Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Mobilitätswandel - weg vom Sprit!  (Gelesen 38072 mal)

colourize

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #60 am: 23 September 2021, 13:31:26 »

Aufgrund eines wirtschaftlichen Totalschadens meines bisherigen Autos habe ich mir kürzlich einen "neuen" Gebrauchten gekauft: einen zwei Jahre alten Audi A3. Mein erstes Auto in weiß, total ungruftig.  8)

Da ich Laternenparker bin und ein E-Auto ohnehin nirgends aufladen könnte (mal abgesehen vom hohen Preis für E-Autos und ungewisser Wertentwicklung), natürlich ein Benziner. Mal sehen wie viele Benziner noch hinterher kommen müssen, bis das mit der E-Mobilität praktikabel umgesetzt ist. Ich würde mir da etwas mehr Regulation wünschen: Anstatt die Ladesäulen in die Fläche zu bringen, wäre es m.E. besser, ein, zwei, drei Batterie-Standards zu definieren. Statt Sprit an der Tanke gäb's dann dort einen Batteriewechsel. Könnte so einfach sein...
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RaoulDuke

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #61 am: 23 September 2021, 15:04:31 »

Ich habe - bis auf ein einziges - noch nie ein Auto für mehr als 5000€ gekauft.

Ich habe da eine ziemliche Reise hinter mir. Als ich jung war, kaufte ich relativ teure Autos - rückblickend faszinierte mich neben meinem Freiheitsdrang, den man mit einem Auto gut ausleben kann, auch der Umstand, dass ein Auto auch ein Kleidungsstück sein kann, und natürlich ein Statussymbol.

Glücklicherweise entwickelt man sich weiter im Leben, und ich konnte das komplett hinter mir lassen. Insofern kommen hier jetzt einigermaßen seltsame Zahlen raus: Der letzte Neuzugang ist ein relativ sportliches Cabrio für unter EUR 2.000 (brauchte etwas Arbeit), und wenn hier mehr als EUR 5.000 für ein Fahrzeug gezahlt werden, muss es aber ein extrem cooles Teil sein. Mein günstigstes Fahrzeug habe ich für EUR 300 + eine Flasche Whiskey bekommen. OK, der Zustand ist auch echt mies, und es wird sehr viel Arbeit (wenn auch relativ wenig Geld) kosten, das Ding wieder zum Fahren zu bringen - es ist ein Motorrad, wenigstens konnte ich Teile davon bereits als Deko für eine Party verwenden. ;)

Wenn ich ein Finanzierungsangebot aus meiner Autohaus-Runde bedenke, dann wollten die mehrere 1000 EUR Anzahlung haben, monatlich ca. EUR 300 und nach Ende der Laufzeit von 48 Monaten ist der Wagen einfach weg. OK, kein Restwertrisiko, aber ich müsste dann nochmal EUR 15.000 hinlegen, um den Wagen zu behalten. Das ist alle 6 Monate ein Cabrio wie das zuletzt gekaufte, oder alle 3 Monate ein neues Motorrad.*

Ähm. Hm.

edit: kleiner Blick auf einschlägige Datenbanken - das sind für 2-Räder, die nicht total uncoole Möhren sind, dann wohl auch eher so 6 Monate.
« Letzte Änderung: 23 September 2021, 16:14:13 von RaoulDuke »
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Jack_N

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #62 am: 23 September 2021, 17:31:02 »

Wobei man sagen muss dass bereits vor der Pandemie die Gebrauchtfahrzeugpreise angestiegen sind. Vielleicht auch nur für die Modelle, die mich interessieren - aber die "alten Gurken" für nen Tausi die einfach noch fahren gibts kaum noch.

Beim MX5 ists klar, die NA und NB die schlecht waren sind weggerostet - oder wurden mit viel Arbeits- oder Geldaufwand gerettet, was die Leute bezahlt haben wollen. Startpreis für brauchbare Exemplare sind jetzt eher 3000€ (brauchbar, nicht hübsch).
Der Volvo 480 ist inzwischen superrar, die Ersatzteile sind allesamt nicht mehr verfügbar oder im Preis gestiegen. Was man noch bekommt sind abgebrochene Restaurationen oder Schlachtwagen - oder eben Wagen ab 4000-5000€ aufwärts, die dann aber immernoch Arbeit (oft kosmetisch) brauchen. Preisbeispiel für Teile: Die Schiebeknöpfe für die Lüftung kosteten vor 15 Jahren noch 70 cent/Stück beim Händler. Jetzt 14 Euro/Stück. Au.
Beim Volvo 850 T5  ists genauso, die T5-R und 850R sind selten geworden, dementsprechend suchen sich viele einen "normalen" T5 der quasi dieselbe Leistung bringt, bzw. mit Tuning exakt dieselbe. Zudem waren die R-Modelle mit Neupreisen von 85.000DM auch nicht gerade günstig, die Zeiten wo man solche gebraucht für 3000€ bekam sind dementsprechend weg. Dafür bekommt man jetzt mit Glück einen T5, in den man an Ersatzteilen gleich mal dasselbe reinbuttern kann.
Mein zweites richtiges Auto, ein Fiesta XR2i 16V mit 130PS, ist heute "unobtainium". Knappe 3000 wurden nur gebaut mit dem Motor, heute noch einen unverbastelten zu bekommen ist unmöglich.

