die Deutungshoheit darüber hat, was PC ist.
Wenn man sich auf eine Diskussion mit einem Extremisten einläßt, egal welcher Couleur, kommt eigentlich nie etwas bei heraus. Das weiß man aber vorher.

- Das gesamte Konstrukt kommt genuin aus der - tendenziell extrem - linken Szene, mach' Dir also bitte keine Illusionen, wer hier im Zweifelsfall die Deutungshoheit hat. Die Praxis bestätigt die Theorie da eindrucksvoll.

Ich halte es schon für sinnvoll, Opfern von politisch, rassistisch oder ähnlich motivierten Verbrechen nicht vor den Kopf zu stoßen, indem man die Taten relativiert oder verharmlost.

- Da bin ich mit Dir völlig einer Meinung Eisbär. Ich wüsste im übrigen aber auch nicht, wer das bestritten hätte. Mir liegt dergleichen jedenfalls fern. Im übrigen gibt es zweifellos Anlässe, bei denen Pietät, Mitgefühl oder Respekt dem zivilisierten Menschen die Ausklammerung gewisser Themen und Attitüden zu einer Selbstverständlichkeit machen. Diese Ausnahmen - die ich ja auch ansprach - bestätigen jedoch die Regel: Denk- und Sprechverbote führen nicht zu einer Lösung, sondern zu einer Verschärfung der Gesamtproblematik.

Edit: Ich gehe in dieser Frage übrigens noch einen Schritt weiter als Du und halte es sogar für sinnvoll, Opfern von Verbrechen nicht vor den Kopf zu stoßen, die weder politisch, noch rassistisch, noch "ähnlich motiviert" (?) sind ...  ;)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 03 Januar 2013, 23:09:47
Zitat
(Es bleibt natürlich der Fakt, daß erschreckend viele Menschen Hitler und seiner Partei ihre Stimmen gaben. Aber was die Motivationen dafür waren, ob sie wirklich alles wussten und wollten, was die vorzuhaben zugaben, das wird sich leider nicht mehr erforschen lassen.)

Auch wenn's nur in Klammer steht: Du, das ist schon ganz gut erforscht. Alleine Wikipedia gibt bereits jede Menge Fakten wieder, wie die NSDAP damals sehr geschickt jedes Lager direkt ansprach, teils sehr widersprüchlich in unterschiedlichen Lagern agierte.
Ich bleibe dabei, es hat tatsächlich damals eine Mehrheit an Menschen gegeben die diese Partei gewählt hat, und zwar aus voller Überzeugung heraus! Sie dachten wirklich, dass der Mann die große Depression beenden könne und noch so einiges mehr!

Und das ist zufälligerweise auch noch komplett ontopic, weil viele aus Unwissen wählten, Ängste geschürt werden konnten vor etwas, das man nicht verstand. Auch und gerade der Antisemitismus. "Die Juden" waren in der Gesellschaft ein beliebtes Feindbild, hauptsächlich aber deswegen weil man sie allesamt für Menschen hielt, die Machenschaften betrieben, die anderer Leute Land enteigneten, um nur eins von vielen damaligen herrschenden Meinungen zu nennen.
Genau so wird heutzutage dann die Angst gegenüber Muslimen geschürt. Die Rechten von heute arbeiten exakt damit!
Könnten sie aber so nicht mehr, wenn jeder über den Koran und dessen korrekte (!) Anwendung besser bescheid wüsste. Denn dann hätten es, wie bereits von mir weiter oben beschrieben, die radikalen Kräfte unter den Muslimen schwerer, ihre Schäfchen "auf Linie" zu kriegen, und man verstünde die bislang ach so fremden Verhaltensweisen von Muslimen sehr viel besser und wüsste, dass sie gar nicht so alienmäßig sind, wie man vielleicht zuvor dachte.

Aufklärung und Transparenz sind Gegner jeglichen Extremismus. Waren sie schon immer und werden sie immer sein.
Weil Extremisten hauptsächlich zwei Dinge sehr helfen: Unwissenheit und daraus generierter Angst. Angst vor dem Unbekannten.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: nightnurse am 03 Januar 2013, 23:26:55
Du kannst gerne dabei bleiben, aber 44% von 88% ist, wenn auch verdammt viel, dennoch keine Mehrheit *anstrahl*.  :D

Zitat
und zwar aus voller Überzeugung heraus! Sie dachten wirklich, dass der Mann die große Depression beenden könne und noch so einiges mehr!

