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Autor Thema: Bundestagswahl 2021 - und jetzt?  (Gelesen 6532 mal)

Eisbär

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Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« am: 27 September 2021, 14:13:53 »

Tja, was fangen wir jetzt mit dem Ergebnis an?


Ich stehe etwas ratlos da und fürchte die nächste Groko und weitere 4 Jahre Stillstand.
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BaerndME

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #1 am: 27 September 2021, 14:27:58 »

Meine letzte Hoffnung: Regierung ohne CxU, also Ampel (nachdem die Linke leider raus ist, ich habe Ideen, warum das so ist, aber die machen mich eher wütend als alles Anderes), UND DANN:
- dass einige der FDP-Punkte, nämlich Bürokratieabbau und Co., tatsächlich was bringen,
- und die FDP beim Thema "soziale Gerechtigkeit" Abstriche macht zugunsten der eigentlich ganz guten offiziellen Pläne von SPD und Grünen. Oder so ähnlich...
- dass diese Koalition es vielleicht schafft, die Marktwirtschaft (leider immer noch das beste Wirtschaftssystem, das wir haben) vom Korruptions- und Sesselpupsermief zu befreien und ihre Kräfte freizusetzen, vor allem auch in Hinblick auf die Umwelt.

Ich weiß, dass sich das utopisch liest, möglichweise ist es das auch, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Warum denke ich so? Die FDP ist bei den Erstwählern die stärkste Partei, also bei denen, mit den fresh-sten Hirnen und der längsten noch verbleibenden Zeit auf dieser Erde. Diese Wählergruppe muss sich kollektiv was dabei gedacht haben, genau so zu wählen, wie sie gewählt hat. Und aus Fairnessgründen gönne ich es diesen Menschen, wenn sie "ihre" Regierung bekommen. Bedeutet gelb-grün.

Was ich sonst mit dem Ergebnis anfangen kann: mich ein wenig freuen, dass ich auch in Zukunft mehr als 200 auf der Autobahn fahren darf. Das hätte ich zwar eigentlich ganz gerne abgegeben, aber irgendwie ein bisschen wehleidig war ich ja doch. Wenn das Motorrad das schon kann... (mit dem Auto mache ich das nicht, das wird zu durstig, da fahre ich durchgängig max. 133)

Wenigstens ist die CxU nur Zweiter und kann mit der FDP nicht alleine, das ist schon was wert, gestern hatte ich noch Angst, dass es (braun-)schwarz werden könnte.
« Letzte Änderung: 27 September 2021, 14:29:38 von BaerndME »
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Jack_N

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #2 am: 27 September 2021, 15:30:31 »

Mal gucken. Wenn die Parteien sich an ihre Zusagen halten kann außer Ampel ja eigentlich nix bei rumkommen:
CxU/SPD haben eine Fortführung der Groko im Vorfeld kategorisch ausgeschlossen
Die Grünen haben in ihrer Basis keinerlei Rückhalt für eine Koalition mit der CxU.
Die FDP will eh nur mal wieder n paar Posten haben, gerne was mit Finanzen oder Recht oder so. (wobei ich n FDP-geführtes Bildungsministerium mal spannend fände)

Also bleibt in der Theorie nur ne Ampel, oder eben Minderheitsregierung.
Was ich nicht verstehe ist das Wahlergebnis regional. Warum zum Geier wurde im Ahrtal die Zweitstimme mehrheitlich an die CDU gegeben? Erklär mir das bitte mal jemand. Ist das so'n Fall von "hamwa immer so gemacht, da ändert ne Flut und ein uns auslachender Kanzerkandidat, der für den Scheiss mitverantwortlich ist, jetzt auch nix" ?
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RaoulDuke

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #3 am: 27 September 2021, 16:11:48 »

Ich wurde von dem Ergebnis einigermaßen überrascht - aber am Ende finde ich es eigentlich gut.

