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Zuwanderung und Terrorismus in Deutschland

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colourize:
Fünf große Fragen, die in diesen Tagen an mir nagen. Vielleicht kennt ja jemand auf eine von denen eine Antwort.

1. Wieso ist in den Medien eigentlich ständig von "Flüchtlingen" die Rede, wo doch schon im vorhinein klar ist, dass nur für einen Teil der derzeit stattfindenden Zuwanderung Fluchtursachen gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen? Verspricht man sich davon etwa, dass der Zuwanderung seitens der Bevölkerung aufgrund von Mitleid wohlwollender begegnet wird? Ich vermute, dass die Verwendung des Wortes "Flüchtling" als Vorabzuschreibung nur Wasser auf die Mühlen der Rechten sein dürfte.

2. Wieso ist von den Politiker jedweder Couleur zu vernehmen, dass die Zuwanderer die keine Chance auf einen Aufenthaltstitel gemäß der Genfer Konvention oder gar auf Asyl nach §16a GG haben, schnell abgeschoben werden sollen? Die hiervon betroffenen Zuwanderer kommen mehrheitlich aus Ländern, die als EU-Beitrittskandidaten gehandelt werden. In der EU herrscht bekanntlich Freizügigkeit. Ist es nicht total sinnlos, Zuwanderer abzuschieben, die in einigen Jahren ohnehin ganz legal in die EU einreisen dürfen?

3. Warum werden die Zuwanderer nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Länder verteilt, die mit der Erstaufnahme offensichtlich vollkommen überfordert sind, anstatt dass der Bund sich endlich des Themas annimmt? Lippenbekenntnisse von Gabriel & Co mögen ja markig wirken. Aber warum bringt die Regierung nicht mal eine Gesetzesinitiative auf den Weg, die eine menschenwürdige und halbwegs intelligente Verteilung der Zuwanderer erlaubt? Was zur Hölle sollen die Leute denn in einem ehemaligen Praktiker-Baumarkt im Gewerbegebiet einer runtergerockten sächsischen Vorstadt voller Neonazis? Hat ernsthaft jemand, der für diesen Murks verantwortlich ist, geglaubt dass die Nummer gut ausgehen wird?

4. Allenthalben heulen die Arbeitgeberverbände uns die Ohren hinsichtlich des sogenannten "Fachkräftemangels" voll. Die Zuwanderer, die nach Deutschland kommen, suchen ein besseres Leben und wollen sich eine neue Existenz aufbauen. Warum wird nicht endlich im Bundestag ein Zuwanderungsgesetz verabschiedet, das einen legalen Zuwanderungsweg nach Deutschland eröffnet, und in dem sowohl Rechte, als auch Pflichten für Zuwanderern definiert werden?

5. Überall in der deutschen Provinz brennen in diesen Tagen Flüchtlingsunterkünfte ab. Warum wird dies weder von den Medien, noch von unseren markigen Gabriels als das beim Namen genannt, das es ist? Es handelt sich um nichts anderes als um Terroranschläge. Hinsichtlich der Frequenz der Vorkommnisse erleben wir derzeit nichts anderes als die größte Terrorwelle in der Geschichte der Bundesrepublik.

Schattenwurf:

--- Zitat ---Überall in der deutschen Provinz brennen in diesen Tagen Flüchtlingsunterkünfte ab.
--- Ende Zitat ---
Hab gerade mal gegoogeld ... heftig ... Friedensdemo wann?

colourize:

--- Zitat von: Schattenwurf am 25 August 2015, 22:03:27 ---
--- Zitat ---Überall in der deutschen Provinz brennen in diesen Tagen Flüchtlingsunterkünfte ab.
--- Ende Zitat ---
Hab gerade mal gegoogeld ... heftig ... Friedensdemo wann?

--- Ende Zitat ---
Gegenfrage: Friedensdemo wozu?

Meinem Verständnis nach ist eine Demonstration nur sinnvoll, wenn sie sich gegen etwas richtet, was Menschen mit politischer Macht getan haben oder zu tun vorhaben.
Gegen den asozialen Mob zu demonstrieren wird hingegen nichts bringen, da wir den leider nicht loswerden.

RaoulDuke:
Ich habe keine Antwort auch nur auf eine einzige Deiner Fragen, daher versuche ich mich mal daran, eine Antwort für alle zu finden.

Ich glaube, dieser extrem unsichere Umgang mit der Flüchtlingsthematik, der von Euphemismen, Verharmlosungen, Empörungen und anderen emotionalen Reaktionen geprägt ist, sich aber um einen sachlichen Diskurs drückt, ist im Grunde einem Problem geschuldet, das mit den Flüchtlingen nichts zu tun hat.