Das ich mal Offerten für nen Mercedes 600 SL R129 für 7000€, und einen BMW 850 für 6000€ hatte... ich könnte mir heute in den Arsch beißen, dass ich die nicht gekauft und weggestellt hab.

Aber die Zeit geht eben weiter. Leider sind die Fahrzeuge, die später auf den Markt kamen, nicht unbedingt das, was meinen Geschmack trifft. Und viele werden einfach nicht günstiger, den Nissan GT-R R35 gibts z.B. seit gefühlten Ewigkeiten, und er wurde über die Jahre immer weiter verfeinert. Aber selbst die frühen Exemplare mit weniger Leistung und veraltetem Innenraum gehen immernoch für sehr viel Geld weg, wesentlich wertstatbiler als westliche Sportwagen.
Man sieht es auch an der Explosion der Gebrauchtpreise für andere Exoten, und ich frage mich allen Ernstes: Wer kann sich sowas leisten?

Und dazu die Frage: Orientieren sich jetzt alle Hersteller an diesen Preisen?
Dazu hab ich mir mal die Preise für einen VW Golf im Verhältnis zum Jahresverdienst im Durchschnitt in Deutschland angeguckt. Und ich muss sagen: über alle Generationen ist das Basismodell (also Nullausstatter mit kleinstem Motor) im Verhältnis zum Gehaltsdurchschnitt in D nicht teurer geworden. Sieht also erstmal gut aus.
Aber, jetzt kommen die Knackpunkte: Die Lebenshaltungskosten sind seit Ende der 70er deutlich gestiegen, gleichzeitig hat sich aber der Gehaltsdurchschnitt immer weiter von der breiten Masse weg verschoben, da die Spitzengehälter überproportional angezogen haben (vor allem ab Ende der 90er).
Also ist der Basis-Golf heutzutage für einen normalen Arbeiter auf seine Sparmöglichkeiten gerechnet fast doppelt so teuer wie das erste Modell bei seinem Erscheinen. Das Golf 8 Basismodell mit dem 1-Liter-Benzinmotor soll nicht mehr unter 20.000 Euro liegen laut VW.
So. Der Golf als Brot-und-Butter-Auto ist für einen Großteil der Menschen mit 20.000 Euro schon quasi zu teuer, nicht kaufbar. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Dabei hat er einen guten mix aus Fahrqualitäten, Laderaum, Platzangebot für Mitfahrende usw... eine 4-köpfige Familie kann damit problemlos 14 Tage in ein Ferienhaus fahren und bekommt ihr Gepäck unter.
Werden aber wohl eher einen Dacia wählen, mit dem das eben auch geht, der aber weniger kostet.

Mal gucken wie das in Zukunft aussehen wird.
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Black Ronin

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #63 am: 23 September 2021, 19:47:02 »

Joah, ihr müsst ja mächtig viel Zeit haben, in einen Forum das nur eine Handvoll  Leute lesen solche Abhandlungen zu schreiben.
Ich fahr lieber ne Runde mit dem Rad.
Das kostet noch nicht mal was.
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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #64 am: 23 September 2021, 21:44:13 »

Na, der Beitrag von Dir war jetzt aber enorm sinnbefreit lieber Ronin.

Geht an sämtlicher Diskussion vorbei, und sogar Eisbär würde wohl zustimmen wenn ich sage, dass das Rad weder ausreichende Ladekapazität hat, noch zum Pendeln zur Arbeit taugt (bei 55km Strecke one-way) :D

Davon ab ist doch grad das an einem Forum das Schöne: Gedankenaustausch ohne dass es einen Sinn oder Grund haben muss warum man das tut.
Zerdenkst Du in Deinem Alltag auch alle Dinge so und tust nur das, was gerade sinnvoll ist? Das wäre ja geradezu... langweilig. ^^
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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #65 am: 23 September 2021, 23:11:41 »

Ich glaube, was Ronin damit ausdrücken wollte war etwa "NEEERDS!"

Und da hat er ja auch voll Recht mit. :-D
« Letzte Änderung: 24 September 2021, 06:32:25 von banquo »
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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #66 am: 23 September 2021, 23:56:07 »

Ich glaube, was Ronin damit ausdrücken wollte war etwa "NEEERD!"