Weniger für mich selbst, da hat ja jeder so seine Präferenzen - aber es ergibt insgesamt eine Situation, in der fast alle Gehör finden, und das mag ich am demokratischen System eigentlich wirklich gern. Die CDU hat eine verdiente, krachende Niederlage eingefahren - vielleicht nehmen die das mal zum Anlass, sich neu aufzustellen, am besten in der Opposition. Als konservative Kraft kann man die Partei ja nicht mehr ernsthaft wahrnehmen, aber auch nicht als ... irgendetwas anderes. Das war ja nur noch traurig, ein Blick auf die "Wahlparty" auf N-TV reichte ganz gut, um die Lage zu erfassen. Die SPD hat vor allem wegen ihres Kandidaten gewonnen, und manchmal tut ein Wachwechsel im Kanzleramt ja auch ganz gut. Die Grünen haben sich aus meiner Sicht etwas an ihrer Hybris verschluckt, aber aus der Regierung sind sie kaum herauszuhalten. Die FDP hat einen fulminanten Sieg hingelegt, und wie ich finde, absolut verdient - aber sie hat auch von der Schwäche der anderen profitiert, und vor der Angst vor Rot-Rot-Grün, die manche hat taktisch wählen lassen. Die AfD hat sich erstaunlich gut gehalten angesichts der innerparteilichen Querelen und ungeschickter Positionierung in manchen Themen - ich glaube die zielgenaue, sehr hochqualitative Plakataktion hat hier Wirkung gezeigt. Dass die Linke so hart getroffen ist, finde ich einerseits ganz gut, weil ich große Befürchtungen gegenüber den Folgen einer Rot-Rot-Grünen Regierung gehegt habe, aber andererseits würden hier Stimmen in der Debatte fehlen, die aus meiner Sicht da auf jeden Fall hingehören. Naja, man kommt ja über die drei Direktmandate rein.

Alles in allem wird es ein vielschichtiges Parlament, das hoffentlich weniger auf große Blöcke, Fraktionszwang und Gehorsam setzt als in den vergangenen 16 Jahren. Es gibt große Herausforderungen, da werden die Ideen von allen gebraucht.
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BaerndME

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #4 am: 27 September 2021, 17:19:10 »

...weil ich große Befürchtungen gegenüber den Folgen einer Rot-Rot-Grünen Regierung gehegt habe, ...
Du meinst dass denen, die sich gerade kein Haus und keine Eigentumswohnung leisten können, weil sie zu den oberen 20% gehören, nach Abzug der Miete noch eine angemessene Portion Geld im Monat bleibt?
Oder dass der Kohleausstieg 2030 tatsächlich realisiert wird und damit Wälder, Dörfer und unsere Athmosphäre geschützt werden?
Oder dass sich die Einsicht durchsetzt, dass eine Politik GEGEN Russland auf Dauer schädlich ist für die gesamte westliche Welt, egal, wie scheiße Putin ist?
Oder dass du irgendwann von nicht-überlasteten Pflegekräften betreut wirst, solltest du das brauchen?
...
Nein warte mal... Aber ich verrate dir ein Geheimnis: Auch die Linke hätte unsere Wirtschaft nicht kaputt bekommen, selbst wenn sie es gewollt hätten, und nicht mal das ist der Fall.
Oder... welche Befürchtungen meinst du?

Ich hab auch eine: Der Markt wird NICHTS regeln, weil er das schon lange nicht mehr tut in Deutschland.
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Jack_N

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #5 am: 27 September 2021, 17:39:27 »

Muss da Baernd in vielen Punkten zustimmen.
Erbschaftssteuer - trifft nur sehr wenige, wenn sie so wie angedacht kommt. Die Zahl an Einzelerben, die über 500.000€ pro Nase bekommt, ist doch recht überschaubar. Das ändert sich natürlich jetzt gerade etwas durch die total überhöhten Immobilienpreise - aber selbst mit denen liegt der Großteil der Immobilien auf dem Markt darunter, und wie die Wertentwicklung in 10-20 Jahren ist, ob da nicht ne Blase platzt  kann keiner vorhersehen.
Den Bürgern Geld zu verschaffen, frei nach dem Motto fairer Lohn für faire Arbeit, ist sicher auch nicht verkehrt. Die Dissonanz zwischen den Gehältern, insbesondere in Führungsriegen und der normalen Angestelltenschaft, ist nicht mehr zu vermitteln. Wir haben uns hier innerhalb von ca. 40 Jahren vom 5-fachen Gehalt einer Führungsperson zum teilweise 50-fachen Gehalt (und mehr) bewegt. Ja, im gleichen Atemzug wurde viel "middle management" abgebaut, die angeblich so tollen flachen Hierarchien haben aber nur dazu geführt dass die Mittelschicht ausgedünnt wurde. Das haben wir toll von den USA übernommen, die bereits n Jahrzehnt früher damit angefangen haben. "Flache Hierarchie" klingt ja erstmal auch prima, entfernt aber viele Aufstiegsmöglichkeiten.

