Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Spenden / Geld geben / Helfen  (Gelesen 4509 mal)

Jack_N

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« Antwort #15 am: 19 Mai 2021, 14:22:33 »

Da kommst Du dann aber auf das andere Problem zurück, nämlich dass Du als Politiker in diesem (und den meisten anderen nicht-diktatorisch regierten Ländern) nur an die Spitze kommst, wenn Du die Interessen von mächtigen Wirtschaftsverbänden vertrittst.
Ohne diesen Rückhalt schaffst Du es ggf. noch bis in ein Länderparlament (hat ein Freund von mir bewiesen), aber spätestens dort wirst Du dann zermürbt. Denn das, was von Dir dort arbeitstechnisch gefordert wird, passt zu der Zeit, die Du dafür investieren musst, und dem Gehalt absolut nicht.
Wie gehen dann "Spitzenpolitiker" damit um?
Indem sie es sich z.B. einfach machen, und bei den meisten Abstimmungen, die in einem Monat anstehen, eine "Fraktionsstimme" bilden, und dieser Meinung folgen. Reicht ja, wenn bei 30 Themen in einem Monat (tatsächlich sinds eher dreistellige Zahlen), und 15 Kollegen in der Fraktion jeder 2 Themen ausarbeitet, und der Rest dann entsprechend abstimmt wie diese es vorschlagen.
So hat jeder genug Freizeit für Lobbyarbeit und co.
Viele haben die Inhalte der Abstimmungen dabei gar nicht ins Detail verstanden. Viele haben diese sogar nie komplett gelesen (zu der Zeit, von der ich spreche, war das gefühlt ein Telefonbuch einer 100.000-Einwohner-Stadt pro Monat von der Dicke her. Womöglich aber mit nicht so dünnem Papier.).
Da wundert es dann einen nicht mehr, dass viele Parlamentarier schlichtweg nicht wissen, worüber sie abstimmen, bzw. was ihre Stimmen für Konsequenzen haben.

Eine freie, der eigenen Moral folgende Abstimmung bedarf halt auch, dass man sich mit Inhalten befasst um dann bewusst seine Stimme zu erheben. Das ist aber nicht gewünscht, wenn eine (kleine) Fraktion so arbeitet werden ihre Mitglieder von Altparteien als wankelmütige Abweichler denunziert und von der Wirtschaft belächelt, die ihnen genau Pöstchen anbietet, wenn sie sich eben nicht mehr so genau um Inhalte kümmern - Inhalte, die aber eigentlich ihr verdammter JOB sein sollten.

Fun Fact: Die Büroräume der FDP-Fraktion im saarländischen Landtag wurden eine zeitlang dominiert von einem großen, teuren Weinkühlschrank...
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Eisbär

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« Antwort #16 am: 19 Mai 2021, 20:02:55 »

Anarcho-Kapitalismus
Also einfach mal das Recht des Stärkeren ohne Schutz der Schwachen durch den Staat.
Das Ende sämtlicher Maßnahmen zur Chancengleichheit und in wenigen Jahrzehnten haben wir nur noch ein paar Monopol unternehmen. Das Ergebnis sieht man sehr schön in den alten Robocop-Filmen dargestellt.
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Jack_N

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« Antwort #17 am: 19 Mai 2021, 21:50:12 »

Aber mal zurück zum Spenden:

Habt ihr bei Obdachlosen eigentlich auch die Erfahrung gemacht, dass alles außer Bargeld mit Ablehnung gestraft oder sogar mit Gewalt begegnet wurde?
Hab das öfters im Saarland gesehen, die Netto (früher Plus)-Märkte waren komischerweise immer der Haupt-Treffpunkt für Obdachlose, weiss der Geier warum (das billigste Bier?).
Wurde dort auch oft angeschnorrt, hab dann Geld verneint, aber angeboten was aus dem Markt mitzubringen. Die Reaktionen von den Bettelnden darauf waren aber eher offen-aggressiv, verbal und teilweise auch schon angedeutet physisch.
Das hat meine Bereitschaft zu helfen nachhaltig beschädigt.
Ganz anders bei einer Gruppe Punks, die dort auch öfters mit ihren Hunden unterwegs waren. Die waren superdankbar, haben auch immer höflich gefragt ob man noch etwas Tierfutter mitbringen könnte - da hat man wirklich gemerkt, dass da einfach die Kohle knapp ist und sie mit ihrer Lebenseinstellung in der Gesellschaft anecken, aber deswegen trotzdem einen positiven Umgang miteinander nicht verlernt haben.