Und da hat er ja auch voll Recht mit. :-D

Äh... ja :D
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RaoulDuke

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« Antwort #67 am: 24 September 2021, 06:41:13 »

Joah, ihr müsst ja mächtig viel Zeit haben, in einen Forum das nur eine Handvoll  Leute lesen solche Abhandlungen zu schreiben.
Ich fahr lieber ne Runde mit dem Rad.
Das kostet noch nicht mal was.

Es gibt hier sicherlich mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Hier meine Abhandlung dazu.

Möglichkeit 1: Ja, wir haben alle mächtig viel Zeit, und irgendwo muss doch die einzige wirklich begrenzte Ressource des Menschen investiert werden, oder? Bedenkt man, dass man Zeit gegen fast alle Ressourcen eintauschen kann, keine Ressource jedoch gegen Zeit, dann... [hier ggf. seitenlange Ausführung über die conditio humana im Allgemeinen und Speziellen anfügen]

Möglichkeit 2: Ein Austausch lohnt sich auch mit einer kleinen Gruppe, wenn diese zwar klein, aber oho ist. :)

und nicht zu vergessen Möglichkeit 3: Vielleicht wird das alles nur aus einem einzigen Grund geschrieben. Und dieser besteht darin, eines unverhofften, kühlen Donnerstagabends einen Nutzer namens "Ronin" einmal perplex gucken zu lassen. :D

Wer weiss das schon? Die Diskussion dazu ist jedenfalls eröffnet. ;)
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RaoulDuke

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #68 am: 24 September 2021, 07:37:43 »

Wobei man sagen muss dass bereits vor der Pandemie die Gebrauchtfahrzeugpreise angestiegen sind. Vielleicht auch nur für die Modelle, die mich interessieren - aber die "alten Gurken" für nen Tausi die einfach noch fahren gibts kaum noch.

Beim MX5 ists klar, die NA und NB die schlecht waren sind weggerostet - oder wurden mit viel Arbeits- oder Geldaufwand gerettet, was die Leute bezahlt haben wollen. Startpreis für brauchbare Exemplare sind jetzt eher 3000€ (brauchbar, nicht hübsch).
Der Volvo 480 ist inzwischen superrar, die Ersatzteile sind allesamt nicht mehr verfügbar oder im Preis gestiegen. Was man noch bekommt sind abgebrochene Restaurationen oder Schlachtwagen - oder eben Wagen ab 4000-5000€ aufwärts, die dann aber immernoch Arbeit (oft kosmetisch) brauchen. Preisbeispiel für Teile: Die Schiebeknöpfe für die Lüftung kosteten vor 15 Jahren noch 70 cent/Stück beim Händler. Jetzt 14 Euro/Stück. Au.
Beim Volvo 850 T5  ists genauso, die T5-R und 850R sind selten geworden, dementsprechend suchen sich viele einen "normalen" T5 der quasi dieselbe Leistung bringt, bzw. mit Tuning exakt dieselbe. Zudem waren die R-Modelle mit Neupreisen von 85.000DM auch nicht gerade günstig, die Zeiten wo man solche gebraucht für 3000€ bekam sind dementsprechend weg. Dafür bekommt man jetzt mit Glück einen T5, in den man an Ersatzteilen gleich mal dasselbe reinbuttern kann.
Mein zweites richtiges Auto, ein Fiesta XR2i 16V mit 130PS, ist heute "unobtainium". Knappe 3000 wurden nur gebaut mit dem Motor, heute noch einen unverbastelten zu bekommen ist unmöglich.

Das ich mal Offerten für nen Mercedes 600 SL R129 für 7000€, und einen BMW 850 für 6000€ hatte... ich könnte mir heute in den Arsch beißen, dass ich die nicht gekauft und weggestellt hab.

Wow, der 850er wäre eine gute Anlage gewesen.

Das Dumme ist bei mir nur: Ich bin total schlecht darin, zu erkennen, welche Autos im Wert steigen werden und welche nicht. Bisher haben alle Autos, die ich hatte, an Wert verloren - bei den ganz günstigen ist der Wert jetzt in etwa konstant und bei den Motorrädern eigentlich auch. Wo nichts mehr ist, kann ja auch nichts mehr fallen. Aber wie erkennt man die zukünftigen Gewinner?

Sich ein paar Autos hinstellen ist ja auch gar nicht so einfach: Du hast Lagerkosten, nicht nur wegen des Platzes (den kann man zufällig haben oder irgendwo wen kennen der wen kennt usw), aber man muss ja auch Zeit und Teile reinstecken, damit nicht alles wegrottet. Und wenn Du das dann alles gemacht hast, kommt - so wie jetzt - ein disruptiver Technologieschwenk und alle Verbrenner sind dann plötzlich obsolet für alles außer Hobby. Naja noch nicht sofort, aber in ein paar Jahren. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht gelegentlich sagen würde: Zur Hölle mit der Ratio.