Gespannt bin ich wirklich ob die Pflegekraft-Misere jetzt langsam mal angegangen wird. Irgendwann wollen auch keine Leute aus dem Ostblock mehr diese Jobs für nen Hungerlohn bei uns übernehmen, und dann? Die Prognosen für den Personalmangel sorgen derzeit nur dafür, dass immer mehr Leute mit der Kündigung liebäugeln.

Was ich mich eigentlich nur frage ist wie viele Politiker, die jetzt das erste Mal in die Regierungskreise einziehen, umkippen und sich kaufen lassen. Bzw. nicht wie viele, sondern wann es so weit ist dass es alle erwischt hat. Denke nicht dass auch nur ein einziger, der es nach oben schafft, da immun ist.
Es wäre ehrlicher wenn sie ihre Sponsorenlogos direkt am Jackett tragen würden, dann wüsste man woran man ist.
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RaoulDuke

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #6 am: 28 September 2021, 09:31:14 »

Also mit Politik ist es ja so eine Sache.

Ich habe gelernt, dass das Diskutieren politischer Standpunkt im öffentlichen Raum so seine Herausforderungen hat. Ob man sich das nun auf das forum romanum bezieht oder auf das dieses Forum, da ist Vorsicht geboten und war es wohl auch schon immer. Politische Diskussionen ad rem zu führen, benötigt eine Disziplin, die, wie die Entwicklung von Hatebook zeigt, nicht viele aufbringen wollen oder können. Daher verzichte ich auf die Teilnahme einer Diskussion von politischen Standpunkten in diesem Forum. Ich kann nur sagen, dass ich zu denen gehöre, die eine rot-rot-grüne Koalition nicht für gut für das Land gehalten hätten, und irgendwo habe ich mal eine Umfrage gesehen, dass 80% der anderen Wahlberechtigten vor der Wahl auch so gedacht haben (fragt mich jetzt aber bitte nicht nach der Quelle, das habe ich vor Tagen irgendwo im Netz aufgesammelt, es ist mit Google nicht leicht wiederzufinden). Das bedeutet allerdings nicht, dass ich verlangen würde, dass alle anderen genauso denken. Natürlich nicht, denken jetzt vielleicht Menschen mit dem gleichen Weltbild wie ich. Wieso denn nicht, denken jetzt vielleicht Menschen mit diesem anderen Weltbild. Aber so ist die Welt nun einmal.
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Jack_N

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #7 am: 28 September 2021, 10:09:39 »

Das ist doch vollkommen normal, und nix wofür man sich meiner Meinung nach explizit rechtfertigen muss.
Edit: Was ich meine ist: Jeder ist geprägt durch sein soziales Umfeld, seinen Job, seine Erfahrungen. Und damit hat jeder andere Meinungen und Ansichten, und natürlich vertritt man bei einer Wahl auch Dinge, die einem einerseits als Werte wichtig sind, andererseits aber auch, was man sich für seine Zukunft wünscht. Die Frage ist wem man am ehesten zutraut da etwas zu bewegen - falls man Bewegung möchte. Da denkt aber jeder anders drüber, das Folgende ist auch nur meine Meinung, mit der ich in den Augen anderer total falsch liegen kann.

Genauso wie ich denke, dass wir in unserem Handeln eigentlich schon Jahrzehnte zu spät dran sind mit höheren Abgaben auf gewisse Dinge, und immer nur dem Geld weiteres Geld hinterhergeworfen haben um den Status Quo zu wahren, genauso geht anderen, die sich rund um dieses Umfeld arrangiert haben, jetzt der Kackstift wenn sie vor Veränderungen gestellt werden, die sie ihr Leben lang ausgeblendet haben - frei nach dem Motto: War nie nötig, wurde immer verhindert, das passiert schon nicht.