Na sicher dachten sie das, aber das heisst noch nicht, daß sie mit dem Partiprogramm und "Mein Kampf" vertraut oder einverstanden waren.
Aber ich guck mich mal um, was da so auf Wikipedia steht.

Daß man den Koran zwar inhaltlich kennenlernen kann, sich dessen "korrekte Anwendung" aber kaum definieren lässt, wurde hier irgendwo schon erwähnt.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: Schattenwurf am 03 Januar 2013, 23:35:19
Zitat
Aber ich guck mich mal um, was da so auf Wikipedia steht.
Frag mal lieber ein paar Zeitzeugen ... solange sie noch leben ...
danach gibt es eh nur noch Geschichte ... und die schreibt nicht der Verlierer. ^^
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: nightnurse am 03 Januar 2013, 23:44:50
 ::)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: messie am 03 Januar 2013, 23:50:08
Der Punkt ist doch, dass Angst häufig lediglich Angst vor dem Unbekannten ist und genau diese sehr gefährlich ist.

Wenn man eine ehemals fremde Kultur kennen gelernt hat und sie dann nicht mehr gar so fremd ist, dann nimmt man ihr auch gleichzeitig den Schrecken davor. Denn dann weiß man zu differenzieren und sieht in z.B. Muslimen nämlich nicht mehr nur irgendwelche potenziellen Selbstmordattentäter überall oder Menschen, die Deutschland plattmachen wollen.

Auf ähnlichem Boden wurde damals der Antisemitismus begründet: Aus Unwissenheit.
Meine Oma war ein wirklich toller Mensch, aber sie war eine Antisemitin vorm Herrn. Sie war fest davon überzeugt, dass in Banken nur (!) Juden arbeiten und diese für die damalige Inflation verantwortlich waren, um "uns" zu vernichten. So entstand dann die Meinung "bevor die Juden uns vernichten, müssen wir sie vernichten".
Die Tatsache, dass in der Bank auch viele Christen schon damals arbeiteten wollte sie nicht wahr haben - sie konnte es sich schlicht nicht vorstellen. Ihr hatte man gesagt dass dem nicht so wäre, Aufklärung in die Gegenrichtung fand nie statt.

(Soviel zum Thema "Zeitzeugen" *scnr*)

Das unter anderem sorgt für meine Meinung dazu heute. Wer über den sogenannten "Feind", der er ja gar nicht ist, nicht aufklärt, der sorgt für Unwissenheit. Und auf dieser gedeiht Extremismus prächtig.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: colourize am 03 Januar 2013, 23:57:09
::)
+1

Und ja, ich will nun auch n Kotzsmilie.
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: nightnurse am 03 Januar 2013, 23:58:49
Gegen den Willen zur Aufklärung sag ich ja auch gar nichts. Problem ist halt die Umsetzung.

(Die Amerikaner haben im zweiten Weltkrieg über Kärnten Kartoffelkäfer aus Flugzeugen abgeworfen. Das muss stimmen, das weiss ich nämlich von einem Zeitzeugen...)
Titel: Re: Vertrag zwischen der Stadt Hamburg und muslimischen Vertretern
Beitrag von: schwarze Katze am 05 Januar 2013, 18:06:40

Auch wenn's nur in Klammer steht: Du, das ist schon ganz gut erforscht. Alleine Wikipedia gibt bereits jede Menge Fakten wieder, wie die NSDAP damals sehr geschickt jedes Lager direkt ansprach, teils sehr widersprüchlich in unterschiedlichen Lagern agierte.

Ich bleibe dabei, es hat tatsächlich damals eine Mehrheit an Menschen gegeben die diese Partei gewählt hat, und zwar aus voller Überzeugung heraus! Sie dachten wirklich, dass der Mann die große Depression beenden könne und noch so einiges mehr!


viele hatten auch Heidenangst von Bolschewismus, sie wussten damals noch nicht, dass die beide Systemen gleich schlimm sind.
Dazu kam natürlich die grosse Depresion und die Folgen von Versailler Vertrag.