Derzeit suche ich aktiv, nicht nur als Träumerei einen gut erhaltenen Jaguar XJ X308 oder X350. Mit den 308ern wird man im Markt ja schon fast beworfen... Ein Blick auf den Vorgänger zeigt jedoch, dass der Preis auch danach wahrscheinlich nur eine Richtung kennen wird: nach unten. Also die Serie III aus den 70ern geht schon wieder hoch und liegt ärgerlicherweise deutlich ausserhalb meines Budgets. Aber der Knaller sind die Preise für XKs.... Ab 6000 geht es los... Und ein Bentley Arnage wäre natürlich nett, die gibt es ja auch megabillig, aber ein Blick unter die Motorhaube (und den Wagen selbst) löst mir bei mir einen kurzen Panikschub aus - das bekomme ich, obwohl ich mich mein Know How schon deutlich weiterentwickelt habe, mit Sicherheit absehbar nicht in den Griff. Und die Teileversorgung soll extrem schlecht und ggf. teuer sein.... Ansonsten fährt man für < 10.000 so stilvoll wie es nur möglich ist. EINE Garage habe ich glücklicherweise für solchen Unfug zur Verfügung hier auf dem Hof, aber bisher habe ich keinen Cent ausgegeben für alte Traumkarren.

Aber die Zeit geht eben weiter. Leider sind die Fahrzeuge, die später auf den Markt kamen, nicht unbedingt das, was meinen Geschmack trifft. Und viele werden einfach nicht günstiger, den Nissan GT-R R35 gibts z.B. seit gefühlten Ewigkeiten, und er wurde über die Jahre immer weiter verfeinert. Aber selbst die frühen Exemplare mit weniger Leistung und veraltetem Innenraum gehen immernoch für sehr viel Geld weg, wesentlich wertstatbiler als westliche Sportwagen.
Man sieht es auch an der Explosion der Gebrauchtpreise für andere Exoten, und ich frage mich allen Ernstes: Wer kann sich sowas leisten?

Ich verstehe das auch nicht. Bei extremen Luxusgütern gibt es immer einen Markt. Den schnalle ich aber nicht. Wer kauft beispielsweise diese teuren Uhren da draußen, so Patek Philippes und so?

Und dazu die Frage: Orientieren sich jetzt alle Hersteller an diesen Preisen?
Dazu hab ich mir mal die Preise für einen VW Golf im Verhältnis zum Jahresverdienst im Durchschnitt in Deutschland angeguckt. Und ich muss sagen: über alle Generationen ist das Basismodell (also Nullausstatter mit kleinstem Motor) im Verhältnis zum Gehaltsdurchschnitt in D nicht teurer geworden. Sieht also erstmal gut aus.
Aber, jetzt kommen die Knackpunkte: Die Lebenshaltungskosten sind seit Ende der 70er deutlich gestiegen, gleichzeitig hat sich aber der Gehaltsdurchschnitt immer weiter von der breiten Masse weg verschoben, da die Spitzengehälter überproportional angezogen haben (vor allem ab Ende der 90er).

Wäre mal spannend zu sehen, wie sich die Entwicklung der Neuwagenpreise zur Entwicklung des Medians der Gehälter verhält.

Mal gucken wie das in Zukunft aussehen wird.

Meine Prognose für die nächsten 5 Jahre: Sowohl durch die politische Entwicklung als auch die Knappheit von Neuwagen (1,2 Milliarden Autos müssen weltweit getauscht werden) wird der Besitz von nutzbaren Autos (also Elektro & Co) für die breite Masse zum Luxusgut. Zudem wird die Nutzung auch unattraktiver, weil in Städten flächendeckend Tempo 30 eingeführt wird, die Zahl der Parkplätze reduziert und absichtlich nicht genügend Ladesäulen für alle aufgestellt werden.