Beispiel: Fleischindustrie. Die immer größer werdenden, pervers anmutenden Schlachthöfe, die uns die billigen XXL-Schnitzel und gemischtes Hack für 1,50€/Pfund bescheren, stehen vor Problemen. Die Abnahme sinkt, sie versuchen mit Dumpingpreisen gegenzusteuern. Das betrifft dann aber vor allem die anliefernden Bauern, die sich auf eine schnelle Aufzucht von Tieren spezialisiert haben, weil das für sie das lukrativste Geschäftsmodell war. Jetzt aber wird langsam genauer auf die Zustände der Tiere geschaut, die Bauern bekommen weniger oder die Schlachthöfe nehmen die Tiere gar nicht erst ab - die Aufzucht für die nächsten Monate/Jahre ist aber unverändert in vollem Gange.
Umstellen auf Bio ist auch nicht so einfach, spätestens seit Aldi angekündigt hat, ab einem gewissen Punkt nur noch Tiere aus Freilandhaltung zu Fleisch zu verarbeiten (Tierwohl-Klasse 4), und damit einen Großteil der jetzigen Lieferanten auszuschließen, gehen die Alarmglocken bei den bisherigen Viehhaltern los. Zudem: Wenn sie alle auf Freilandhaltung umstellen würden (was viele mangels Ländereien gar nicht in der Größe können), dann wären sie wieder in Konkurrenz und könnten durch das Überangebot erneut ihre Preise nicht reinholen, die sie für die artgerechte Versorgung der Tiere benötigen.

Korrekt wäre gewesen schon vor längerer Zeit sich vom Geschäft der Massentierhaltung zu verabschieden, und langsam umzustrukturieren. Aber das hätte ja Aufwand bedeutet, und Umdenken. Und warum, wenn es mit Lobbyarbeit an die CxU doch auch funktioniert hat?


Und das Beispiel kann man schön auf fast unendlich viele Branchen übertragen. Da wurden veraltete Geschäftsmodelle und Fertigungsmethoden über Jahrzehnte hin verschleppt, und gemolken. Ich kenne Firmen die Kabel herstellen, high-End Netzwerkkabel für widrige Umgebungen mit säurefesten Mänteln usw... Und was für Maschinen sind im Einsatz um das Kupfer aus armdicken Strängen zu den dünnen Kabeln zu pressen und zu verspinnen? Uralt-Geräte aus den 50ern und 60ern, noch von der Telekom. Weil es da nix neueres gibt - auch hier haben sich Firmen auf Know-How ausgeruht, und sind dann pleite gegangen weil sie nichts neues erfunden haben, keine weiteren Geräte entwickelten. Resultat ist dass es jetzt für Uralt-Maschinen keinen Ersatz gibt und die von den wenigen Menschen, die sich damit noch auskennen, gepflegt werden wie sonstwas damit sie dauerhaft weiterlaufen können. Und das nur, weil deren Hersteller nur eine Produktschiene hergestellt hat, und als der Markt gesättigt war, dann keine Ahnung hatte was man tun sollte. Man war doch Marktführer, warum verkauft man denn nix mehr?


Es herrscht halt das Ich-ich-ich-Syndrom. Leider. Passend dazu - stammt zwar aus den USA, ist aber auch hierzulande 1a anwendbar: https://imgur.com/O85l98o.jpg

Würde mir wünschen dass unsere Gesellschaft mehr in Richtung Zukunft unterwegs wäre, und dabei diejenigen, die sich die bunte Welt nicht leisten können aufgrund von sozialer Ungerechtigkeit, nicht vergisst. Dann hätten wir auch weniger Probleme an anderen, radikalen Fronten und keine Fackelmärsche in Sachsen wie gestern.

Zurück zur Wahl: Ich kann aber beim besten willen nicht verstehen wie Annalena Baerbock auseinandergenommen wurde. Das war unterste Chauvi-Schublade der Presse, zusammen mit einer Schmutzkampagne sondergleichen. Ja, ihr Buch enthielt kopierte Passagen. Das war dumm,kann man nicht anders sagen.
War das jetzt dümmer als das was Laschet oder Scholz sich in den vergangenen Jahren geleistet haben? Und wofür sie nichtmal angemessen bestraft wurden? Wohl kaum. Aber weil sie eine Frau ist ist sie damit schon automatisch "raus". Traurig.
« Letzte Änderung: 28 September 2021, 10:19:12 von Jack_N »
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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #8 am: 28 September 2021, 12:25:40 »

Tjoah... der große Gemischtwarenladen da im Parlament. Ich bewerte das Ergebnis sehr ambivalent.