Darüberhinaus ist meine Spendenbereitschaft eher so eine spontane Sache. Ich spende gerne für Dinge, die ich erhaltenswert finde, oder z.B. auch für Musik die ich gut finde. Keine Riesenbeträge, aber gestreut halt. Da wird dann auch mal für nen Tierpark eine Saisonkarte gekauft, auch wenn man nur 1x hingeht, aber alleine um zu hoffen dass es den noch länger gibt und man nochmal hingehen könnte.
Generell kann man sagen bin ich wohl eher kein pauschaler "Spender für eine gute Sache", sondern sowohl die Menschen als auch die Einrichtungen oder Dinge müssen mich irgendwie positiv berühren - dann bin ich bereit dazu.
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nightnurse

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« Antwort #18 am: 20 Mai 2021, 10:49:33 »

Ich hab schon Situationen gehabt, wo ich grade nicht nach Geld wühlen konnte oder wollte (voller Bahnsteig und ich hab das vollbepackte Rad in den Händen z.B.), aber eine meiner Brötchentüten konnte ich anbieten. Gab sehr sparsame Gesichtsausdrücke. Ich kann das in gewissem Grade auch verstehen, weil man mehr damit anfangen kann, am Ende von Gleis 13 4,73€ zu haben als 3 Schrippen, 2 Brezeln und 1 Dürüm. Die machen zwar satt, aber vielleicht wollte man n Stück Seife, nen Kaffee, ne Dose Hundefutter oder auch paar Dosen Getränk anschaffen.

Es gab auch Situationen, wo ich gesagt habe "ich hab grad nur nen Stapel Kupfermünzen, willste die?", das wurde selten abgelehnt.
Wenn ich beim Bäcker stehe und mich fragt einer von der Seite, ob ich ihm ne Brezel kaufe, oder jemand fragt nach bisschen Kleingeld, dann klappt das eher, als wenn einer fragt "haste mal nen Euro" (gerne gefragt von kleinen Punkern, die teurere Stiefel tragen als ich ::)).
Sehr ungeschickt war der Rollstuhlfahrer in Bethel, der mich nach Geld für die Straßenbahn fragte. Ich arbeite da und weiss, daß er per Schwerbehindertenausweis gratis fahren darf ::) will sagen, eigentlich sehe ich das wie Käx und die Geschichte ist mir egal, aber ich fühle mich ungern veräppelt.

Ich gebe nichts in der Bahn, weil ich die Taktik nicht mag.
Und wer wirklich nie was kriegt, sind die Obdachlosenmagazin-Nicht-Verkäufer, die nur ein eingetütetes Heft als Monstranz herumtragen, aber keinen Ausweis dazu haben. Ich hab nicht die Nerven meiner Schwägerin, dann mit Augenaufschlag zu fragen, wo denn der Hinz&Kunst-Ausweis wäre. Auch glaube ich durchaus, daß das auch arme Vögel sind. Ich hab aber schon verschiedentlich erlebt, WIE sauer Hinz&-Kunst-Leute auf sowas reagieren und möchte also auch diese Taktik nicht unterstützen.
Ne Zeitlang standen in der Mönckebergstraße osteuropäische Opernsänger und ruinierten sich die Stimme, denen hab ich gern was gegeben, wie Straßenkünstlern im Allgemeinen.
Ne andere Zeit lang hielten da abgerissene Menschen Amputationsstümpfe hoch, da habe ich mich dann gefragt, ob das die berühmten organisierten Bettler sind, weil hä?

Beim allgemeinen Spenden ist mein Problem die Qual der Wahl. Es gäbe mehr Dinge zu unterstützen, als mein Gehalt zulässt, ich müsste da irgendeine Auswahl treffen und das endet üblicherweise in Katatonie.
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schwarze Katze

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« Antwort #19 am: 20 Mai 2021, 14:23:43 »

Ich spende Kleidung an Ragazza, eine Hilfseinrichtung für obdachlose drogensüchtige Prostituierte und kaufe regelmäßig Hinz und Kunzt.
Auf die Strasse direkt Geld gebe ich selten, weil ich a) so gut wie nie Bargeld habe und b) nicht weiß, ob ich dann nicht die Bettelbande unterstütze.

In Blankenese bettelte  jahrelang die ganze Familie auf die Straße: ein jüngere Mann saß vom Deutsche Bank, anderen saß gegenüber an dem Commerzbank und die ältere frau mit einem Riesenkreuz saß vor Edeka. Am WE saß diese Frau dann in Altona, an der Ottensener Hauptstraße. Nee, dann mache ich einen Riesenbögen.

Und den Menschen, die so breit sind, dass sie kaum reden können (ja, ich wirke zwar naiv, kenne mich aber gut aus und merke sowas sofort) gebe ich auch nicht, ich unterstütze doch nicht deren Sucht
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Eisbär

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« Antwort #20 am: 20 Mai 2021, 22:46:13 »

Habt ihr bei Obdachlosen eigentlich auch die Erfahrung gemacht, dass alles außer Bargeld mit Ablehnung gestraft oder sogar mit Gewalt begegnet wurde?
Nein, die Erfahrung habe ich noch nicht gemacht.
Abseits von Organisationen und Vereinen, spende ich bei Obdachlosen, wenn sie nicht aufdringlich sind und eben auch Sachspenden annehmen.
Vor einem Supermarkt, bei dem ich öfter einkaufe, sitzt häufig einer mit seinem Hund. Die zwei "wohnen" da wohl.
Wann immer ich sie sehe, bringe ich aus dem Markt eine Dosensuppe o. ä. und ein Packung Hundefutter mit. Über letzteres freut er sich besonders. Auch wenn ich vorher frage, ob er einen Wunsch hat, was ich ihm zu essen mitbringen soll, fragt er nur nach was für seinen Hund.
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