Da die Innenstädte für Leute mit hohem Einkommen grundsätzlich zunehmend unattraktiver werden - die Infrastruktur wird weniger relevant, Einkaufen kann man halt auch online und Job mit hohem Qualifikationsniveau lassen sich überproportional leicht auf home office umstellen - wird der Anteil der Menschen mit unterdurchschnittlichem EInkommen in den Städten steigen. Weder sollen noch können die Leute in Städten sich dann Autos leisten. Wer es sich leisten kann, zieht weg aus der Stadt, arbeitet remote, kann weiter Auto fahren und lädt eben zu Hause. Das bedeutet für den Automarkt weniger Autos insgesamt, Konzentration auf höherpreisige Modelle für Leute mit höherem Einkommen, vielleicht insgesamt steigender Umsatz, aber auf jeden Fall höhere Margen. Die Entwicklung der Autonachfrage folgt damit der gesellschaftlichen Spaltung, die aus meiner Sicht global und irreversibel ist.
« Letzte Änderung: 24 September 2021, 07:56:38 von RaoulDuke »
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Jack_N

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #69 am: 24 September 2021, 08:36:17 »

Ich glaube in den Städten wird es zwei Bereiche geben. Die klassischen "Arbeitersiedlungen" eher am Rand oder nahe Industriegebieten, aber auch weiterhin die Repräsentantenviertel wie in Hamburg den Bereich rund um die Binnenalster, Blankenese und co.
Wobei selbst dort derzeit auch wirklich große Grundstücke (8000m²) mit riesigen, denkmalgeschützten Villen zum Verkauf stehen - wenn man die notwendigen 12-20mio Euro hat.

Grad beim Morgenkaffee nen schönen Artikel gelesen:
https://www.golem.de/news/jewel-e-elektrischer-doppeldeckerbus-mit-400-km-reichweite-2109-159830.html

Nach dem BYD-Bus, der in London schon fährt, ein weiterer Bus der Emissionen dort reduziert wo es Sinn macht. Elektrifizierter ÖPNV, das klingt für mich gut! Hoffentlich sind die durch den Akku jetzt nicht zu schwer, so dass sie bestimmte Strecken nicht mehr fahren dürfen.
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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #70 am: 24 September 2021, 09:54:05 »

 ::) ok, ich mach auch mit.

Ich liebe Autofahren. Sehr.
Und ich hasse Bahnfahren. Sehr sehr.

Daß ich dennoch kein Auto habe, hat eine Reihe von Gründen, deren einer ist, daß der Besitz eines PKW Nervkram mit sich bringt, für den mir meine Zeit und mein Geld zu schade sind.
Unter gegenwärtigen Bedingungen würde ein E-Auto diese Situation für mich noch verstärken. Ich müsste nicht mal Laternenparkerin sein, Stellplätze sind hier günstig zu mieten - aber trotzdem kann ich keinen Akku zu Hause laden, den ich nicht die Treppe hochtragen kann. Die nächste Ladesäule (singular) ist genauso weit weg wie die nächste Tankstelle (ca. 600m), aber wenn da besetzt ist, ist es halt nicht mit 5min Warten getan und es wird sehr nervig.

Solange es da keine Lösung gibt, fahr ich weiter Rad. Und Bahn >.<

(Außerdem hätte auch ich ein Benutzungsprofil, das mit dem E-Auto gegenwärtig für mich nicht so zufriedenstellend zu lösen wäre wie mit dem Verbrenner. Ich hätte auch 30km/Tag Durchschnitt, bei denen das Auto 25 Tage im Monat rumsteht, was ja, wie ich gelernt habe, beim E-Auto auch nicht unproblematisch sein kann, und an den anderen Tagen fahre ich WEIT und das möchte ich ohne viele Pausen.)
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colourize

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #71 am: 24 September 2021, 09:59:17 »

Da die Innenstädte für Leute mit hohem Einkommen grundsätzlich zunehmend unattraktiver werden - die Infrastruktur wird weniger relevant, Einkaufen kann man halt auch online und Job mit hohem Qualifikationsniveau lassen sich überproportional leicht auf home office umstellen - wird der Anteil der Menschen mit unterdurchschnittlichem EInkommen in den Städten steigen. Weder sollen noch können die Leute in Städten sich dann Autos leisten. Wer es sich leisten kann, zieht weg aus der Stadt, arbeitet remote, kann weiter Auto fahren und lädt eben zu Hause.
Ich glaube, Du überschätzt die Bedeutung des "eigenen Autos" für heutige urban orientierte Menschen. Dass das Auto als Statussymbol bei vielen besser Gebildeten nicht mehr tauglich ist, dafür bist Du doch selbst ein guter Beweis. Augenscheinlich verkauft Mercedes seine C63 AMG ja nicht an die Besserverdienenden, sondern die Ghetto Kids aus dem Gangster-Rap-Video.

Derzeit ist zu beobachten, dass es gerade die jungen Familien der (gehobenen) Mittelschicht sind, die in zentrumsnahen Neubauvierteln wie z.B. der "Neuen Mitte Alton" wohnen wollen - und das, obwohl dort der Stellplatzschlüssel so niedrig angesetzt wurde, dass auf eine Wohnung nur 0,4 PKW-Stellplätze kommen. Ein Großteil der Haushalte kann also schon aus logistischen Gründen gar kein eigenes Auto haben. Und das wird wohl akzeptiert, denn die Mieten betragen dort zwischen 15 und 18 Euro kalt, Kaufpreise pro QM Wohnfläche lagen 2020 dort bei € 5.300.