Erstmal finde ich es sehr gut, dass die Union nicht stärkste Fraktion geworden ist. Ich hatte nämlich befürchtet, dass Viele in letzter Minute noch von der FDP zur Union umschwenken, damit es in jedem Fall eine unionsgeführte Regierung geben wird, hier in diesem struktur- und wertkonservativen Land. Frei nach dem Motto "Bloß keine Experimente und der Union bitte das ihr zustehende Dauerabo aufs Kanzleramt."

Selbst Laschet konnte es ja nicht fassen, dass er trotz einer Wahlniederlage vermutlich nicht Kanzler werden wird. Unerhört. Denn jetzt stehen die Zeichen voll auf Ampel, und ich fände es natürlich gut, wenn die CDU mal in die Opposition geht.

Natürlich wäre es besser gewesen, wenn es eine rechnerische Möglichkeit für RRG gegeben hätte (auch wenns unwahrscheinlich ist, dass es gekommen wäre), hätte man doch den Preis hochtreiben und die FDP in Verhandlungen kleinhalten können, wenn es noch den Gruselkasper RRG im Wandschrank gegeben hätte.

Aber wie erwartet reicht es natürlich für RRG halt nicht in unserem konservativ geprägten Lande. Dafür gibt es hier einfach keine Mehrheiten.

Für die Linke finde ich diesen 4,9% Schock mal einen guten Schuss vor den Bug. Ich hoffe, dass die Linke draus lernt und sich einheitlicher aufstellt das nächste mal, sodass klarer ist wofür sie steht.

Letztlich gibt es drei sehr verdiente Verlierer (AfD, Union, Linke) und drei sehr verdiente Gewinner (SPD, FDP, Grüne). Ich denke, dass die Wahlgewinner gut daran tun, sich nun möglichst schnell zusammenzutun und eine Regierung zu bilden. Das letzte was wir jetzt brauchen, ist ein monatelanger Stillstand mit einer kommissarischen Regierung.
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BaerndME

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #9 am: 28 September 2021, 13:04:57 »

Also mit Politik ist es ja so eine Sache.

Ich habe gelernt, dass das Diskutieren politischer Standpunkt im öffentlichen Raum so seine Herausforderungen hat.

Ich wollte schon fragen, ob ich mal wieder zu provokativ geschrieben habe.
Mir geht es um ein Verständnis dafür, warum das mit R2G so schlimm sein soll.
Wofür ich Verständnis habe: Unsere Diskussionskultur in den letzten 2 Jahren lädt nicht gerade dazu ein, eine sachliche Unterhaltung über Politik zu führen, die niemandem emotional nahe geht. Das haben wir verbockt, und ich sehe ein, dass du da auch nicht mitmachen willst. Und sollte mir eigentlich ein Beispiel an dir nehmen. Aber scheißenochmal, da ist ja noch mein Sendungsbewusstsein... ^^

Beispiel: Fleischindustrie. Die immer größer werdenden, pervers anmutenden Schlachthöfe, die uns die billigen XXL-Schnitzel und gemischtes Hack für 1,50€/Pfund bescheren, stehen vor Problemen. Die Abnahme sinkt, sie versuchen mit Dumpingpreisen gegenzusteuern. Das betrifft dann aber vor allem die anliefernden Bauern, die sich auf eine schnelle Aufzucht von Tieren spezialisiert haben, weil das für sie das lukrativste Geschäftsmodell war. Jetzt aber wird langsam genauer auf die Zustände der Tiere geschaut, die Bauern bekommen weniger oder die Schlachthöfe nehmen die Tiere gar nicht erst ab - die Aufzucht für die nächsten Monate/Jahre ist aber unverändert in vollem Gange.
Umstellen auf Bio ist auch nicht so einfach, spätestens seit Aldi angekündigt hat, ab einem gewissen Punkt nur noch Tiere aus Freilandhaltung zu Fleisch zu verarbeiten (Tierwohl-Klasse 4), und damit einen Großteil der jetzigen Lieferanten auszuschließen, gehen die Alarmglocken bei den bisherigen Viehhaltern los. Zudem: Wenn sie alle auf Freilandhaltung umstellen würden (was viele mangels Ländereien gar nicht in der Größe können), dann wären sie wieder in Konkurrenz und könnten durch das Überangebot erneut ihre Preise nicht reinholen, die sie für die artgerechte Versorgung der Tiere benötigen.