Es ist der Umstand, dass in unserem Volk eine Reihe von Traumata existieren, die die Beschäftigung mit bestimmten Fragen zu einem Tabu werden lässt, weil durch mehrere riesige Katastrophen und eine gigantische keine unvoreingenommene Debatte mehr möglich ist. Und so entfesseln sich die Emotionen und Fraktionen laden den Hass übereinander aus, wie ich es in meinem bisherigen Leben noch nie erleben durfte, und ich bin durchaus geneigt, meine Befürchtung eines Bürgerkrieges zu erneuern, die ich bereits an anderer Stelle äußerte.

Aber werden wir doch einmal konkret. An erster Stelle der Traumata ist natürlich, wie wohl von niemandem bestritten werden kann, der Nationalsozialismus zu erwähnen. In vielen Jahren in der Schule, in zahlreichen Quellen und allabendlich auf irgendeinem Spartenkanal ist zu sehen, wie aus der nationalen Idee die nationale Überhöhung und dann der nationale Sozialismus wurde, endend in der industriellen Massenvernichtung von Millionen - der unvorstellbarste Sündenfall der modernen Welt und die moralische Urkatastrophe unserer Zeit. Die durch dieses Trauma entstandene Schuld, deren Ausmaß alles bisher Vorstellbare übersteigt, hat dazu geführt, dass alles, was auch nur entfernt daran erinnert, alles was auf der Kette der Ereignisse dahin lag, als von der Schuld befleckt empfunden wird. Und da dieser unglaubliche Missbrauch der deutschen Geschichte so effektiv angewandt wurde, geht es mir heute schon schwer über die Tasten, überhaupt von "unserem Volk" zu sprechen. Ich verspüre den Drang, stattdessen "unsere Bevölkerung" zu schreiben. Es fällt schwer, eine eigene Identität aufzubauen und bewahren zu wollen vor dem Schreckensbild der historischen Schuld, und der Gedanke, unsere eigene Kultur und Geschichte könnte etwas Bewahrenswertes enthalten, scheint so manchem so Unerträglich zu sein, dass man das Gefühl hat, ein ungeheurer Selbsthass wuchert in manchen Kreisen, der heimliche Wunsch nach dem kulturellen Suizid. "Nie wieder Deutschland" steht dann auf den Fahnen. Es mag nur meine Empfindung sein, aber mit dem Hammer der politischen Korrektheit wird versucht, das Grausame, Mörderische, Auschwitzhafte im Wesen des deutschen Volkes irgendwie verzweifelt zu bändigen, und sei es, dass man dafür das Wort "Neger" aus Kinderbüchern streichen muss. Wer will heute denn etwas zu den Interessen des Volkes sagen? Jeder, der das tut, auf den richtet sich der genannte Selbsthass, der von so vielen unserer Politiker verinnerlicht worden zu sein scheint. Heimlich müssen die Konservativen doch alle eine Hitler-Büste im Keller haben, denken viele.

In anderem Gewand, bereit, den tausendjährigen Muff unter den Talaren zu bekämpfen, hat sich die Gegenbewegung schon einmal formiert. In den Neuen Sozialen Bewegungen der 68er, aus dem ein Großteil der heutigen Politiker entstammt, die stets die Moralkeule der politischen Korrektheit (kurz "Nazikeule") schwingen, wurde der Gegenentwurf gelebt. Der Sozialismus als das große Ziel, das Ideal des Friedens, in der jeder nach seinen Möglichkeiten zur Gesellschaft beiträgt, aber nach seinen Bedürfnissen von ihr erhält, in der alle gleich und frei sind und man eigentlich nur ununterbrochen am Lagerfeuer singen muss, bis alles gut wird - er ist das große, leuchtende Ideal geworden, der Lebenentwurf Zehntausender Intellektueller. Die Coolness, die Sexyness der Revolte und der Chic der gerechten Sache, kombiniert mit dem Kampf des Davids gegen den Goliath hafteten ihm an, und der Trennungsschmerz muss enorm gewesen sein, als sich die Utopie als genau das entpuppte: eine Utopie. Die alternativen Lebensentwürfe zerbrachen, die Ideologie wurde durch die UdSSR und näher noch die DDR in ihren Aussagen widerlegt, und zudem durch die RAF und andere vermeintliche Revolutionäre ihrer moralischen Rechtfertigung beraubt. Wenn man den Generalbundesanwalt auf dem Weg vom Frühstückstisch ins Büro mit Maschinengewehrfeuer ermordet (und den Chauffeur und noch den Leiter der Fahrbereitschaft gleich mit), dann gibt man eben auch einen Ausblick auf das Leben, wie es sein wird, nach der Revolution. Von Stalins Vernichtungslagern, den berüchtigten Gulags, muss man dann gar nicht mehr anfangen.