Bei entsprechender infrastruktureller Anpassung der innenstadtnahen Wohnquartiere werden auch andere Teile der Stadt nicht an Attraktivität für die Mittelschichten verlieren, wenn die Mobilitätswende mit Suffizienzzumutungen daher kommt. Die "autogerechte Stadt" ist halt über Dekaden gefördert und gebaut worden. Der nötige Stadtumbau ist natürlich eine Herausforderung, die nicht von heute auf morgen gelingt, sondern viele einzelne Bausteine braucht: Rückbau mehrspuriger Straßen und Ausweisung von protected Bike Lanes, Bau von Radschnellwegen, flächendeckendes Anwohnerparken, Ausbau des ÖPNV, Kostensenkung des ÖPNV (Quersubventionierung durch City Maut), Rückbau von Parkplätzen, Parkraumbewirtschaftung, Dezentralisierung relevanter Versorgungsinfrastruktur (mehr Quartiersläden anstelle von Verbrauchermärkten auf der "Grünen Wiese") etc.

Ich denke, die Städter werden sich dieser Entwicklung anpassen und bleiben. Nicht zuletzt, da ja die Aufenthaltsqualität in den zentral gelegenen Quartieren eher steigen als sinken wird. Ich glaube nicht, dass die Reurbanisierung am Ende ist, nur weil der Mobilitätswandel stadtpolitisch angegangen wird.


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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #72 am: 24 September 2021, 10:43:20 »

Das mit den Stellplätzen ist ernsthaft ein Problem.
Beispiel Harburg: Die Stellplätze in den Innenhöfen werden vielerorts separat von den Wohnungen vermietet. Denn viele Mieter haben bislang gesagt, dass sie nicht bereit sind, die Preise für diese Stellplätze zu bezahlen (teilweise 60-90€/Monat für einen ungesicherten Innenhof-Stellplatz, keine Schranke, kein Tor, keine Überdachung, dafür morsche Bäume rundherum).
Bislang haben viele von ihnen an der Straße geparkt, ohne diese Parkplätze gäbe es auch für die Wohnungen nicht genügend Stellplätze. Die Im Hof sind dann doch fast alle vermietet, oft an Leute die eigentlich nen Block weiter wohnen und dort gar nix haben.
Jetzt ist es aber so, dass das Straßenparken inzwischen derartige Ausmaße angenommen hat (besonders rund um die TU), dass die Stadt bei diversen Ortsfahrten mit Müllabfuhr und Feuerwehr gemerkt hat, dass da Probleme entstehen. Lieferverkehr tut sein Übriges.
Resultat: Man will jetzt immer mehr ehemals freie Parkflächen an den Straßenrändern verkaufen an Pachtfirmen, die diese dann parkscheinpflichtig machen können und Falschparker abschleppen lassen.
Damit erhofft man sich, dass die Leute eher in den Innenhöfen parken oder auf ihre Autos verzichten.
Dass aber viele Leute in Harburg wohnen weil sie sich woanders die Mieten nicht mehr leisten können und die Autos eher Ranzbimmeln sind - die Menschen also schlichtweg die Parkgebühren sparen weil sie angesichts steigender Mieten versuchen Geld zu sparen wo es nur geht, das kommt in den Köpfen nicht an. Zudem müssen viele weitere Strecken zur Arbeit zurücklegen, und das teils im Schichtbetrieb. Und nach Norden durch den Elbtunnel in den Nord-West-Bereich Hamburgs fährt frühmorgens um 4 nix, das geht ohne Auto nicht. (vielleicht irgendeine krude Busverbindung ganz außen rum via Nachtbus und x-mal umsteigen).

Man kann es drehen und wenden wie man will, gearscht sind bei der Mobilitätswende immer diejenigen, die eh schon in prekären Verhältnissen leben.

Beim Umbau der Stadt gebe ich Dir ansonsten vollkommen Recht, das ist eine Riesen-Herausforderung, deren Planung eigentlich schon vor 20 Jahren hätte beginnen müssen. Dass das in Teilen machbar ist zeigt z.B. die Fußgängerzone in Saarbrücken, das war mal eine mehrspurige Straße, für die sogar ein historischer Brunnen zur Seite bewegt wurde.
Der steht mittlerweile wieder auf seinem alten Platz am St. Johanner Markt, und im Sommer kann sich seit Ewigkeiten niemand vorstellen, dass auf der Meile mal PKWs unterwegs waren.
Nun ist Saarbrücken aber sogar insgesamt kleiner als Kiel... man kann dort viel mehr fußläufig erledigen als in größeren Städten, mit so einem Flächen-Moloch wie Hamburg kann man die Verhältnisse darum auch gar nicht vergleichen. Aber vielleicht einzelne Ideen aus kleineren Städten in den jeweiligen Stadtteilen umsetzen, die hamburger Stadtteile haben ja oft noch einen einzel-Kleinstadt-Charakter.
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« Antwort #73 am: 24 September 2021, 12:15:11 »