In solchen Momenten sehe ich immer die Gründe dafür, dass ich fest daran glaube, die Marktwirtschaft sei immer noch das beste System, das wir haben und kennen. Hier regelt der Markt, und das was Aldi hier tut, ist verdammt nochmal gut und richtig.

Aber dein Punkt ist mir nicht ganz klar: Meinst du, durch frühere Rahmenbedingungen für Bio- und Freilandproduktion hätte man Fleischerzeugern eine zerstörte Existenz und Tieren eine sinnlose Schlachtung zur Vernichtung ersparen können, oder wie meinst du das?
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Jack_N

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Antw:Bundestagswahl 2021 - und jetzt?
« Antwort #10 am: 28 September 2021, 13:35:48 »


Beispiel: Fleischindustrie. Die immer größer werdenden, pervers anmutenden Schlachthöfe, die uns die billigen XXL-Schnitzel und gemischtes Hack für 1,50€/Pfund bescheren, stehen vor Problemen. Die Abnahme sinkt, sie versuchen mit Dumpingpreisen gegenzusteuern. Das betrifft dann aber vor allem die anliefernden Bauern, die sich auf eine schnelle Aufzucht von Tieren spezialisiert haben, weil das für sie das lukrativste Geschäftsmodell war. Jetzt aber wird langsam genauer auf die Zustände der Tiere geschaut, die Bauern bekommen weniger oder die Schlachthöfe nehmen die Tiere gar nicht erst ab - die Aufzucht für die nächsten Monate/Jahre ist aber unverändert in vollem Gange.
Umstellen auf Bio ist auch nicht so einfach, spätestens seit Aldi angekündigt hat, ab einem gewissen Punkt nur noch Tiere aus Freilandhaltung zu Fleisch zu verarbeiten (Tierwohl-Klasse 4), und damit einen Großteil der jetzigen Lieferanten auszuschließen, gehen die Alarmglocken bei den bisherigen Viehhaltern los. Zudem: Wenn sie alle auf Freilandhaltung umstellen würden (was viele mangels Ländereien gar nicht in der Größe können), dann wären sie wieder in Konkurrenz und könnten durch das Überangebot erneut ihre Preise nicht reinholen, die sie für die artgerechte Versorgung der Tiere benötigen.

In solchen Momenten sehe ich immer die Gründe dafür, dass ich fest daran glaube, die Marktwirtschaft sei immer noch das beste System, das wir haben und kennen. Hier regelt der Markt, und das was Aldi hier tut, ist verdammt nochmal gut und richtig.

Aber dein Punkt ist mir nicht ganz klar: Meinst du, durch frühere Rahmenbedingungen für Bio- und Freilandproduktion hätte man Fleischerzeugern eine zerstörte Existenz und Tieren eine sinnlose Schlachtung zur Vernichtung ersparen können, oder wie meinst du das?