Es ist bezeichnend, dass sich trotz der Bankrotterklärungen der großen Ideologien die politische Debatte seither auf einem Links-Rechts-Schema bewegt, von immer den gleichen Positionen und Betonkopfdebatten begleitet, in der jeder nur seinen Text aufsagt und daher nur sehr eingeschränkte Manövrierfähigkeit hat. Ein Konservativer sagt etwas zu Neues, gar Unliebsames? Na so ein Nazi. Einer aus der linken Fraktion sagt etwas zu Neues, gar Unliebsames? Na so ein gefährlicher Stalinist - im besten Falle ein Phantast.

Lange geredet, aber was hat das nun mit Deinen Fragen zu tun? Ganz einfach: Es bemüht sich niemand um eine Klärung, daher sind sie offen.

Die derzeit zur Debatte stehenden Fragen lassen sich mit einem marionettenhaften Texte-Aufsagen nicht lösen. Es erfordert Antworten auf die immer ausgesparten Tabu-Themen. Sind wir ein Volk oder sind wir eine Bevölkerung? Darf sich jeder dazu gesellen? Stellen wir Bedingungen dafür? Wieviel Toleranz müssen wir Menschen gegenüber aufbringen, die uns gegenüber nicht tolerant sind, wie Islamisten? Dürfen wir denjenigen, die auf unseren Schutz angewiesen sind, überhaupt die Hilfe verweigern? Würde dies nicht einen neuen Akt der Unmenschlichkeit heraufbeschwören? Sind wir vielleicht sogar moralisch verpflichtet zu helfen? Könnten wir überhaupt noch schlafen, wenn wir den Flüchtlingen die Hilfe verweigern? (ich könnte das jedenfalls nicht)

Aber zudem ist ein Paradoxon zu lösen: Wenn wir alle Menschen aufnehmen wollen, denen es in ihrer Heimat sehr schlecht geht, die gar existenzielle Nöte haben, sind das dann nicht Milliarden Menschen? Brechen wir dann nicht zusammen? Und verlieren wir dann nicht gerade unsere Fähigkeit, zu helfen?

Das sind enorm schwierige Fragen, und die Politik scheint durch Traumata gefangen und sucht daher nicht wirklich nach Antworten. Das Volk selbst scheint auch in unversöhnliche Fraktionen gespalten, obwohl meines Erachtens ein Aufeinander-Zugehen und ein Dialog wirklich aller mit wirklich allen die einzige Möglichkeit ist, zu Antworten zu kommen: Die ultrareichen Elbvororts-Bewohner und die Empfänger von Grundsicherung, die Arbeiter und die Rentenempfänger, die Familien mit den 4 Kindern und die Menschen mit den alternativen Lebensentwürfen, die Bayern und die Hamburger und letzlich die AfD und die Linke.

WIR MÜSSEN VERDAMMT NOCHMAL MITEINANDER REDEN.

Schattenwurf:

--- Zitat von: colourize am 25 August 2015, 22:12:48 ---
--- Zitat von: Schattenwurf am 25 August 2015, 22:03:27 ---
--- Zitat ---Überall in der deutschen Provinz brennen in diesen Tagen Flüchtlingsunterkünfte ab.
--- Ende Zitat ---
Hab gerade mal gegoogeld ... heftig ... Friedensdemo wann?

--- Ende Zitat ---
Gegenfrage: Friedensdemo wozu?

--- Ende Zitat ---
Naja auszünden kann ich nicht ... so what? o.O
Demos sind, wider deiner Sichtweise, nicht nur dazu da Politik zu bewegen, (Träumer ^^)
sondern auch ... vielleicht sogar vielmehr ... sich abzugrenzen von dem was einem missfällt.

@RaoulDuke:
Sozialismus und Kapitalismus schliessen sich aus ...
ist im ersten Moment evtl. nicht eingängig, aber die Wirtschaftsform bestimmt die Art der Politik und der Gesellschaft.
Und zwar nicht ein bisschen, oder zu einem Teil, sondern absolut.
Die kapitalistische Marktwirtschaft setzt Konkurrenz vorraus ... Sozialismus setzt Kooperation vorraus.
Das geht niemals auf ein Ticket ... "der Osten" war nur sozialistisch dem Namen nach ...
in Wahrheit war es Staatskapitalismus ähnlich/gleich dem Faschismus.

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