Derzeit ist zu beobachten, dass es gerade die jungen Familien der (gehobenen) Mittelschicht sind, die in zentrumsnahen Neubauvierteln wie z.B. der "Neuen Mitte Alton" wohnen wollen - und das, obwohl dort der Stellplatzschlüssel so niedrig angesetzt wurde, dass auf eine Wohnung nur 0,4 PKW-Stellplätze kommen. Ein Großteil der Haushalte kann also schon aus logistischen Gründen gar kein eigenes Auto haben. Und das wird wohl akzeptiert, denn die Mieten betragen dort zwischen 15 und 18 Euro kalt, Kaufpreise pro QM Wohnfläche lagen 2020 dort bei € 5.300.

Das liest sich irgendwie so, als würde es vor allem deshalb akzeptiert, weil  die Mieten (relativ) niedrig sind und man sich das Einverständnis damit praktisch "erkauft" - auch aus Mangel an Alternativen. Wenn man kein Auto haben kann, dann, ja, hm, kann man halt kein Auto haben. Ich bin nicht sicher, ob die Leute dort auch so entschieden hätten, hätten sie sich die Ausstattung mit Parkplätzen aussuchen können.

Bei entsprechender infrastruktureller Anpassung der innenstadtnahen Wohnquartiere werden auch andere Teile der Stadt nicht an Attraktivität für die Mittelschichten verlieren, wenn die Mobilitätswende mit Suffizienzzumutungen daher kommt. Die "autogerechte Stadt" ist halt über Dekaden gefördert und gebaut worden. Der nötige Stadtumbau ist natürlich eine Herausforderung, die nicht von heute auf morgen gelingt, sondern viele einzelne Bausteine braucht: Rückbau mehrspuriger Straßen und Ausweisung von protected Bike Lanes, Bau von Radschnellwegen, flächendeckendes Anwohnerparken, Ausbau des ÖPNV, Kostensenkung des ÖPNV (Quersubventionierung durch City Maut), Rückbau von Parkplätzen, Parkraumbewirtschaftung, Dezentralisierung relevanter Versorgungsinfrastruktur (mehr Quartiersläden anstelle von Verbrauchermärkten auf der "Grünen Wiese") etc.

Ich denke, die Städter werden sich dieser Entwicklung anpassen und bleiben. Nicht zuletzt, da ja die Aufenthaltsqualität in den zentral gelegenen Quartieren eher steigen als sinken wird. Ich glaube nicht, dass die Reurbanisierung am Ende ist, nur weil der Mobilitätswandel stadtpolitisch angegangen wird.

Ich habe ja - leider - keine Glaskugel. Ich finde einleuchtend, was Du schreibst, aber ich bin dennoch skeptisch für das, was Du zentral gelegene Quartiere nennst - gerade wegen der Aufenthaltsqualität, die Du anführst. Ich weiss nämlich nicht, wo die herkommen soll. Die Besiedelungsdichte in der Stadt wird immer höher, und viel Fläche ist eigentlich nur nutzbar, wenn man bereit ist, Geld auszugeben. Sich in Cafés zu setzen kostet Geld, in Geschäften herumhängen kostet auch Geld - und nebenbei verstehe ich gar nicht, warum man eigentlich SO DERMASSEN viel Verkaufsfläche in Städten braucht. Ich erinnere mich kaum, wann ich das letzte mal in der Innenstadt einkaufen war. Da bleibt nicht viel Raum zum einfach so herumexistieren, und bei dem Raum, der da ist, kommt es in gewisser Weise zu Verteilungskämpfen. Das ist vielleicht ein zu hartes Wort, und ein Stadtplaner hätte vermutlich ein passenderes zur Hand, aber wenn ich mir angucke, was Abends an der Binnenalster los war, jedenfalls vor Covid - Hm. In der Theorie ein schöner Ort, aber in der Realität ein alkohol- und drogenlastiger Brennpunkt mit viel Konfliktpotential. Ich setze mich da jedenfalls nicht hin, einfach weil ich gern heil nach Hause kommen würde. Wenig Platz, Konkurrenz um kostenfreie Aufenthaltsmöglichkeiten, dazu die schwindende Notwendigkeit, sich über die Geschäfte der Stadt zu versorgen, und man muss auch nicht mehr dort sein, um zu arbeiten. Wenn man jetzt noch die demografische Entwicklung hinzunimmt und sich überlegt, welche Möglichkeiten der Bildung Kinder so haben, wenn sie in den erschwinglichen Stadtteilen groß werden, wird es noch schlechter. Und "kauft man sich ein" in die wohlhabenderen Gegenden der Stadt, was sicher viele wollen? Dann hat man auch ein unausgewogenes Umfeld, mit einer teils ebenfalls nicht schönen Sozialdynamik. Und von den Problemen der anderen Stadtteile gibt es dort auch nicht weniger, nur haben die Cafés eben weniger Bier und mehr biovegane Chai-Latte's mit Mandelmilch.