Japp, in die Richtung ging mein Kommentar.
Ich habe sehr oft in diversen Industrien ein "das hat doch niemand kommen sehen" gehört, wo sich auf immer gleich bleibenden Produktionszyklen ausgeruht wurde, Produkte die gut im Markt ankamen nicht mehr verbessert wurden, umgekehrt aber auch kein Geld in Forschung und Weiterentwicklung gesteckt wurde, weil man ja grad so schön Gewinne abschöpfen konnte. Was bei der Belegschaft natürlich nicht in dem Rahmen ankam.
Und dort, wo es bei der Belegschaft ankam, war die natürlich auch nicht dran interessiert, dass ihre Sonderzahlungen gekürzt werden, damit sich die Firma besser auf die Zukunft vorbereiten kann. "Warum denn sowas, läuft doch alles?" - schrien die am lautesten, die das komplette Gehalt inklusive der Sonderzahlungen einberechnet hatten um ihren überzogenen Immobilienkredit abzusichern.
Die Weitsicht fehlt halt allenortes sowohl bei den einfachen Arbeitern, als auch bei der Geschäftsführung, ebenso bei den Selbständigen. Auch dort hab ich, wenn gewisse Dienstleistungen nicht mehr so gefragt sind, oft nur ein "und was soll ich dann machen?" gehört - anstatt dass die Leute sich zeitig, sobald die Umsätze zurückgehen, um andere Geschäftsfelder, Weiterbildungen etc... bemüht hätten.
Ein Kumpel von mir hat als Drucker/Setzer gelernt, hat danach in diversen Firmen gearbeitet, sich die Grundlagen des Grafikdesigns selbst beigebracht, eine Ich-AG gegründet und damit Werbe-Prototypen-Erstellung betrieben, inklusive Prototypendesign für neue Produkte, wurde da von Lidl verarscht - wie viele andere vor ihm auch wie er dann rausfand (immer dieselbe Masche: Erst viele kleine Aufträge, die alle pünktlich bezahlt werden, dann ein großer, für den nie gezahlt wird - und die Leute die auf ihr Geld warten sind immer kleine Selbständige, die für eine Klage keine Kohle haben, weil sie Monate in den Großauftrag gesteckt haben, der für andere Kunden keine Zeit ließ). Hat sich wieder aufgerappelt, und noch mehr im Druckstufen-Vorbereich Know-How angesammelt und wurde dann auch beratend tätig für andere Firmen um Prozesse im Druck zu verschlanken.
Diese Flexibilität und Durchhaltevermögen sind aber an vielen Orten selten. Da gibt es gute Lackierer, die aber aus ihrem Heimatort (30 Einwohner) nicht wegziehen wollen weil da ja das Elternhaus steht, dessen Unterhalt sie sich aber mangels Arbeit nicht leisten können. Fähige Maurer, die aber ebenso vor ihrer Haustür keine Arbeit finden - während in anderen Städten händeringend nach ihnen gesucht wird.
Diese Leute erwarten, dass "die Regierung" ihnen die Arbeit zuschiebt und dafür sorgt dass sich "bei uns was tut" während sie mit der Bierflasche vor der Tür sitzen.
Und all die jüngeren aus ihrer Region? Die sind weg. Die haben selbst was getan, sind teilweise über 500km weggezogen nur für einen Ausbildungsplatz, und haben sich ein eigenes Leben aufgebaut.

Ich fürchte halt, dass gewisse Regionen einfach entgegen ihrer Überzeugung doch geimpft wurden. Und zwar geimpft gegen Wandel und Veränderung. Und die Impffolge in diesem Fall tatsächlich der langsame Tod auf Raten sein wird, verbunden mit Wahnvorstellungen, übermäßigem Aggressionspotential und Machtphantasien.
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RaoulDuke

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« Antwort #11 am: 28 September 2021, 15:47:17 »

Also mit Politik ist es ja so eine Sache.

Ich habe gelernt, dass das Diskutieren politischer Standpunkt im öffentlichen Raum so seine Herausforderungen hat.

Ich wollte schon fragen, ob ich mal wieder zu provokativ geschrieben habe.
Mir geht es um ein Verständnis dafür, warum das mit R2G so schlimm sein soll.

Auf keinen Fall finde ich Deinen Beitrag / Deine Beiträge zu provokativ!

Wenn ich das so schreibe wie ich das oben gemacht habe, dann lädt das natürlich im Grunde zu Rückfragen ein, und in dieser zivilisierten, modernen Welt sollte man doch eigentlich über alles reden können. Leider bin ich ganz persönlich, und das nicht als Redewendung gemeint, sondern wirklich durch persönliche Erfahrungen auf Facebook aber auch im Rahmen physischer Diskussionen und Veranstaltungen, nicht mehr motiviert, Politik in meinem Bekanntenkreis zu diskutieren.

Ich habe natürlich auch eine Meinung dazu, eine aus meiner Sicht relativ durchdachte sogar, und an einem... hm. Kneipentresen? Bar-Tisch? ... irgendwo würde ich die auch diskutieren, aber leider führt eine schriftliche Diskussion dazu, dass Dinge ein Eskalationspotential besitzen, das ihnen nicht zusteht. Ich habe mir einen solchen Hass zugezogen auf Facebook, teils auch einen schwer reparablen Reputationsschaden, weil ich übersehen hatte, dass Menschen wie Du und ich zwar diskutieren können und wollen, aber andere Menschen glauben, sie befänden sich im Krieg, und sich entsprechend benehmen. Wenn man seinen gesamten Bekanntenkreis mit einem Debattierclub verwechselt, dann geht es nicht gut aus. Daher: Das ist hier nicht der richtige Kontext.

Wofür ich Verständnis habe: Unsere Diskussionskultur in den letzten 2 Jahren lädt nicht gerade dazu ein, eine sachliche Unterhaltung über Politik zu führen, die niemandem emotional nahe geht. Das haben wir verbockt, und ich sehe ein, dass du da auch nicht mitmachen willst. Und sollte mir eigentlich ein Beispiel an dir nehmen. Aber scheißenochmal, da ist ja noch mein Sendungsbewusstsein... ^^

Ich glaube, ich tauge nicht als Beispiel, an dem man sich orientieren sollte. Eigentlich wäre es erstrebenswert, dem hehren Ideal des Austausches zu folgen und durchzuhalten. Aber mir ist es die Tiefe des Konfliktes nicht wert, die aus Freunden teils hasserfüllte Feinde hat werden lassen. Es betrifft ja auch nicht nur mich: Ich konnte auf Facebook so oft sehen, wie sich aufgrund politischer Ansichten Leute miteinander gezofft haben, dann gestritten, dann angehasst, dann entfreundet und dann konnte es nie wieder heilen. Mein ganzer Bekanntenkreis, der früher theoretisch hätte zusammen abhängen können und sich irgendwie verstanden hätte, ist in kleine Bubbles zerfallen. Früher war es wichtig, ob eine Person reflektiert war. Nett. Angenehm. Freundlich. Lustig. Früher war es nicht wichtig, ob eine Person eher links oder eher rechts war. Welche Sexualität sie hatte. Wie sie ihr Geschlecht definierte. Ob sie eher viel oder eher wenig Geld verdiente. Ob sie in Deutschland sozialisiert wurde oder irgendwo anders. Welche Hautfarbe sie hatte.

Heute ist im öffentlichen Raum fast nur noch wichtig, was früher unwichtig war. Ich hätte es gerne wieder andersherum, so wie früher, aber diese Zeiten sind vorbei. Und damit leider auch die Diskussion.

[Aldi und das Biofleisch]

In solchen Momenten sehe ich immer die Gründe dafür, dass ich fest daran glaube, die Marktwirtschaft sei immer noch das beste System, das wir haben und kennen. Hier regelt der Markt, und das was Aldi hier tut, ist verdammt nochmal gut und richtig.

Der Markt tut keine bösen Dinge. Wir agieren auf dem Markt, und wir tun Dinge. Ob die schlecht oder gut sind, entscheiden eben wir...
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« Antwort #12 am: 29 September 2021, 14:15:48 »

[Aldi und das Biofleisch]

In solchen Momenten sehe ich immer die Gründe dafür, dass ich fest daran glaube, die Marktwirtschaft sei immer noch das beste System, das wir haben und kennen. Hier regelt der Markt, und das was Aldi hier tut, ist verdammt nochmal gut und richtig.

Der Markt tut keine bösen Dinge. Wir agieren auf dem Markt, und wir tun Dinge. Ob die schlecht oder gut sind, entscheiden eben wir...

Hö?
Meinte ich doch auch.
"Der Markt regelt" und "Aldi agiert" und "Aldi entscheidet gut".
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« Antwort #13 am: 29 September 2021, 16:07:35 »

[Aldi und das Biofleisch]

In solchen Momenten sehe ich immer die Gründe dafür, dass ich fest daran glaube, die Marktwirtschaft sei immer noch das beste System, das wir haben und kennen. Hier regelt der Markt, und das was Aldi hier tut, ist verdammt nochmal gut und richtig.

Der Markt tut keine bösen Dinge. Wir agieren auf dem Markt, und wir tun Dinge. Ob die schlecht oder gut sind, entscheiden eben wir...

Hö?
Meinte ich doch auch.
"Der Markt regelt" und "Aldi agiert" und "Aldi entscheidet gut".

Ich, äh, wollte Dir im Wesentlichen zustimmen. :)
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« Antwort #14 am: 30 September 2021, 11:11:22 »

[Aldi und das Biofleisch]

In solchen Momenten sehe ich immer die Gründe dafür, dass ich fest daran glaube, die Marktwirtschaft sei immer noch das beste System, das wir haben und kennen. Hier regelt der Markt, und das was Aldi hier tut, ist verdammt nochmal gut und richtig.

Der Markt tut keine bösen Dinge. Wir agieren auf dem Markt, und wir tun Dinge. Ob die schlecht oder gut sind, entscheiden eben wir...

Hö?
Meinte ich doch auch.
"Der Markt regelt" und "Aldi agiert" und "Aldi entscheidet gut".

Ich, äh, wollte Dir im Wesentlichen zustimmen. :)

Achso. :)
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