Gibt es also einen Ausweg - ausser dem Weg raus?
« Letzte Änderung: 24 September 2021, 12:30:40 von RaoulDuke »
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Jack_N

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Antw:Mobilitätswandel - weg vom Sprit!
« Antwort #74 am: 24 September 2021, 12:58:51 »

Deine letzte Frage ist wirklich gut Duke, und ich glaube das ist eine, die sich immer mehr Leute in den letzten 20 Jahren gestellt haben.
Hat vermutlich auch was mit dem "älter werden" zu tun, als junger Mensch sieht man einige Dinge einfach nicht, die uns inzwischen negativ auffallen, bzw. ignoriert sie einfach komplett.

"Problemviertel? Da ist man mit dem Rad doch durchgefahren und hatte keinen Stress, warum soll das ein Problemviertel sein?"
"Warum soll es nachts hier und dort gefährlich sein? Ich bin da doch alleine von der Bahn zurück zu meiner Wohnung nachts langgelaufen, und mir ist nichts passiert, war nur tierisch einsam dort."

So, oder so ähnlich, haben viele von uns (besonders der männliche Teil) früher sicher gedacht. Später fällt einem mehr auf - die offene Drogenszene nahe des düsseldorfer Bahnhofs hab ich bei meinen ersten Besuchen in der Stadt auch noch nicht wahrgenommen, aber dort ist das schon so aufdringlich, dass in Bürogebieten die Junkies total k.o. in den Gebüschen an den Straßen liegen - da kann man nicht mehr dran vorbei ohne was mitzubekommen.
Dasselbe in Harburg, nahe meiner alten Wohnung befand sich ja das Abrigado, und nachdem andere Anlaufstellen für Junkies in Hamburg geschlossen wurden, verschlimmerten sich auch dort die Zustände. Bis hin zu Leuten, die vor unsere Haustier pinkelten und kackten, oder dort einschliefen und nicht mehr ansprechbar waren. Der Versuch für letztere nen Rettungswagen zu rufen war übrigens nicht von Erfolg gekrönt, die Polizei fühlte sich gar nicht zuständig, die Krankenwagenbesatzung hat nur kurz geguckt ob die Person wach zu bekommen war, gefragt ob sie mitgenommen und versorgt werden möchte, und nach dem Verneinen sind sie wieder abgezogen mit einem "müssen sie einfach lauter anschreien und vorsichtig treten, wenn die sich noch rühren brauchen sie uns nicht rufen". Ja, super mitfühlend, so eine Großstadt lehrt einen echt ein gutes Miteinander...

In kleineren Gemeinden hat man da einfach andere Erfahrungen. Man wird aber auch stärker gefordert, man kann weniger "anonym" untertauchen. Was aber meine bisherige Erfahrung mit dem Dorfleben ist: Es ist total egal wie Du Dich kleidest, und was Du für musikalische Vorlieben hast oder sonstwas - Du wirst höchstens nach Deinem Charakter beurteilt. Wenn Du zurückgrüßt, wenn Du generell höflich bist, auf Nachfrage hilfst dann wird auch Dir geholfen, und Du hast ab und an nette Gespräche - selbst wenn Du nicht gerade ein Vereinsmitglied vom Schützen-/Kaninchenzüchter-/Gartenfreundeverein sein willst.

Ich glaube aber dass es viele wieder in diese Umgebung zieht, wo eine Anfrage nach Hilfe mit Aussicht auf ein paar Bier zu nem spontanen Grillabend ausarten kann, und wo man generell einfach weniger Lärm und Hektik hat. Und das sie dafür die Annehmlichkeiten einer Großstadt (Angebot an Einkaufsmöglichkeiten, kurze Wege zu Veranstaltungsorten) gerne aufgeben.

Was uns aber wieder zur dann notwendigen Mobilität führt... und zu aussterbenden Innenstädten.
Wart ihr mal in Frankfurt im Messeumfeld nach 20 Uhr? das ist gespenstisch... sowas von tot dort, mit all den Riesen-Bauten. Man hat manchmal das Gefühl dass irgendwer nen Evakuierungsbefehl gegeben hat und man es nur nicht mitbekam.
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